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6. KAP.

Frühe Kloster gärten

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OCH liegen die ersten Anfänge christlich-mönchischer Ansiedlung
für uns im Dunkeln. Wir wissen nur, daß man im Orient eine
größere Neigung zum Eremitentum gehabt hat und daher, selbst
als man dort anfing sich zu klösterlichen Gemeinschaften zu-
sammenzuschließen, doch die Sonderwohnung in einzel gebauten
Zellen bevorzugte. Diese Mönche lebten in früher Zeit wie spä-
ter als Einsiedler von milden Gaben, die ihnen von außen Zu-
flüssen, daher ist es nicht anzunehmen, daß sich bei ihnen eine
geordnete Gartenpflege entwickelt hat. Denn nur die Notwendigkeit, sich durch eigene
Arbeit den Unterhalt zu erwerben, hat auch die Mönche wieder dazu geführt, sich mit
dem Gartenbau zu beschäftigen.

Im Abendlande scheint die Entwicklung von Anfang an eine andere gewesen zu
sein. Früh schon findet sich ein Zusammenschluß gleichgesinnter Brüder zu ge-
meinsamer Wohnung, persönlicher Besitzlosigkeit und gemeinsamer geistlicher Übung.
Aus solchem Geiste sammelte schon der heilige Augustinus gleiche Genossen um sich.
,,In einem Garten/' erzählt er selbst von seiner Gründung in Hippo, „den der Greis
Valerius mir geschenkt hatte, versammelte ich Brüder, die mir an guten Vorsätzen
gleich waren, die nichtsbesaßen, wie ich nichtsbesaß, und die mich nachahmten“1-. Ebenso
also wie einst Plato, Epikur, Theophrast ihre Jünger in ihrem Garten versammelten,
wie vordem die heiligen Buddha, von ihren indischen Gläubigen mit einer Gartenheim-
stätte beschenkt, sich dorthin zurückzogen, so vereinigte jetzt ein Garten — vielleicht
mit nicht ganz unbewußter Anlehnung an diese Vorgänger — die christlichen geistlichen
Brüder mit ihrem großen Lehrer. Augustin hat dann später die Kirche mit ihrer Kloster-
anlage hineingebaut2, entsprechend den Museen, Exedren und Portikus in den alten
Philosophengärten. Aus diesem Bericht geht zweifellos hervor, daß in diesem Falle das
Zusammenwohnen im Garten der Gründung von Kirche und Monasterium voranging.
Die Ansiedlung der eigentlichen klösterlichen Wohngebäude hat sich wohl von Anfang
an um ein Peristyl gruppiert, und zwar sowohl im Abendlande mit seiner festen Diszi-
plin des Zusammenwohnens, wie bei den orientalischen Mönchen, die sich größere per-
sönliche Freiheit wahrten; denn auch die Einzelzellen der orientalischen Klöster sind
meist um einen zentralen Hof gruppiert3. Das antike Vorbild für diese Bauweise christ-
licher Klöster ist so vielgestaltig und trotz größten Formenreichtums, vom kleinen Stadt-
wohnhause zur prächtigen villa urbana, doch so durchaus auf einen Urtypus zurück-
zuführen, daß es schwer zu sagen ist, woran sich die Mönche anschlossen. Eine solche An-
lage entspricht dem Wohnbedürfnis südlicher Völker; sie gab auch den Mönchen zwei
Dinge, die sie vor allem brauchten: ein gemeinsames Zentrum und möglichste Abge-
schlossenheit nach außen. Zweifellos haben vielfach die Klöster verlassene antike Villen
für ihre Zwecke benützt und umgebaut4. Hören wir doch nicht selten, daß Landgüter
und Herrenvillen den Heiligen von ihren Gläubigen geschenkt wurden5. Ganz ohne
Gebäude wird auch der hortus, den der Greis Valerius dem Augustin schenkte, nicht ge-
wesen sein, da hortus ja, wie wir gesehen haben, meist einfach für villa gesetzt wird.
Anderseits haben wir die Portikus als Gartenanlage in zahllosen Beispielen gefunden,
und wenn zur Seite der alten kaiserlichen Basiliken sich gewöhnlich eine Portikus —
immer als Garten bepflanzt — fand6, so erinnert auch dieses daran, daß die Mönchs-
portikus, das Claustrum, immer neben der christlichen Basilika, der Kirche, lag7. Vor allem

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