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Grimm, Herman; Grimm, Herman [Hrsg.]
Fragmente (Band 1,1) — Berlin, Stuttgart: Spemann, 1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.47241#0275
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tat dieses Gefühls. Für die Romantiker des Griechenthums
barg die griechische Sprache unerschöpfliche Geheimnisse des
Inhalts- und des Gedankenausdruckes; die griechische bildende
Kunst und Dichtung unergründliche Schönheit; das griechische
Staatsleben war das herrlichste Beispiel nationaler Entwick-
lung. Nur dem ahnenden Geiste offenbarte sich das, aber es
wurde an diese Ahnungen geglaubt. All das liegt abseits
vom Wege heute. Es erweckt noch bei Vielen hohes Inter-
esse, bei sehr Wenigen aber Begeisterung. Nicht einmal in
unsere eigenen deutschen Alterthümer versenken wir uns heute
noch mit der ehemaligen Andacht. Das Gefühl, daß das
bisher Geschehene, von der unsicheren Urzeit an bis heute,
nur eine Vorrede zum eigentlichen Texte der Menschheits-
geschichte sei, beherrscht die heutige Generation. Die spär-
lichen Ueberbleibsel des einstigen griechischen Daseins werden
von den höheren Völkern zwar andauernd noch mit Aufwand
hoher Summen eifrig gesucht, untersucht und verehrt, die
Masse aber richtet nicht mehr in scheuem Respecte ihre Blicke
darauf. Olympia, Pergamon, Mykene und Troja sind keine
Namen mehr, die Sensation machen. Die gelehrten Bemü-
hungen von Winckelmann bis Curtius bilden für den Ge-
schichtsschreiber der Literatur ein erhebendes Jahrhundert für
sich, sind aber abgeschlossen. Was Curtius gelebt und ge-
schaffen hat, gehört diesem abgethanen Jahrhunderte an.
Deshalb nun aber, weil die Herrschaft der griechischen Archäo-
logie heute versunken ist: gerade deshalb werden Curtius'
„Peloponnes" und seine „Griechische Geschichte" als einzig
in ihrer Art bestehen bleiben. Nur das geistige Klima, in
dem Curtius' Anschauungen sich entfalteten, vermochte die
süßen Früchte zu zeitigen, die er erntete. Ohne seinen Ritt
 
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