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Die Kunst des Altertums.
5. Maurer beim Bau einer Mauer des Amontempels. Theben. Grab des Rechmire. (Lepsins.)
2. Ägyptische Kunst.
Ägypten erscheint wie eine langgestreckte Oase, die der Nil nach dem Durchbruch der
Wüste mit seinen Ablagerungen gebildet hat: es ist ein Geschenk des Nils. Aber der
Segen der „schwarzen Erde" fiel den Besiedlern nicht mühelos in den Schoß. Die afri-
kanische Natur des Landes zwang zu unablässigem Kampf gegen Dürre, Wüstensand und
Wassernot. So wurden die Hirtenvölker, die vermutlich aus Libyen eingedrungen waren,
frühzeitig zu Ackerbauern, begabt mit scharfem Verstand und zu jeder Fertigkeit geschickt. Die
Notwendigkeit gemeinsamen Vorgehens in der regelmäßigen Bewirtschaftung des Über-
schwemmungsgebietes führte in früher Zeit zu einer Vielheit von Staatenbildungen.
Allen gemeinsam waren die religiösen Vorstellungen. In ältester Zeit glaubte das
Volk, daß die Götter in Tieren, gelegentlich auch in Pflanzen oder anderen leblosen Gegen-
ständen ihre Wohnsitze aufgeschlagen hätten. Daher wurden viele Tiere als Verkörpercr der
Gottheiten verehrt. Der Tierkult führte zur Verbindung von Tier- und Menschenformen,
man gab den Göttern Tierköpfe oder setzte auf den Tierleib einen menschlichen Kopf. Da-
neben wurden auch die kosmischen Mächte, besonders die Sonne und der Mond verehrt. Da
an verschiedenen Orten allgemein verehrte Götter unter verschiedenen Gestalten vorgestcllt
wurden, wuchs das ägyptische Pantheon zu einer verwirrenden Menge von Göttern an. Be-
sonders verbreitet war der Kult des Osiris. Er war der König der Toten, von dem es hieß,
daß er vom Tode auferstanden wäre. Wie aber der Gott im Totenreich ein zweites Leben
führte, so hoffte der Ägypter, daß auch ihm das Totengericht des Osiris ein Weiterlcben zu-
billigen werde. Er glaubte, daß die Seele, die den Körper im Tode verläßt, fortfahren könne
zu leben, und er dachte sich die Seele als einen Vogel mit dem Kopfe des Menschen.
Ursprünglich hatten die Ägypter ihre Toten in hockender Stellung in die Grube gesenkt und
ihnen Schmuck, Waffen, Geräte mit ins Grab gegeben. Die Entwicklung des Totenkults
führte dazu, die Leichen vor der Verwesung durch Einbalsamieren mit fäulniswidrigen Stoffen
zu schützen und sic als festumwickelte Mumien in Särgen zu erhalten; die Eingeweide wurden
für sich verwahrt (Abb. 39). Da nun die Seele mit allen guten und bösen Eigenschaften des
Verstorbenen behaftet blieb, so daß sie sich bei ungebührlicher Behandlung an den Über-
lebenden rächen konnte, häufte man in den Gräbern die Spenden an Speise und Trank
und sorgte für alles, was die Seele den Gewohnheiten des Toten gemäß zum Wciterleben
brauchte. Auch die Frauen und Diener sollte der Tote im Jenseits nicht missen. In barba-
rischer Zeit hatte man dem Verstorbenen Menschenopfer dargebracht, die mildere Sitte späte-
rer, historischer Zeit begnügte sich damit, die Frauen und Sklaven durch Figuren aus Ton
oder Stein zu ersetzen. Und weil der Tote nur ein Schattendasein führen konnte, ersetzte
man auch die Nahrungsmittel durch Nachbildungen, lieferte Scheinbrote und anstatt der
mit kostbaren Steinen eingelegten goldenen Geräte schlichte Holzgefäße, die mit Stuck über-
zogen und mit Fayenceeinlagen auf vergoldetem Grund geschmückt waren.
