Kunst der neueren Zeil.
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sie im kirchlichen Gebrauch auch lange gotische Formen festhiclten, so haben sie sich doch auch in
der Renaissance zu Höchstleistungen wie das Salzfaß Cellinis (Abb. 662) aufgejchwungen.
Deutlich ausgeprägt ist der Rcnaissancccharakter der Keramik. Noch im 14. Jahr-
hundert brachte die italienische Töpferei an vielen Orten einfache Waren hervor, bei denen
zum Teil Erinnerungen an die ältere orientalische Kunst beobachtet werden. Wie auf
anderem Gebiet hat Florenz auch in der Töpferei zuerst eine Veredelung erreicht. Die
Majoliken (so wurden in Italien die ursprünglich über Majorka eingeführten Fayencen
genannt) bestehen aus gebranntem Töpferton, der auf undurchsichtiger Zinnglasur mit
Scharffeuerfarben bemalt wird. Im 15. Jahrhundert bringt es die Majolikamalerei zu
Kunstleistungen und erreicht um 1500 ihre Blüte. Faenza (wonach alle zinnglasierte Ton-
ware Fayence genannt wurde), Urbino, Castel Durante, Gnbbio, Deruta, Siena, Cassagivlo,
endlich Venedig sind Hauptorte der Fabrikation gewesen (Abb. 656—659).
Alle anderen Techniken, die Lederarbeit, die Schmelzkunst, der Eisen- und der Stein-
schnitt fanden eifrige Pflege, und die Glasmacherkunst erreichte mit Schmelzmalerei <Abb. 660)
und später mit möglichst zierlichen Formen in Venedig eine Kunstfertigkeit, die nicht über-
troffen worden ist.
Werke des Kunstgewerbes sind es vor allem gewesen, welche auf den Handelswegen
de» Siegeszug der Renaissance über die Grenzen Italiens hinaus eingcleitet haben. Die
Wirkung der Renaissance war am größten auf die Völker romanischer Abstammung, auf
die Franzosen, die Spanier, Portugiesen und auf die südlichen Niederlande.
2. Die Kunst diesseits der Alpen bis zum 16. Jahrhundert.
3) Die Malerei.
Altniederländische Schule.
Während die Wandmalerei, seitdem die Gotik herrschte, im Norden immer mehr an
'Ausdehnung und Bedeutung verlor, entwickelte sich die Tafelmalerei aus der Gerätmalerei
(am Möbel und am Altaranfsatz und Altarvorsatz) seit der Mitte des 14. Jahrhunderts
mehr und mehr zur Selbständigkeit und Freiheit; nur die Glasmalerei mußte sich dem
Stilzwang der Architektur bis zum 16. Jahrhundert fügen.
Die altniederländische Malerei, seit dem 14. Jahrhundert im Aufschwung, nimmt im
15. Jahrhundert die erste Stelle in der Malerei des Nordens ein. In den reichen Städten
Brügge, Gent, Brüssel, Dornyk (Tournai) fand die Kunst rege Förderung. Ihre Ent-
wicklung stand in Verbindung mit Burgund, seit Philipp der Kühne Flandern durch Heirat
erworben hatte (1384). Die nachfolgenden Fürsten aus dem Hause Valois wetteiferten
mir den Großkaufleuten und Brüderschaften in der Kunstpflege. Das zeigt die Blüte der
niederländisch-burgundischen Skulptur und der Tafel- und Buchmalerei, für welch letztere nicht
mehr Paris und England den Ton angaben (S. 79). Das schönste Gebetbuch mit Miniaturen
gebörte einst dem Herzog von Berry, es vereinigte Arbeiten verschiedener Künstler (Abb. 674,
675). Einige Darstellungen, wie die Landung Herzog Wilhelms mit einer in Licht und
Luft vortrefflich beobachteten Strandlandschaft, offenbart eine so neuartige Naturauffassung,
daß die Gebrüder van Eyck als Urheber vermutet werden konnten.
Aber die Kunst von Hubert und Jan van Eyck aus Maaseyck bei Maastricht tritt
uns mit ihrem Hauptwerk, dem Genter Altar, unvermittelt entgegen. Vorstufen scheinen
nicht nachweisbar zu sein. Der im Auftrag von Jodocus Vydt für St. Bavo in Gent
gemalte — jetzt in Teilen in Gent, Brüssel und Berlin bewahrte — Altar (Abb. 665-—668)
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sie im kirchlichen Gebrauch auch lange gotische Formen festhiclten, so haben sie sich doch auch in
der Renaissance zu Höchstleistungen wie das Salzfaß Cellinis (Abb. 662) aufgejchwungen.
