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Grefe, Uta
Die Geschichte der Architekturfotografie des 19. Jahrhunderts: Architekturfotografie - Architekturmalerei — 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.27179#0052
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- 46 -

Neben der wissenschaftlichen Bedeutung der
Ballonfotografie sehen die Fotografen eine
Möglichkeit der Malerei überlegen zu sein,
indem sie mit ihren Kameras Blickwinkel wieder-
geben, "vor denen Zeichner und Maler kapitu-
lierten oder doch zurückscheuten" (139) •

Mit der Suche nach neuen Ausdrucksmitteln ent-
sprechen die Fotografen dem Verlangen der Zeit,
wie es sich beispielsweise kurz vorher in
Blechens und Menzels Dächerblicken oder auch
in der Literatur äußert (l4o). Die Entdeckung
neuer fremdartiger Motive resultiert aus einem
allmählichen Auflösungsprozeß des festgefügten
Weltbildes, das den Menschen durch die zunehmen-
de Bedeutung der Technik zu einem anderen Ver-
hältnis von Raum und Zeit kommen läßt (l4l).
Während die Stadtansichten und Stadtpläne seit
dem 15» und 16. Jahrhundert ein "Ineinander von
Aufsicht und Ansicht" zeigen und dabei den Regeln
der Zentralperspektive verhaftet bleiben (l42),
verstoßen die Luftaufnahmen gegen diese Gesetze
durch Ausschaltung der Vordergrundzone und durch
die auf eine Ebene projezierten, nebeneinander-
liegenden Objekte. Es wird auf diese Weise eine
ungewohnte Sicht ermöglicht, die den Bemühungen
in der bildenden Kunst um neue Darstellungs-
arten nahekommt und sie mit beeinflußt. Cezannes
Bilder werden beispielsweise als "unbetretbar" be-
zeichnet (l43), weil sie eine Vereinigung von Nah-
und Fernsicht zeigen. "Eine derartige Wahl des
Naturausschnittes, die auf vielen impressio-
nistischen Bildern vorkommt, war als Folge der
photographischen Perspektive in die Malerei
gelangt" (144).
 
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