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FUENFTES KAPITEL, m
DER KUENSTLERISCH ILLU-
STRIERTE BUCHUMSCHLAG.

Der papierene Heftumschlag stammt aus der zweiten Hälfte des achtzehnten
Jahrhunderts. Durch das lebendige Geistesleben jener Zeit begann
die litterarische Produktion gewaltig zu wachsen, was den Absatz der ein-
zelnen Bücher naturgemäss einschränken musste. Da sannen die Verleger
auf Verbilligung in der Herstellung des Buches und erfanden den Broschur-
Umschlag. Die Steigerung der schriftstellerischen Produktion hielt durch das
ganze neunzehnte Jahrhundert weiter an, bis sie in unseren Tagen eine schier
unermessliche Höhe erreicht hat, so dass heute ein einzelner den gesamten
Büchermarkt gar nicht mehr zu übersehen vermag. Durch diese Steigerung
der Bücher-Produktion und durch den immer fortschreitenden Verbilligungs-
prozess in der Herstellung des Buches, sank das einzelne Buch immer mehr
im Werte. So beklagenswert dieser Umstand für die Kunst am Buche uns
erscheinen mag-, so hat diese Entwickelung doch andererseits auch unzweifel-
haft ihre grossen Vorzüge; denn ohne sie hätten die Schöpfungen unserer
grossen Geistesheroen niemals ins Volk dringen können, ohne sie hätten
Volksbildung und Volksaufklärung nie so durchgreifend sich verbreiten
können. Aber wenn wir diese Dinge auch einerseits unbedingt anerkennen,
so können wir von unserem Standpunkt aus in dieser Entwickelung doch nur
eine Degeneration erkennen, vor allem wohl, weil wir ja heute mehr und
mehr einsehen lernen, dass sich ein Buch auch mit wenigen Mitteln schlicht
und geschmackvoll ausstatten lässt.
Der dünne Papier-Umschlag fand also immer grössere Verbreitung- und
verdrängte den kunstvoll gearbeiteten und den dauerhaften und festen Ein-
band, der bald nur noch in Ausnahmefällen — für Prachtwerke und Ge-
schenkbände — verwandt wurde. In den sechziger Jahren beherrscht der
einfarbige, meist gelbe oder rote, leicht satinierte Heftumschlag bereits die
gesamte Bücherproduktion.
Allerdings begann man schon in dieser Zeit den Heftumschlag, um ihn
seiner Nüchternheit zu berauben, hie und da mit Illustrationen zu bedrucken ;
wir sehen auf den Umschlägen zur Gartenlaube, zu
Schorers Familienblatt, Westermanns Monatsheften, dann
später bei Ueber Land und Meer, der Illustrierten Welt,
dem Buch für Alle entsetzlich triviale, kleinliche Zeich-
nungen ganz im Geschmack jener trostlos langweiligen
und spiessbürgerlichen Epoche, nichtssagende „ideale“
Landschaftsbildchen und allegorische Frauengestalten,
die bald als Symbol der Freiheit, bald als Symbol des
Fortschrittes, des Gewerbes, der Kunst, der Geschichte
u. s. w. auftraten, sanktionierte „antikische“ Modellpuppen
als Mädchen für alles in süsslichem Bonbonnièrenstil.
Gleichzeitig tauchten dann die farbig illustrierten Um-



Verlag von Albert Langen Paris.leipziq

Titelbl. von F. v. Reznicek.
Verlag Albert Langen, München.
 
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