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Grimm, Herman
Leben Michelangelo's (Band 1): bis zum Tode Rafaels — Hannover, 1860

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https://doi.org/10.11588/diglit.2892#0228
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220 Leben Michelangelo's. Viertes Capitel.

Windftoß trieb sie noch einmal plötzlich zur Seite, einen
Moment lang glaubten die Piagnonen, ein Wunder werde
sich ereignen. Doch schon hatte sie das Feuer wieder verhüllt,
und bald stürzten sie mit dem brennenden Gerüste in die
Gluth nieder. Jhre Asche wurde von der alten Brücke herab
in den Arno geschüttet. Welche Gedanken müssen Savona-
rola's Seele bewegt haben, als das Volk, das er Jahre lang
gespornt oder gezügelt hatte, das er so völlig mit seinen
Lippen beherrschte, stumpf und theilnahmlos umherstand.

7.

Das Härteste, dessen man Savonarola beschuldigt hat, ist
der Vorwurf, er habe seine Partei angestachelt, ihre Gegner
mit Gewalt aus dem Wege zu räumen. Dies sagt Macchia-
velli. Es sei nur darum nichts daraus geworden, behauptet er,
weil das Volk seine Andeutungen nicht scharf genug verstanden
habe. Darauf ist zu antworten, daß die Piagnonen zu ver-
schiedenen Malen im Begriff standen, mit den Waffen drein-
zuschlagen, und daß Savonarola sie zurückhielt. Es ist femer
zu erwiedern, daß Macchiavelli, dessen Unbefangenheit in an-
deren Fällen so bewundenmgswürdig erscheint, sich dennoch
diesem Manne gegenüber vom Haß der Partei zu einseitigen
Behauptungen versühren ließ. Er gehörte zu denen, die Sa-
vonarola für einen bewußten Lügner hielten und nach Rom
über ihn in diesem Sinne berichteten. Das älteste Schrift-
stück, das wir von Macchiavelli hahen, ist ein Brief über Vor-
gänge aus jenen stürmischen Tagen. Der gründlichste Haß ath-
met aus diesem Schreiben. Macchiavelli war damals noch nicht
dreißig Jahre alt und eben in den Staatsdienst eingetreten?"
 
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