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Grautoff, Otto; Rodin, Auguste [Ill.]
Rodin — Künstler-Monographien, Band 93: Bielefeld, Leipzig: Verlag von Velhagen & Klasing, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.55313#0013
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eines Franzosen. Zu Beginn des siebzehnten Jahrhunderts

Abb. 3. Der Mann mit der zerbrochenen Nase. (Zu Seite 18 u. 14.)

Z--LZ--8S-Z-S-Z-S-S--8S-Z-S-S-KLII 5
frühen Griechenland kongruenten Basis steht. Es kommt erst in zweiter Linie in
Betracht, daß sie rein formal, tektonisch betrachtet, im Gegensatz zu der Antike
sich entwickelte. Sie strebte die herrschenden, religiös-philosophischen Konventionen
auszufüllen, den Stein mit warmem Empfinden zu durchglühen; sie zeigt die ersten
Regungen des Individualismus, die in der Renaissance sich deutlicher ausprägten.
In der Spätgotik haben die lateinischen Rassenelemente der Franzosen schon ein-
mal, wie später im Rokoko, ihren besonderen Sinn für das Zarte, Sublime auf
die Spitze getrieben; die Gestalten treten nicht mehr fest auf, sie Hüpfen nur über
den Boden, huschen spitzig auf den Zehen dahin. Ganz unabhängig von Italien
durchbrach dann Frankreich selbständig, aus eigner Kraft, die kirchlichen Dogmen,
die Konventionen des Christentums. Auch diese Entwicklung vollzog sich ganz
logisch, folgemäßig und nicht ruckweise. So kam es, daß man nicht den Boden
unter den Füßen verlor, und als die italienische Invasion sich breit über Frank-
reich ergoß, waren die Künstler stark genug, um sich ihr nicht mit Haut und
Haaren auszuliefern, sondern sie zu verarbeiten. Aus Jean Goujons Kunst kann
man ebenso viele Faktoren der Gotik, wie der Antike und der Renaissance Italiens
herauslesen; er blieb aber vor allem und in jedem Betracht Franzose. Das Zarte,
Graziöse, Grazile seiner nackten Gestalten, der duftige Linienschwung seiner Körper,
die lieblichen Wellen seiner flatternden Gewänder sind echt französisch; auch sein
Reliefstil, der nur innerhalb der französischen Architektur denkbar ist, ist in erster
Linie die Erfindung
gibt der Südfranzose
Eoyzevor eine neue
Note. Die Kunst war
von jedem Zwang,
von jeder Konvention
frei geworden; der
neue Individualis-
mus hatte freie Bahn.
Puget griff mit lär-
mendem Pathos in
die Entwicklung ein.
Die Gebärden laden
weit aus. Das Thea-
tralische und Pathe-
tische zerreißt alle
ruhigenLinien, durch-
bricht alle versonne-
nen Mienen; ein un-
gebundenes Leben,
Unruhe und heißes
Empfinden wird aus
den Steinen heraus-
gemeißelt. Eine solche
Plastik konnte natur-
gemäß nicht mehr die
dienende Stellung in-
nerhalb der Architek-
tur innehalten; sie
brach aus der Archi-
tektur heraus und trat
im Freien in Grup-
penbildung auf. Um
dieses wirkungsvolle
 
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