l. Die italienische Renaissance.
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phäen, nackten Kindergestalten, den sog. Putten). Ein immer lebendiges Naturstudinm
nnd das Bestreben, eine persönliche Empfindling im Werke fühlbar zu machen, bringen
Variationen und Bereicherungen des antikisierenden Formenschatzes hinzu. Die zunehmende
Verbreitung humanistischer Bildung führte zur Verwertung mythologischer, allegorischer
und geschichtlicher Stoffe auch in kunstgewerblichen Arbeiten.
Das Kunstgewerbe der Frührenaissance (das Quattrocento) ist voll reizvoller Herb-
heit, ist in der Durchführung des Einzelnen auf sorgfältige Delikatesse bedacht. In
Florenz sind die reizvollsten Arbeiten jeder Art entstanden. Die Töpferei, die Glas-
macherkunst, die Metallarbeit, der Schmuck wie das Mobiliar und die Textilkunst erfahren
eine Veredelung durch maßvollen Zierat bei klarer Strukturform. In der Hochrenaissance,
im 16. Jahrhundert (Cinquecento) tritt aber allmählich mit der Verbreitung des neuen
Stils auf das übrige Italien, eine üppigere Zierlust zutage, die einerseits zu ornamentalen
Überfüllungen, andererseits schon zur Verallgemeinerung der Formen, zum Formalismus,
führt. Dabei treten im Dekor die pflanzlichen Motive zurück, gewinnen das Zier-
schild (die Kartusche), das Rollwerk und die der Einwirkung islamischer Kunst zu
dankende Arabeske (s. S. 56 ) an Bedeutung im Formenschatz der Renaissance. In
der zum Barock treibenden Spätrenaissance (um 1600), die den ornamentalen und
naturalistischen Dekor einer großen bewegten Form unterordnet, verliert Florenz die
künstlerische Führerschaft. Rom, Venedig und Genua werden zu Brennpunkten der Hoch-
renaissance und des Barocks.
Die vornehmen Raumgebilde der italienischen Renaissance wirken durch Klarheit der
Verhältnisse und wohlbedachte Angemessenheit der Gliederung, der festen wie der mobilen
Dekoration (Türrahmen und Kamin aus Stein, Holzgetäfel, Kassettendecken, Wandmalerei
oder Bespannung mit Seidentapeten, selten mit Wandteppichen). Die Gesamtstimmung
der Räume im Palast (Abb. 629), wie in den Refektorien und Sakristeien reicher Klöster
oder in den Sitzungssälen der Gemeinden war farbig. Das Mobiliar der italienischen
Renaissance beschränkte sich auf das Notwendige, an Zahl und Formenreichtum war es
bescheidener als im Norden. Die Truhe (Eaffone) spielte im Hausrat des Palastes, des
Klosters und des Bürgerhauses eine Hauptrolle, sie war das Hauptstück der Brautaus-
stattung und wurde durch Malerei, eingelegte Arbeit (Intarsia) und später durch Relief-
schnitzerei geschmückt (Abb. 661). Nächst der Truhe, die auch als Bank (cassapanca) mit
Rücklehne und Armstützen gebildet wurde, fand das Ehebett zuweilen mit einem Baldachin
und, von den Sitzmöbeln, der monumentale Wandsitz (trono) nicht nur für die hohe Geist-
lichkeit Und den Richter, sondern auch in den Palästen eine künstlerische Durchbildung.
Aus der Verbindung von Truhe und Schrank entstand die Kredenz. Neben den antiki-
sierenden profilierten Prunktischen waren zumeist leichtbewegliche Tische auf Böcken im
Gebrauch (Abb. 633). Eine Menge Kleingerät wie die Postamente, Kleiderrechen, Toiletten-
geräte, Spiegel bis zum Blasebalg und den Platten und Schachteln, die den Wöchnerinnen
dargereicht wurden, alle Geräte waren durch die Kunst veredelt.
Die edle Bronze war ein mit Verliebe angewandtes Material; es genügt, an die Bronze-
türen, an die Flaggen- und Fackelhalter, an die Vasen, Laternen (Abb. 583, 663), Leuchter,
Kandelaber (Abb. 597) und die Unmenge Kleinbronzen (Handglocken, Schreibzeuge Abb. 664),
Mörser, Lampen, Kassetten, an die Medaillen (Abb. 620, 621) und Plaketten (Reliefplättchen
Abb. 608, 610, 634, 636) zu erinnern, um die Mannigfaltigkeit kunstvoller Arbeiten aus
Bronze zu kennzeichnen. Die technische Behandlung des Gusses, die Ziselierung, die Pati-
nierung sind ebenso bewundernswert wie die glückliche künstlerische Erfindung. Von den
Goldschmiedearbeiten der italienischen Renaissance ist viel zugrunde gegangen, aber wenn
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phäen, nackten Kindergestalten, den sog. Putten). Ein immer lebendiges Naturstudinm
nnd das Bestreben, eine persönliche Empfindling im Werke fühlbar zu machen, bringen
Variationen und Bereicherungen des antikisierenden Formenschatzes hinzu. Die zunehmende
Verbreitung humanistischer Bildung führte zur Verwertung mythologischer, allegorischer
und geschichtlicher Stoffe auch in kunstgewerblichen Arbeiten.
