Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Grimm, Herman
Albrecht Dürer — Berlin: Lüderitz, 1866

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.48482#0028
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
24

etwas Grausames sah, denn sie forderte das Weihwasser und
hatte vorher doch lange nit geredet, also brachen ihr die Angen.
Ich sah auch, wie ihr der Tod Zwei große Stöße an's Herz
gab und wie sie Mund und Augen znthat nnd verschied mit
Schmerzen. Ich betete ihr vor, davon hab ich solche Schmerzen
gehabt, daß ich es nit aussprechen kann, Gott sei ihr gnädig.
Ihr gemeine Freude ist gewesen, von Gott zu reden, und sah
gern die Ehre Gottes, und sie war im 63 Jahr da sie starb,
nnd ich habe sie ehrlich nach meinem Vermögen begraben lassen.
Gott der Herr verleihe mir, daß ich auch ein seliges Ende
nehme, und daß Gott mit seinen himmlischen Heeren, mein
Vater, Mutter und Freunde zu meinem Ende wollen kommen,
und daß uns der allmächtige Gott das ewige Leben gebe. Amen.
Und in ihrem Tod sah sie viel lieblicher, denn da sie noch das
Leben hatte."
Ich habe Dürer's Sprache in dieser Stelle nur unbedeu-
tend der heutigen näher gebracht: Jedermann wird ans ihr
herausfühlen, mit welcher Liebe er an seiner Mutter hing, von
der kein Bild, soviel ich mich erinnere, vorhanden ist, obgleich
er sie sicher mehr als einmal portraitirte.
Nun betrachten wir seinen Vater, den er zweimal gemalt
hat, ein alter, klugblickeuder Mann mit einem Käppchen in der
Hand. Und dann Wohlgemuth's Portrait, mit aller erdenk-
lichen Sorgfalt die vom Alter ausgemergelteu Züge wieder-
gebend. Es bedürfte auch hier der Worte nicht, mit denen
Durer, vor dem der Mutter, den Tod des Vaters beschreibt:
wenn irgend etwas von der Liebe nnd Treue seines Gemüthes
Kunde giebt, so sind es diese Portraits.
Es ist keine Kleinigkeit, Menschen darzustellen, wie sie
wirklich sind. Wir haben, wenn wir den Bereich der modernen
Malerei überblicken, eine Reihe Portraits ersten Ranges, die
 
Annotationen