Deutlich ausgeprägt ist der Rcnaissancccharakter der Keramik. Noch im 14. Jahr-
hundert brachte die italienische Töpferei an vielen Orten einfache Waren hervor, bei denen
zum Teil Erinnerungen an die ältere orientalische Kunst beobachtet werden. Wie auf
anderem Gebiet hat Florenz auch in der Töpferei zuerst eine Veredelung erreicht. Die
Majoliken (so wurden in Italien die ursprünglich über Majorka eingeführten Fayencen
genannt) bestehen aus gebranntem Töpferton, der auf undurchsichtiger Zinnglasur mit
Scharffeuerfarben bemalt wird. Im 15. Jahrhundert bringt es die Majolikamalerei zu
Kunstleistungen und erreicht um 1500 ihre Blüte. Faenza (wonach alle zinnglasierte Ton-
ware Fayence genannt wurde), Urbino, Castel Durante, Gnbbio, Deruta, Siena, Cassagivlo,
endlich Venedig sind Hauptorte der Fabrikation gewesen (Abb. 656—659).
Alle anderen Techniken, die Lederarbeit, die Schmelzkunst, der Eisen- und der Stein-
schnitt fanden eifrige Pflege, und die Glasmacherkunst erreichte mit Schmelzmalerei <Abb. 660)
und später mit möglichst zierlichen Formen in Venedig eine Kunstfertigkeit, die nicht über-
troffen worden ist.
Werke des Kunstgewerbes sind es vor allem gewesen, welche auf den Handelswegen
de» Siegeszug der Renaissance über die Grenzen Italiens hinaus eingcleitet haben. Die
Wirkung der Renaissance war am größten auf die Völker romanischer Abstammung, auf
die Franzosen, die Spanier, Portugiesen und auf die südlichen Niederlande.
2. Die Kunst diesseits der Alpen bis zum 16. Jahrhundert.
3) Die Malerei.
Altniederländische Schule.
Während die Wandmalerei, seitdem die Gotik herrschte, im Norden immer mehr an
'Ausdehnung und Bedeutung verlor, entwickelte sich die Tafelmalerei aus der Gerätmalerei
(am Möbel und am Altaranfsatz und Altarvorsatz) seit der Mitte des 14. Jahrhunderts
mehr und mehr zur Selbständigkeit und Freiheit; nur die Glasmalerei mußte sich dem
Stilzwang der Architektur bis zum 16. Jahrhundert fügen.
Die altniederländische Malerei, seit dem 14. Jahrhundert im Aufschwung, nimmt im
15. Jahrhundert die erste Stelle in der Malerei des Nordens ein. In den reichen Städten
Brügge, Gent, Brüssel, Dornyk (Tournai) fand die Kunst rege Förderung. Ihre Ent-
wicklung stand in Verbindung mit Burgund, seit Philipp der Kühne Flandern durch Heirat
erworben hatte (1384). Die nachfolgenden Fürsten aus dem Hause Valois wetteiferten
mir den Großkaufleuten und Brüderschaften in der Kunstpflege. Das zeigt die Blüte der
niederländisch-burgundischen Skulptur und der Tafel- und Buchmalerei, für welch letztere nicht
mehr Paris und England den Ton angaben (S. 79). Das schönste Gebetbuch mit Miniaturen
gebörte einst dem Herzog von Berry, es vereinigte Arbeiten verschiedener Künstler (Abb. 674,
675). Einige Darstellungen, wie die Landung Herzog Wilhelms mit einer in Licht und
Luft vortrefflich beobachteten Strandlandschaft, offenbart eine so neuartige Naturauffassung,
daß die Gebrüder van Eyck als Urheber vermutet werden konnten.
Aber die Kunst von Hubert und Jan van Eyck aus Maaseyck bei Maastricht tritt
uns mit ihrem Hauptwerk, dem Genter Altar, unvermittelt entgegen. Vorstufen scheinen
nicht nachweisbar zu sein. Der im Auftrag von Jodocus Vydt für St. Bavo in Gent
gemalte — jetzt in Teilen in Gent, Brüssel und Berlin bewahrte — Altar (Abb. 665-—668)