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zwar streben sie darnach. Lieber schweigen als verschleiern.
Es ist der auf das Wirkliche gerichtete Lebenstrieb ein ge-
meinsames Merkmal dieser diese Berge bewohnenden großen
Familie. Wie grausam wahrhaftig ist die Angst dem flüch-
tigen Karl von Burgund von Burnand auf die Stirne ge-
prägt. Böcklin bewegt sich so gern in phantastischer Ge-
staltenformung, seine Nixen und Meergötter aber, welchen
echten Fischmarktsgeruch haben sie! Der zarte, mit leisen
Fingern die Dinge nur antippende Conrad Ferdinand Meyer,
wie weiß auch er mit dem Athem fürchterlich bedrängender
Momente uns zu umgeben! Alles, was sie schildern, erfüllt
die klare Höhenluft ihrer Berge und zeigt es in weiter
Ferne und in nächster Nähe zugleich wie es ist. Ich wieder-
hole das Wort „grausam". „Raffinirt" würde viel
böser klingen. Auch Schiller wird diese künstlerische Ge-
sinnung zum Vorwurf gemacht von Goethe, wo er erzählt,
Schiller habe bei seiner Bühneneinrichtung des „Egmont"
den Herzog Alba zuletzt im Hintergründe erscheinen lassen
wollen.
Zwei Umstände machen Frey's Todtentanz noch grau-
samer als den Holbein's. Holbein gibt in seinen Scenen,
wie bei denen der Passion, nur letzte, für seine Zeit moderne
Scenen althergebrachten Inhaltes und mildert dadurch den
Eindruck. Bei Frey aber begegnen wir den Bildern zum
ersten Male. In ihrer überraschenden Fassung liegt ein
großer Theil ihrer künstlerischen Wirkung. Colorit, Stim-
mung, scenischer Aufbau: Alles ist neu. Der Eindruck der
Holbein'schen Erfindungen empfängt etwas Beruhigendes
durch die nebenherlaufende innere Betrachtung: es sei nun
 
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