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Grimm, Herman
Leben Michelangelo's (Band 1): bis zum Tode Rafaels — Hannover, 1860

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https://doi.org/10.11588/diglit.2892#0176
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168 Leben Michelangelo's. Viertes Capitel.

vorhanden, sie zu sagen. Das Gefühl des Ewigen, Unver-
gänglichen sollte ausgedrückt werden, das uns in Rom be-
schleicht; das Gesühl, als sei die Erde ein großes Reich und
hier sein Mittelpunkt; die Liebe zu dieser Stadt aller Städte.
Jch bin kein Katholik und spüre nichts von romantischer Ver-
ehrung von Papst und Kirche in mir, aber leugnen kann ich
das allmächtige Heimathsgefühl nicht, das mich in Rom er-
griffen hat und die Sehnsucht dahin zurück, die ich nie ver-
lieren werde. Die Jdee, daß der junge Michelangelo, voll
vom Geräusche dxs fanatisch bewegten Florenz, in dieses Rom
vom Schicksal geleitet wird und zum ersten Male den Boden
betritt, wo das verworfenste Treiben dennoch von der stillen
Größe der Vergangenheit überragt wurde, hat etwas Frucht-
bares, Gedankenerweckendes in sich. Es war der erste Schritt
seines wirklichen Lebens, den er that. Vorher ließ er sich
hin- und herleiten von Menschen und von den eigenen un-
klaren Absichten, jetzt auf sich selber angewiesen, nimmt er
einen neuen Anlaus für seine Zukunft, und das, was er hervor-
bringt, eröffnet die Reihe seiner Meisterwerke.

2.

Welcher Art die schönen Sachen gewesen sind, von denen
er gegen den Cardinal äußerte, daß sie in Rom vorhanden
wären, läßt sich heute kaum bestimmen. Die Ausbeute des
reichen Bodens hatte begonnen und viel war gefunden wor-
den, allein die Entdeckung der meisten Antiken, welche heute
als die Prachtstücke der Sammlungen bekannt sind, fällt
in spätere Zeiten; andererseits ist von dem, was sich im
sünszehnten und sechzehnten Jahrhundert in Rom angehäuft
 
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