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Grimm, Herman
Leben Michelangelo's (Band 1): bis zum Tode Rafaels — Hannover, 1860

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https://doi.org/10.11588/diglit.2892#0477
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Anmerkungen.

469

Dies ist geradezu falsch. Die Stelle lautet (?»S8.1, 533; er druckt
den Brief hinten am Buche selbst ab): Volln 6-iIutsu mi tsrrei nn
Arun innsstro ss vi tossero Ig. inotü cksllo ooss oiio V. 8. mi
sorivo, eto. Daß mit dem Namen Galatea hier das Bild in der Far-
nesina bezeichnet sei, ist eine Annahme, zu der nicht eine Silbe im
Briefe die Erlaubniß giebt.

Es bliebe nur ein Grund, das Gemälde in der Farnesina trotz
alledem „Galatea" zn nennen: das Zeugniß Vasari's, der ihm diesen
Namen giebt. Wir wären jedoch, glaube ich, berechtigt, einen der viel-
fachen, nachweisbaren Jrrthümer, deren Basari sich schnldig gemacht
hat, auch hier vorauszusetzen, wenn nicht das Eine zu seinen Gunsten
spräche, daß in der That keiu anderes Bild Rafaels existirt, welches
den Namen Galatea trägt. Dies allein berechtigt uns zu der Ver-
muthung, Rafael habe in seinem Briefe an Eastiglione auf das Ge-
mälde in der Farnesrna angespielt.

Nannte man aber wirklich in Rom das Bild In Knlnton, obgleich
es die Venus darstellte, woher stammt die sonderbare Umtause? Die
einfachste Erklärung ist die, daß man einer der anderen weiblichen Ge-
stalten, die sich auf der großen Composition finden, einer von den
Nymphen, die das Gefolge der Vcnus bilden, den Namen Galatea
gab und daß dann nach ihr das ganze Bild titulirt wurde, wie ja
nicht selten auch Theaterstücke ihren Titel vom Namen einer Neben-
person empfangen. —

Darauf hin will ich eine Conjectur wagen. Vorn links auf dem
Bilde sehn wir in den Armen eines Tritonen eine weibliche Gestalt,
die, größer als Venus selber, fast so gut als fie die Hauptperson der
ganzen Scene sein k'önnte. Apulejus sagte: ot kortuuus esorulis
dnrtzis kisxickus et Arnvis xisooso siuu 8nlnoin. Rafael hat ofsen-
bar die Stelle so verstanden, als bedeutete sie: „Portunus, der die
strenge Salacia in seinem fischhaften Schooße HLlt," eine Situation,
die wir auf dem Gemälde genau wiedergegeben finden. Sollte die
unbekannte, selten vorkommende Nymphe 8nlnoia (8nlsom in Rom
ausgesprochen) zur Galatea geworden sein? Noch einmal, ich gebe es
für nicht mehr als einen Einfall.

62) S. 446. Die Kenntniß der lateinischen Sprache war in jenen Zeiten
etwas fo Gewöhnliches, wie bei uns die der französtschen oder engli-
 
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