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Paradies“
6. KAP.
aber zeigt das antike Kloster auf dem Forum. Flaus und Tempel der Vestalinnen, eine
so große Ähnlichkeit der Gruppierung mit den christlichen Anlagen, daß wohl das Be-
dürfnis des von der Welt abgeschlossenen Zusammenwohnens einer Ordenskongrega-
tion weder im Altertum noch im Mittelalter eine bessere Lösung hat finden können, so
sehr sich auch sonst die Lebensweise der vornehmen Vestapriesterinnen von der der
armen Mönche früher Observanz unterscheiden mochte. Aus der Portikus der antiken
Basilika istauch die Vorhalle der frühchristlichen Basilika entstanden, die baldParadies,
Abb. 122
Paradies an der
Klosterkirche
von
Maria Laach
Phot.
bald Atrium genannt wird. Sie erscheint in sehr verschiedener Gestalt überliefert, bald
als gedeckte, ja mit einem Obergeschoß versehene Halle, bald als offener Säulen-
hof. Wir können hier eine mit der Wandlung der Bedeutung des griechischen
Xystus analoge Entwicklung dieser Bezeichnung sehen. Daß die römischen Portikus-
gärten in byzantinischer Zeit von den großen Jagdparks der Perser den Namen
Paradies übernommen hatten, sahen wir mannigfach bestätigt. So benannte man auch
in den christlichen Basiliken den offenen Säulenhof davor, in dem sich die Büßer auf-
halten mußten, ehe sie ,,in ecclesiam“ aufgenommen wurden, Paradies. Später wurde die
gedeckte Vorhalle, die dem gleichen Zwecke diente und die auch Asylrecht bot, nach dem
Garten ebenfalls Paradies genannt. An diese letzte Benennung scheint sich das soge-
nannte Adamsaustreiben in Halberstadt angeschlossen zu haben: es war eine volks-
tümliche Feier, die Vertreibung des ersten Menschen aus dem Garten Eden darstellend,
Paradies“
6. KAP.
aber zeigt das antike Kloster auf dem Forum. Flaus und Tempel der Vestalinnen, eine
so große Ähnlichkeit der Gruppierung mit den christlichen Anlagen, daß wohl das Be-
dürfnis des von der Welt abgeschlossenen Zusammenwohnens einer Ordenskongrega-
tion weder im Altertum noch im Mittelalter eine bessere Lösung hat finden können, so
sehr sich auch sonst die Lebensweise der vornehmen Vestapriesterinnen von der der
armen Mönche früher Observanz unterscheiden mochte. Aus der Portikus der antiken
Basilika istauch die Vorhalle der frühchristlichen Basilika entstanden, die baldParadies,
Abb. 122
Paradies an der
Klosterkirche
von
Maria Laach
Phot.
bald Atrium genannt wird. Sie erscheint in sehr verschiedener Gestalt überliefert, bald
als gedeckte, ja mit einem Obergeschoß versehene Halle, bald als offener Säulen-
hof. Wir können hier eine mit der Wandlung der Bedeutung des griechischen
Xystus analoge Entwicklung dieser Bezeichnung sehen. Daß die römischen Portikus-
gärten in byzantinischer Zeit von den großen Jagdparks der Perser den Namen
Paradies übernommen hatten, sahen wir mannigfach bestätigt. So benannte man auch
in den christlichen Basiliken den offenen Säulenhof davor, in dem sich die Büßer auf-
halten mußten, ehe sie ,,in ecclesiam“ aufgenommen wurden, Paradies. Später wurde die
gedeckte Vorhalle, die dem gleichen Zwecke diente und die auch Asylrecht bot, nach dem
Garten ebenfalls Paradies genannt. An diese letzte Benennung scheint sich das soge-
nannte Adamsaustreiben in Halberstadt angeschlossen zu haben: es war eine volks-
tümliche Feier, die Vertreibung des ersten Menschen aus dem Garten Eden darstellend,