in Afrika üblichen. In Granada läßt er das Wunderwerk dieser Kul-
tur auf sich wirken: die Alhambra. Freilich wird er sich weniger
des Kunstwerkes als solchen bewußt; erhebend wirkt auf den mit-
telalterlichen Beschauer mehr die Größe des weitläufigen Gebäu-
des als dessen Großartigkeit, mehr die Kostbarkeit der Materie als
die Schönheit von Form und Anlage. Er ist tief ergriffen beim An-
blick des Burgverlieses, wo so viele christliche Gefangene schmach-
teten, und hochgeehrt ob der Gunst des Gouverneurs, der ihn per-
sönlich in der Burg umherführt. Mit Interesse erfährt er, wie der
moslemische Beherrscher von Granada eine Art Heerschau über sei-
nen badenden Harem abhielt und sich wie weiland Prinz Paris durch
das Zuwerfen eines Apfels die Liebste für die kommende Nacht er-
kor. Auch das Wappen der Könige von Granada läßt er sich von
seinem hohen Führer zeigen und erklären und kopiert es im Reise-
buch. Gelegentlich des Besuches einer ehemaligen Moschee in To-
ledo unterläßt es Münzer nicht, die Übersetzung der Ethik des
Aristoteles durch die Mauren zu erwähnen, die sich an dieses Lo-
kal knüpft.
In der Beurteilung der bekehrten Juden in Spanien, die trotz
der Taufe heimlich den Satzungen ihres Glaubens anhingen, folgt
Münzer natürlich der landläufigen Auffassung seiner spanischen
Zeitgenossen, welche die Inquisition als Instrument gegen diese
„Verfluchten“ erfanden. Er erzählt, wie die Marrani ihre Toten
öffentlich nach christlichem Brauche zu Grabe trugen, aber dann
heimlich doch nach den mosaischen Zeremonien beisetzten, wie sie
für ihre geheim gehaltenen religiösen Zusammenkünfte unter Hehl-
namen Synagogen unterhielten, bis Gott, sich der durch die viel-
vermögenden Juden bedrückten Christen erbarmend, ihr Treiben in
einer Erleuchtung den katholischen Majestäten offenbarte, die so-
dann mehr als 100.000 jüdische Familien aus dem Lande trieben und
eine große Anzahl dem Feuertode überantworteten. Zum richterli-
chen Erkenntnis auf Marranentum genügte die Aussage eines Mit-
bürgers oder guten Nachbarn. Münzer erzählt — sine studio et
ira — einen Fall, der sich zu seiner Zeit in Barcelona zutrug. Da
war ein guter Mann auf das Zeugnis eines anderen und dessen Ehe-
weibes hin als ein vom wahren Glauben Abtrünniger erkannt und
verbrannt worden. Die falschen Zeugen aber waren, wie sich sodann
herausstellte, wirklich Renegaten. Sie wurden von Eselinnen zu
Tode geschleift. Münzer berichtet auch als Zeitereignis, wie der
König von Portugal auf ein spanisches Ultimatum hin die Marra-
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tur auf sich wirken: die Alhambra. Freilich wird er sich weniger
des Kunstwerkes als solchen bewußt; erhebend wirkt auf den mit-
telalterlichen Beschauer mehr die Größe des weitläufigen Gebäu-
des als dessen Großartigkeit, mehr die Kostbarkeit der Materie als
die Schönheit von Form und Anlage. Er ist tief ergriffen beim An-
blick des Burgverlieses, wo so viele christliche Gefangene schmach-
teten, und hochgeehrt ob der Gunst des Gouverneurs, der ihn per-
sönlich in der Burg umherführt. Mit Interesse erfährt er, wie der
moslemische Beherrscher von Granada eine Art Heerschau über sei-
nen badenden Harem abhielt und sich wie weiland Prinz Paris durch
das Zuwerfen eines Apfels die Liebste für die kommende Nacht er-
kor. Auch das Wappen der Könige von Granada läßt er sich von
seinem hohen Führer zeigen und erklären und kopiert es im Reise-
buch. Gelegentlich des Besuches einer ehemaligen Moschee in To-
ledo unterläßt es Münzer nicht, die Übersetzung der Ethik des
Aristoteles durch die Mauren zu erwähnen, die sich an dieses Lo-
kal knüpft.
In der Beurteilung der bekehrten Juden in Spanien, die trotz
der Taufe heimlich den Satzungen ihres Glaubens anhingen, folgt
Münzer natürlich der landläufigen Auffassung seiner spanischen
Zeitgenossen, welche die Inquisition als Instrument gegen diese
„Verfluchten“ erfanden. Er erzählt, wie die Marrani ihre Toten
öffentlich nach christlichem Brauche zu Grabe trugen, aber dann
heimlich doch nach den mosaischen Zeremonien beisetzten, wie sie
für ihre geheim gehaltenen religiösen Zusammenkünfte unter Hehl-
namen Synagogen unterhielten, bis Gott, sich der durch die viel-
vermögenden Juden bedrückten Christen erbarmend, ihr Treiben in
einer Erleuchtung den katholischen Majestäten offenbarte, die so-
dann mehr als 100.000 jüdische Familien aus dem Lande trieben und
eine große Anzahl dem Feuertode überantworteten. Zum richterli-
chen Erkenntnis auf Marranentum genügte die Aussage eines Mit-
bürgers oder guten Nachbarn. Münzer erzählt — sine studio et
ira — einen Fall, der sich zu seiner Zeit in Barcelona zutrug. Da
war ein guter Mann auf das Zeugnis eines anderen und dessen Ehe-
weibes hin als ein vom wahren Glauben Abtrünniger erkannt und
verbrannt worden. Die falschen Zeugen aber waren, wie sich sodann
herausstellte, wirklich Renegaten. Sie wurden von Eselinnen zu
Tode geschleift. Münzer berichtet auch als Zeitereignis, wie der
König von Portugal auf ein spanisches Ultimatum hin die Marra-
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