Das Kunstgewerbe der Frührenaissance (das Quattrocento) ist voll reizvoller Herb-
heit, ist in der Durchführung des Einzelnen auf sorgfältige Delikatesse bedacht. In
Florenz sind die reizvollsten Arbeiten jeder Art entstanden. Die Töpferei, die Glas-
macherkunst, die Metallarbeit, der Schmuck wie das Mobiliar und die Textilkunst erfahren
eine Veredelung durch maßvollen Zierat bei klarer Strukturform. In der Hochrenaissance,
im 16. Jahrhundert (Cinquecento) tritt aber allmählich mit der Verbreitung des neuen
Stils auf das übrige Italien, eine üppigere Zierlust zutage, die einerseits zu ornamentalen
Überfüllungen, andererseits schon zur Verallgemeinerung der Formen, zum Formalismus,
führt. Dabei treten im Dekor die pflanzlichen Motive zurück, gewinnen das Zier-
schild (die Kartusche), das Rollwerk und die der Einwirkung islamischer Kunst zu
dankende Arabeske (s. S. 56 ) an Bedeutung im Formenschatz der Renaissance. In
der zum Barock treibenden Spätrenaissance (um 1600), die den ornamentalen und
naturalistischen Dekor einer großen bewegten Form unterordnet, verliert Florenz die
künstlerische Führerschaft. Rom, Venedig und Genua werden zu Brennpunkten der Hoch-
renaissance und des Barocks.
Die vornehmen Raumgebilde der italienischen Renaissance wirken durch Klarheit der
Verhältnisse und wohlbedachte Angemessenheit der Gliederung, der festen wie der mobilen
Dekoration (Türrahmen und Kamin aus Stein, Holzgetäfel, Kassettendecken, Wandmalerei
oder Bespannung mit Seidentapeten, selten mit Wandteppichen). Die Gesamtstimmung
der Räume im Palast (Abb. 629), wie in den Refektorien und Sakristeien reicher Klöster
oder in den Sitzungssälen der Gemeinden war farbig. Das Mobiliar der italienischen
Renaissance beschränkte sich auf das Notwendige, an Zahl und Formenreichtum war es
bescheidener als im Norden. Die Truhe (Eaffone) spielte im Hausrat des Palastes, des
Klosters und des Bürgerhauses eine Hauptrolle, sie war das Hauptstück der Brautaus-
stattung und wurde durch Malerei, eingelegte Arbeit (Intarsia) und später durch Relief-
schnitzerei geschmückt (Abb. 661). Nächst der Truhe, die auch als Bank (cassapanca) mit
Rücklehne und Armstützen gebildet wurde, fand das Ehebett zuweilen mit einem Baldachin
und, von den Sitzmöbeln, der monumentale Wandsitz (trono) nicht nur für die hohe Geist-
lichkeit Und den Richter, sondern auch in den Palästen eine künstlerische Durchbildung.
Aus der Verbindung von Truhe und Schrank entstand die Kredenz. Neben den antiki-
sierenden profilierten Prunktischen waren zumeist leichtbewegliche Tische auf Böcken im
Gebrauch (Abb. 633). Eine Menge Kleingerät wie die Postamente, Kleiderrechen, Toiletten-
geräte, Spiegel bis zum Blasebalg und den Platten und Schachteln, die den Wöchnerinnen
dargereicht wurden, alle Geräte waren durch die Kunst veredelt.
Die edle Bronze war ein mit Verliebe angewandtes Material; es genügt, an die Bronze-
türen, an die Flaggen- und Fackelhalter, an die Vasen, Laternen (Abb. 583, 663), Leuchter,
Kandelaber (Abb. 597) und die Unmenge Kleinbronzen (Handglocken, Schreibzeuge Abb. 664),
Mörser, Lampen, Kassetten, an die Medaillen (Abb. 620, 621) und Plaketten (Reliefplättchen
Abb. 608, 610, 634, 636) zu erinnern, um die Mannigfaltigkeit kunstvoller Arbeiten aus
Bronze zu kennzeichnen. Die technische Behandlung des Gusses, die Ziselierung, die Pati-
nierung sind ebenso bewundernswert wie die glückliche künstlerische Erfindung. Von den
Goldschmiedearbeiten der italienischen Renaissance ist viel zugrunde gegangen, aber wenn