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Gombert, Hermann
Der Freiburger Münsterschatz — Freiburg [u.a.], 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.27919#0064
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Motive, wie auch Teile der Figuren, sind feuerver-
goldet.

1 MA., Anniversar 1, pag. 59; Flamm, Schatzverzeich-
nisse, a. a. O. S. 75.

2 MA., A 3, Inventar von 1565.

3 P. P. Albert, Dienstanweisungen a. a. O. S. 84.

4 M. Rosenberg, Der Freiburger Goldschmiede Merk-
zeichen, in: Schauinsland 19. Jg., S. 46; Fr. Kempf, Das
Freiburger Münster (1926) S. 251; Jos. Sauer, Alt-Frei-
burg (Augsburg 1928) S. XX; I. Schroth a. a. O. S. 45,
Nr. 56.

9. SIGISMUND-KELCH 1480 (Abbildung 23)

Silber getrieben, gestanzt, graviert und vergoldet, rot email-
liertes Wappenschild am Fuß. Höhe = 18,5 cm, unterer
Durchmesser = 14,2 cm, oberer Durchmesser = 10,8 cm

Der doppeltgestufte Fuß zeigt am Vertikalrand eine
senkrecht gestanzte Riffelung zwischen schmalen, pro-
filierten Stäben. Die Paßfelder sind durch grätige Mittel-
rippen unterteilt. Zwischen dem Sechskantschaft, dessen
Felder gravierte Blüten füllen, sitzt der ovale Nodus.
Seine Oberfläche, zwölffach konkav und konvex ge-
gliedert, wechselt zwischen Glätte und aufgerauhtem
Grund. Darüber erhebt sich die steile, halb eiförmige
Kuppa. Am Fuß ist der österreichische Bindenschild
in rotem Email aufgelötet und umschrieben mit der ein-
gravierten Widmung: „Sigismvndvs Archidvx Avstrie
1480“L

Herzog Sigismund von Tirol war 1458-1490 Herr der
vorderösterreichischen Lande mit Unterbrechung der
Jahre 1460-1463, in denen Erzherzog Albrecht regierte.
Wegen hoher Schulden verpfändete Sigismund 1469
dem burgundischen Herzog Karl dem Kühnen große
Teile seines Herrschaftsgebietes gegen Zahlung von
50 000 Gulden. Als 1474 der burgundische Landvogt
Peter Hagenbach durch ein in Breisach zusam men-
getretenes Gericht zum Tode verurteilt und enthaup-
tet wurde, hielt sich Sigismund in Freiburg auf. Seit
1477 Erzherzog, war er im folgenden Jahr wieder-
um in Freiburg. 1490 verzichtete er auf seine Regent-
schaft2.

1 I. Schroth a. a. O. S. 50, Nr. 69.

2 H. Schreiber, Geschichte der Stadt Freiburg, III. Theil
(1857) S. 122 ff.

10. BURSENDECKEL MIT SPÄT-
GOTISCHEM RANKENORNAMENT
(Abbildung 5)

Rankenornament: Silber getrieben, ausgestanzt, z. T. gra-
viert und punziert, vergoldet. Freiburg um 1480.

Silberbrokat mit bunter Seidenstickerei, Pailletten, Perlen
und Granaten. 1. Hälfte 18. Jahrhundert.

Höhe = 26 cm, Breite = 26 cm

Die Bursa gehört zur Kelchgarnitur und dient zur Auf-
bewahrung des Linnens, auf das die Patene und der
Kelch mit dem Allerheiligsten oder die Monstranz ge-
stellt werden. Auch zur Überbringung der Kranken-
kommunion findet sie Verwendung. Sie ist eine flache,
quadratische Tasche mit verstärkten Deckeln. Die Vor-
derseite ist immer ausgezeichnet durch Schmuck, meist
durch ein einfaches Kreuz aus Goldborte. Der Schmuck
unserer Burse ist reich und kostbar gehalten durch die
auf dem Silberbrokat aufgestickten Perlen, Granaten
und gotischen Spangen1.

Goldspitze und eine gedrehte Goldkordel zieren den
Rand der quadratischen Fläche. Volutenranken aus
angehefteten kleinen Flußperlen und symmetrisch ein-
gestreute Trauben aus geschliffenen Granaten gliedern
die Fläche und rahmen das Mitteloval, das wiederum
volutenartig von Reihen kleiner und großer Perlen
umzogen ist. Von den Voluten gehen Ranken mit
Blättern und Blüten aus, die in feinsten Farbabstufungen
in bunter Seide gestickt sind. Die Blüten zweigen drei
kleinere ab, die jeweils aus einer von einem Perlenkranz
umzogenen Goldpaillette bestehen. Die Mittelrippe der
Weinblätter ist auch mit einer Perlenreihe besetzt. Perlen
umgeben Granaten, die im Mittelpunkt einer gestickten
Blüte aufgenäht sind. Alles ordnet sich um das mittlere
Oval, dessen Innenfläche schachbrettartig durch Felder
von jeweils neun Perlen und neun Granaten im Wechsel
gegliedert ist. Darauf erhebt sich das silbergetriebene
Relief mit der Taube des Heiligen Geistes, die auf einer
stilisierten Blüte über einem gedrehten Ast steht.
Liebevoll ist das Gefieder des Vogels graviert und pun-
ziert. Das Köpfchen steht vor einem Nimbus. Vielleicht
handelt es sich hier um jene Spange, die 1565 in der
Sakristei aufgehoben wurde: „/fern ein silberin spang mit
dem heiligen geist“2. Weitere Gewandverzicrungen in
Silber getrieben und vergoldet sind an den vier Ecken
angebracht. Ausgestanzte, gelängte Blätter vereinigen
sich mit langstieligen Blüten. Bei zweien, die sich diago-
nal gegenüberstehen, wachsen die Blätter aus einem

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