DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.16635#0021
— 3 —
Bergland die Fülle der Schönheit zusammengedrängt, so
dafs wir nie durch öde, langweilige Strecken ermüdet
werden. Von dem Meere, das das Land fast wie eine
Halbinsel umkränzt, steigen die Thäler wie die Speichen
eines Eades, womit sie Wordsworth vergleicht, zum Mittel-
stock, dem Berg Scawfell, auf. Ein jedes ist von einem
jener kristallklaren Seeen ausgefüllt, deren Farbe dem
Dichter weit schöner als die der Schweizer Seeen erscheint,
zumal wenn ihr glatter Spiegel durch keinen Windstofs
getrübt wird. Ihre Abflüsse, kleine wilde Gebirgsflüsse,
münden gröi'stenteils direkt in das Meer und unterhalten
gleich Adern den lebendigen Verkehr mit dem Herzen. Zu
beiden Seiten ragen schöngeformte Berge auf; die sanfte-
ren Gehänge sind mit einem sametartigen Hasen bedeckt,
wie ihn nur Englands feuchtes Seeklima hervorbringt, und
mit einer wunderbar reichen Flora geschmückt. Den schrof-
fen Abhängen der Felsen giebt das Farrenkraut und der
prächtig blühende Ginster, einer]von Wordsworths oft be-
sungenen Lieblingen, einen besonderen Reiz; für den man-
gelnden Wald entschädigt der herrliche Wuchs der überall
zerstreuten Bäume, die den Bewohnern ein Heiligtum sind.
Es gemahnt uns fast an altheidnischen Naturdienst, wenn
der Dichter erzählt, wie ein Landmann, dem man den
Rat gab, einen alten Baum vor seinem Hause zum Ver-
kaufe zu fällen, ausrief: „Ihn fällen! Lieber fiele ich
selbst nieder und betete ihn an."
Ein ganz verschiedenes Bild zeigt sich uns, wenn
wir zu den tiefen dunkeln Zirkelseeen, Tarn genannt,
emporsteigen, die ohne Abflufs den Grund enger Felfen-
kessel ausfüllen. Hier ist die Vegetation spärlich und
dient nur dazu, den Anblick der seltsam geformten Fel-
sen noch phantastischer zu gestalten. Erklimmt man einen
1*
Bergland die Fülle der Schönheit zusammengedrängt, so
dafs wir nie durch öde, langweilige Strecken ermüdet
werden. Von dem Meere, das das Land fast wie eine
Halbinsel umkränzt, steigen die Thäler wie die Speichen
eines Eades, womit sie Wordsworth vergleicht, zum Mittel-
stock, dem Berg Scawfell, auf. Ein jedes ist von einem
jener kristallklaren Seeen ausgefüllt, deren Farbe dem
Dichter weit schöner als die der Schweizer Seeen erscheint,
zumal wenn ihr glatter Spiegel durch keinen Windstofs
getrübt wird. Ihre Abflüsse, kleine wilde Gebirgsflüsse,
münden gröi'stenteils direkt in das Meer und unterhalten
gleich Adern den lebendigen Verkehr mit dem Herzen. Zu
beiden Seiten ragen schöngeformte Berge auf; die sanfte-
ren Gehänge sind mit einem sametartigen Hasen bedeckt,
wie ihn nur Englands feuchtes Seeklima hervorbringt, und
mit einer wunderbar reichen Flora geschmückt. Den schrof-
fen Abhängen der Felsen giebt das Farrenkraut und der
prächtig blühende Ginster, einer]von Wordsworths oft be-
sungenen Lieblingen, einen besonderen Reiz; für den man-
gelnden Wald entschädigt der herrliche Wuchs der überall
zerstreuten Bäume, die den Bewohnern ein Heiligtum sind.
Es gemahnt uns fast an altheidnischen Naturdienst, wenn
der Dichter erzählt, wie ein Landmann, dem man den
Rat gab, einen alten Baum vor seinem Hause zum Ver-
kaufe zu fällen, ausrief: „Ihn fällen! Lieber fiele ich
selbst nieder und betete ihn an."
Ein ganz verschiedenes Bild zeigt sich uns, wenn
wir zu den tiefen dunkeln Zirkelseeen, Tarn genannt,
emporsteigen, die ohne Abflufs den Grund enger Felfen-
kessel ausfüllen. Hier ist die Vegetation spärlich und
dient nur dazu, den Anblick der seltsam geformten Fel-
sen noch phantastischer zu gestalten. Erklimmt man einen
1*