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gedrehten Ast. Eine große Perle, umgeben von ge-
schliffenen Granaten und einer aufgenähten Goldkordel,
ziert den Ansatz des Schmuckes. Zu Anfang des 18. Jahr-
hunderts wurden diese Spangen, die sich wohl im Mün-
ster befanden, mit der Stickerei zur reichen Zierde des
Bursendeckels verwandt. Wir wissen aus dem Inventar
von 1483, daß das uralte silberne Bild der Muttergottes
mit einem Mantel bekleidet war, der mit „silbren spengli
und stefi“3, also mit silbernen Spangen und Stiften, ge-
schmückt war. Dieser getriebene Schmuck könnte von
dem Muttergottesbild stammen.

Schon früher, und zwar 1542, hat ein Freiburger ,,ain
rot sammate corporalladen mit dem namen Jesus (mit) berlin
gestickt“4 der Pfarrkirche übergeben, doch mit dem Vor-
behalt, daß ihm, falls er in Not geraten sollte, die rot-
samtene, mit Perlen gestickte Bursa zurückgegeben
werde.

1 1. Schroth a. a. O. S. 50, Nr. 67.

2 MA., Inventar von 1565.

3 MA., Anniversar 1, pag. 59; H. Flamm, Schatzver-
zeichnisse, a. a. O. S. 74.

4 H. Flamm a. a. O. S. 79.

11. SEBASTIANSKELCH Freiburg Ende 15.Jahr-
hundert (Abbildung 26)

Silber getrieben, gestanzt und vergoldet, graviert, ursprüng-
lich z. T. emailliert. Höhe = 17 cm, unterer Durchmesser -
12,6 cm, oberer Durchmesser — 10 cm

Der runde, flache Fuß mit Stehrand und ausgestanztem
Viereckmuster zwischen zwei schmalen runden Profil-
leisten am Vertikalrand steigt sechskantig an. In die
Rechtecke des sechseckigen Schaftes sind ober- und
unterhalb des Nodus die Buchstaben „SANCTUS“ /
„SANGNU“ (das wahrscheinlich für sanguis steht) aus
dem Grund graviert. Den schönen, getriebenen Nodus
zieren zwischen Blattrosetten vor aufgerauhtem Grund
sechs rautenförmige Zapfen mit der zweimaligen Dar-
stellung der Marter des heiligen Sebastians in .Tief-
schnittechnik. Ursprünglich war der schraffierte und
punktierte Grund mit Email gefüllt. Auf dem Schaft
ruht die breite, kegelförmige Kuppa1.

Als Stifter des Kelches darf man den Münsterpfarrer und
Dekan des Freiburger Kapitels, Nicolaus Locherer,
Magister der freien Künste, vermuten2. Am 25. Juni
1493 richtete er auf dem Sebastiansaltar eine ewige

Priesterpfründe ein und gab hierzu einen Kelch, Para-
mente und ein Missale3. Außerdem stiftete er ein Ewiges
Licht für denselben Altar und hinterlegte hierfür
50 Gulden. Dies Licht sollte „zu ewigen Ziten“ brennen
„zu Lob und Ehre Gott dem Allmächtigen, Seiner würdigen
Mutter der Allerhöchsten Junckj'rawen Maria, auch Sant
Sebastians und anderen Patronen uf Sant Sebastians Al-
tar . . .“4 Von Locherer wurde auch eine der neuen
Chorkapellen samt ihrer Innenausstattung gestiftet. Der
von Sixt von Staufen geschnitzte Altar zeigt im Ge-
sprenge wiederum den hl. Sebastian. Die Verehrung
dieses Heiligen durch Locherer spricht dafür, daß auch
der Kelch aufseine Veranlassung das Bild des Heiligen
trägt.

1 Friedr. Kempf, Unser Lieben Frauen Münster, in:
Freiburg, die Stadt und ihre Bauten (Freiburg 1898)
S. 334; I. Schroth a. a. O. S. 52, Nr. 73.

2 Uber die Persönlichkeit Locherers s. Jos. Riegel, Die
Locherer Kapelle im Freiburger Münster und der
Meister ihres Altars, in: Münsterbl. 11. Jg. (1915) S. lOf.

3 Felician Engler, Beiträge zur Geschichte der Münster-
pfarrei in Freiburg, hrsg. von Franz Zell, in: FDA.,
22. Bd. (Freiburg 1892) S. 278 f. und Jos. Riegel a. a. O.
S. 25.

4 MA., Anniversar 2, pag. 306.

12. ZWEI SPÄTGOTISCHE KELCHE
Freiburg um 1500 (Abbildung 27)

a) Kelch mit den drei Wappen. Höhe — 18 cm, unterer
Durchmesser = 12,8 cm, oberer Durchmesser = 10 cm.

b) Peter-Sprung-Kelch. Höhe = 17,8 cm, unterer Durch-
messer = 13,5 cm, oberer Durchmesser = 9,2 cm

Silber getrieben, gestanzt, graviert und vergoldet. Gruben-
schmelz.

Die auffallende Ähnlichkeit der beiden Kelche verleitet
zu der Annahme, daß sie in gleicher Werkstatt gearbeitet
wurden. Auf der sechspassigen, schräg abgesetzten
Standplatte steigt, ein wenig zurückgesetzt, der Fuß
an, der am senkrechten Rand zwischen schmalen Profil-
stäben von einem Rautenmuster umzogen ist. Die zum
Schaft verlaufenden Paßfelder sind bei dem Wappen-
kelch (links) breiter, wodurch der Fuß schwerer und
gedrungener erscheint als der zügig ansteigende des
Sprung-Kelches. Gleich sind die beiden Knäufe am
sechskantigen Schaft. Sie wurden über demselben Mo-

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