Die Kunst des Altertums.
5. Maurer beim Bau einer Mauer des Amontempels. Theben. Grab des Rechmire. (Lepsins.)
2. Ägyptische Kunst.
Ägypten erscheint wie eine langgestreckte Oase, die der Nil nach dem Durchbruch der
Wüste mit seinen Ablagerungen gebildet hat: es ist ein Geschenk des Nils. Aber der
Segen der „schwarzen Erde" fiel den Besiedlern nicht mühelos in den Schoß. Die afri-
kanische Natur des Landes zwang zu unablässigem Kampf gegen Dürre, Wüstensand und
Wassernot. So wurden die Hirtenvölker, die vermutlich aus Libyen eingedrungen waren,
frühzeitig zu Ackerbauern, begabt mit scharfem Verstand und zu jeder Fertigkeit geschickt. Die
Notwendigkeit gemeinsamen Vorgehens in der regelmäßigen Bewirtschaftung des Über-
schwemmungsgebietes führte in früher Zeit zu einer Vielheit von Staatenbildungen.
Allen gemeinsam waren die religiösen Vorstellungen. In ältester Zeit glaubte das
Volk, daß die Götter in Tieren, gelegentlich auch in Pflanzen oder anderen leblosen Gegen-
ständen ihre Wohnsitze aufgeschlagen hätten. Daher wurden viele Tiere als Verkörpercr der
Gottheiten verehrt. Der Tierkult führte zur Verbindung von Tier- und Menschenformen,
man gab den Göttern Tierköpfe oder setzte auf den Tierleib einen menschlichen Kopf. Da-
neben wurden auch die kosmischen Mächte, besonders die Sonne und der Mond verehrt. Da
an verschiedenen Orten allgemein verehrte Götter unter verschiedenen Gestalten vorgestcllt
wurden, wuchs das ägyptische Pantheon zu einer verwirrenden Menge von Göttern an. Be-
sonders verbreitet war der Kult des Osiris. Er war der König der Toten, von dem es hieß,
daß er vom Tode auferstanden wäre. Wie aber der Gott im Totenreich ein zweites Leben
führte, so hoffte der Ägypter, daß auch ihm das Totengericht des Osiris ein Weiterlcben zu-
billigen werde. Er glaubte, daß die Seele, die den Körper im Tode verläßt, fortfahren könne
zu leben, und er dachte sich die Seele als einen Vogel mit dem Kopfe des Menschen.
Ursprünglich hatten die Ägypter ihre Toten in hockender Stellung in die Grube gesenkt und
ihnen Schmuck, Waffen, Geräte mit ins Grab gegeben. Die Entwicklung des Totenkults
führte dazu, die Leichen vor der Verwesung durch Einbalsamieren mit fäulniswidrigen Stoffen
zu schützen und sic als festumwickelte Mumien in Särgen zu erhalten; die Eingeweide wurden
für sich verwahrt (Abb. 39). Da nun die Seele mit allen guten und bösen Eigenschaften des
Verstorbenen behaftet blieb, so daß sie sich bei ungebührlicher Behandlung an den Über-
lebenden rächen konnte, häufte man in den Gräbern die Spenden an Speise und Trank
und sorgte für alles, was die Seele den Gewohnheiten des Toten gemäß zum Wciterleben
brauchte. Auch die Frauen und Diener sollte der Tote im Jenseits nicht missen. In barba-
rischer Zeit hatte man dem Verstorbenen Menschenopfer dargebracht, die mildere Sitte späte-
rer, historischer Zeit begnügte sich damit, die Frauen und Sklaven durch Figuren aus Ton
oder Stein zu ersetzen. Und weil der Tote nur ein Schattendasein führen konnte, ersetzte
man auch die Nahrungsmittel durch Nachbildungen, lieferte Scheinbrote und anstatt der
mit kostbaren Steinen eingelegten goldenen Geräte schlichte Holzgefäße, die mit Stuck über-
zogen und mit Fayenceeinlagen auf vergoldetem Grund geschmückt waren.