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im I6ten und 17reu Jahrhundert in Spanien und den Nieder-
landen allmächtig war. Rembrandt dagegen ist der Geschichts-
schreiber der niederländischen Freiheit. Nehme mau doch Alles
was die napoleonische Epoche an Kunstwerken hervorgebracht
hat: keiner von diesen französischen Malern ist im Stande ge-
wesen, ein wirklich historisches Portrait zu liefern.
Jene aber dichteten in ihren Bildnissen. Dürer's gewalti-
ger Kaiser Karl, dessen Antlitz er erfunden hat zu dem pracht-
vollen Ornate, in dessen Mitte es thront: enthält es nicht so
durchaus was Geschichte, Poesie und Sagen in uns haben ent-
stehen lassen zu einem Gedankenbilde des großen Kaisers? Ist
es nicht ein Typus des gewaltigen, damals fabelhaften Helden,
der wie eine Art Halbgott als Urquell aller deutschen Macht,
Herrlichkeit und Historie dastand? Wie ein Sankt Gotthard,
aus dessen geheimen Felseuklüften der deutsche Rhein hervor-
bricht, die große Mittelader Deutschlands damals noch, und
nicht die Grenze wie heute.
Betrachten wir Dürer's Portraits und all seine Gemälde
jedoch rein als Kunstwerke, so wäre es eine Verblendung, das
Mangelhafte darin nicht zu gewahren. Seine Treue geht oft
ins Kleinliche. Er malt das sich spiegelnde Fensterkreuz im
Auge. Hat Rubens in kühnen Pinselzügen, oder Titian in
dem Farbengewühl seiner lebten Arbeiten, einen prachtvollen
Anschein von Natur hervorgebracht, der, wenn wir vergleichen
wollten, in keinem Punkte Uebereinstimmung zeigte; so liefert
Dürer, im entgegengesetzten Extrem, Zuweilen etwas Mikro-
skopisches. Nicht die pedantische Ausführlichkeit, die Denner
auszeichnet, dessen Portraits aus den Effekt berechnete Bravour-
stücke pünktlicher Nachahmung der Gesichtsoberfläche sind, wohl
aber eine Gewissenhaftigkeit finden wir bei Dürer, die zuviel
thut. Es geht ibm die Beherrschung der technischen Mittel
im I6ten und 17reu Jahrhundert in Spanien und den Nieder-
landen allmächtig war. Rembrandt dagegen ist der Geschichts-
schreiber der niederländischen Freiheit. Nehme mau doch Alles
was die napoleonische Epoche an Kunstwerken hervorgebracht
hat: keiner von diesen französischen Malern ist im Stande ge-
wesen, ein wirklich historisches Portrait zu liefern.
Jene aber dichteten in ihren Bildnissen. Dürer's gewalti-
ger Kaiser Karl, dessen Antlitz er erfunden hat zu dem pracht-
vollen Ornate, in dessen Mitte es thront: enthält es nicht so
durchaus was Geschichte, Poesie und Sagen in uns haben ent-
stehen lassen zu einem Gedankenbilde des großen Kaisers? Ist
es nicht ein Typus des gewaltigen, damals fabelhaften Helden,
der wie eine Art Halbgott als Urquell aller deutschen Macht,
Herrlichkeit und Historie dastand? Wie ein Sankt Gotthard,
aus dessen geheimen Felseuklüften der deutsche Rhein hervor-
bricht, die große Mittelader Deutschlands damals noch, und
nicht die Grenze wie heute.
Betrachten wir Dürer's Portraits und all seine Gemälde
jedoch rein als Kunstwerke, so wäre es eine Verblendung, das
Mangelhafte darin nicht zu gewahren. Seine Treue geht oft
ins Kleinliche. Er malt das sich spiegelnde Fensterkreuz im
Auge. Hat Rubens in kühnen Pinselzügen, oder Titian in
dem Farbengewühl seiner lebten Arbeiten, einen prachtvollen
Anschein von Natur hervorgebracht, der, wenn wir vergleichen
wollten, in keinem Punkte Uebereinstimmung zeigte; so liefert
Dürer, im entgegengesetzten Extrem, Zuweilen etwas Mikro-
skopisches. Nicht die pedantische Ausführlichkeit, die Denner
auszeichnet, dessen Portraits aus den Effekt berechnete Bravour-
stücke pünktlicher Nachahmung der Gesichtsoberfläche sind, wohl
aber eine Gewissenhaftigkeit finden wir bei Dürer, die zuviel
thut. Es geht ibm die Beherrschung der technischen Mittel