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Goldschmidt, Adolph
Die deutsche Buchmalerei (Band 2): Die ottonische Buchmalerei — Firenze, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.25238#0017
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letztere mit seinen bildmäßig abgeschlossenen Szenen mit schmalem, nur

durch eine vergoldete Rautenkette geschmücktem Rahmen, mit dem illu-

sionistisch getönten Hintergrund und mit einer Anzahl von Figuren und

Gruppen, die in ihrer malerischen Ausführung der Antike außerordentlich

nahekommen, in der Hauptsache von jener ersten Quelle abgeleitet ist,

während der Aachener Codex in den losgelösten Einzelgruppen, die einan-

der in der Erzählung ergänzen und auf einen Purpurgrund gesetzt sind,

auf eine kontinuierliche Folge zurückzugehen scheint, um so mehr, als

die zum großen Teil übereinstimmenden Szenen des Evangeüars Ottos III.

aus Bamberg (München, Cod. 4453, Cim. 58) trotz anderer Anordnung Taf.24—29

in vielen Fällen ebenfalls mit der Ableitung von fortlaufenden Reihen

durchaus vereinbar sind. Eine weitere Vergleichung beider ergibt, daß

das Münchner Evangeliar nicht etwa* nach dem Aachener kopiert ist, son-

dern beide auf das gemeinsame Vorbild zurückgehen, und zwar steht das

Aachener diesem zweifellos näher in der reicheren Durchbildung der

Gruppen und den natürlichen Bewegungen, während das Münchner darin

eine Abschwächung offenbart, andrerseits aber aus demselben Vorbild Fi-

guren aufgenommen hat, die im Aachener keinen Platz finden konnten,

denn dort war der Maler Liuthar durch das schmale Hochformat und die

Einfügung in seine Arkadenumrahmung gezwungen, die Szenen möglichst

zu verkürzen und übereinander zu setzen. Wo dies nicht ging, wie bei der

Kreuzigungsszene mit den Schächern, da geraten die Figuren in die Umrah- Taf 3

mung, und wo der Maler sich mit einer einzelnen Szene begnügen wollte,

zog er entweder die Hintergrundarchitekturen zur Füllung ungewöhnlich in

die Höhe, oder er verdoppelte die Nebenfiguren zu zwei Reihen übereinan-

der. Die Vorstellung von der vorbildlichen Szenenfolge wird noch ver-

vollständigt durch Darstellungen in dem wohl von derselben Hand stammen-

den Lektionar (Clm. 23338) in München. Aber die Maler beschränkten Taf.34. .

sich nicht auf eine Quelle allein, sondern man bemerkt bei den letzten Bildern

des Münchner Evangeliars, daß hier die Vorlage des Egbertcodex eingreift

und sich durch die Uebereinstimmung der Kompositionen mit diesem letzteren,

durch die Einführung des malerischen Lufthintergrundes an Stelle des

Purpurs oder Goldes und durch die Umrahmung mit der Rautenkette

deutlich kundtut, und zwar ist auch hier offenbar nicht der Egbertcodex

selbst das Vorbild, sondern eine gemeinsame Vorlage. Andrerseits scheint

auch der Egbertcodex selbst nicht nur aus dieser einen Vorlage geschöpft

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