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einmal nicht anders, daß der-Tod dann eintrete, wenn der
Mensch es am wenigsten erwarte. Der Tod selber als
handelnde Person erscheint als Werkzeug der unaufhaltbaren
Naturmacht, die alles Geschaffene dann zerstört, wenn die
Pläne der Vorsehung es verlangen, das Gerippe versieht
seinen altgewohnten Dienst wie Leichenfuhrmann und Todten-
gräber. Frey's Gestalt des Todes aber ist individuell. Er
ist ein Würger. Er paßt den Menschen auf und fällt sie
hinterrücks an. Durch die äußerst lebendige Malerei des
Vorganges hinterläßt diese aus vielen Bildern bestehende
Dichtung den Eindruck, als umschleiche den Menschen ein
unbarmherziger Beamter des Schicksals, das an dem
Schrecken, welchen es verbreitet, persönlichen Antheil habe.
Adolf Frey's „Gedichte" enthalten auch manche Scenen, die
diesen Weg nehmen zu wollen scheinen, ihn niemals aber
bis zu Ende gehen. Sie bieten neben harten historischen
Bildern so viel Sanftes, Versöhnliches, daß beide Stim-
mungen in einander fließen. Dasselbe doppelte Wesen waltet
in Böcklin's Malerei. Frey's Todtentanz würde in ihm
einen flüssigen Illustrator finden. Frey hat übrigens einen
Vorgänger, der zwischen ihm und Holbein die Mitte hält:
Rethel, bei dem das Element der persönlichen Genugthuung
des Todes nicht fehlt. Als Repräsentant der Cholera jedoch
erfüllt er in Rethel's Darstellungen eine weltgeschichtliche
Mission wie der Tod auf dem Schlachtfelde. Da darf nun
gesagt werden, worin Dürer Holbein hier überragt. Dürer's
„Christlicher Ritter", ein Stich, der bekannter ist unter dem
Titel „Ritter, Tod und Teufel", birgt einen höheren Ge-
danken. Er zeigt den in seinen letzten Hoffnungen unbe-
einmal nicht anders, daß der-Tod dann eintrete, wenn der
Mensch es am wenigsten erwarte. Der Tod selber als
handelnde Person erscheint als Werkzeug der unaufhaltbaren
Naturmacht, die alles Geschaffene dann zerstört, wenn die
Pläne der Vorsehung es verlangen, das Gerippe versieht
seinen altgewohnten Dienst wie Leichenfuhrmann und Todten-
gräber. Frey's Gestalt des Todes aber ist individuell. Er
ist ein Würger. Er paßt den Menschen auf und fällt sie
hinterrücks an. Durch die äußerst lebendige Malerei des
Vorganges hinterläßt diese aus vielen Bildern bestehende
Dichtung den Eindruck, als umschleiche den Menschen ein
unbarmherziger Beamter des Schicksals, das an dem
Schrecken, welchen es verbreitet, persönlichen Antheil habe.
Adolf Frey's „Gedichte" enthalten auch manche Scenen, die
diesen Weg nehmen zu wollen scheinen, ihn niemals aber
bis zu Ende gehen. Sie bieten neben harten historischen
Bildern so viel Sanftes, Versöhnliches, daß beide Stim-
mungen in einander fließen. Dasselbe doppelte Wesen waltet
in Böcklin's Malerei. Frey's Todtentanz würde in ihm
einen flüssigen Illustrator finden. Frey hat übrigens einen
Vorgänger, der zwischen ihm und Holbein die Mitte hält:
Rethel, bei dem das Element der persönlichen Genugthuung
des Todes nicht fehlt. Als Repräsentant der Cholera jedoch
erfüllt er in Rethel's Darstellungen eine weltgeschichtliche
Mission wie der Tod auf dem Schlachtfelde. Da darf nun
gesagt werden, worin Dürer Holbein hier überragt. Dürer's
„Christlicher Ritter", ein Stich, der bekannter ist unter dem
Titel „Ritter, Tod und Teufel", birgt einen höheren Ge-
danken. Er zeigt den in seinen letzten Hoffnungen unbe-