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Grimm, Herman
Fragmente (Band 2): Zweiter und letzter Theil — Berlin, Stuttgart: Spemann, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.47243#0267
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hundert nun schlucken zu wollen, so daß der Versuch, Goethe,
Schiller und Herder vom Berliner Gesichtspunkt aus zu
behandeln, Aussicht auf Erfolg haben würde.
Es war früher immer ein für Walter Robert-tornow
festlicher Tag, wenn er mit einer neuen Auflage der „Ge-
flügelten Worte" erschien. Schon durch die Einbände, in
denen er die mühsam abermals vollendete Arbeit producirte,
zeigte sich der Werth, den er darauf legte. Dann gab er
mündlich die Hinweise auf neuen Zuwachs und beschrieb,
auf welchen Wegen er ihn erreichte. Aeußerst verschlungene
Pfade oft, die ihn von einem Buche zum anderen und end-
lich zur entscheidenden Quelle gelangen ließen. Niemand
wußte sich mit eigenen Worten so graciös selbst zu be-
leuchten wie er, und Niemandem wurde so gern in williger
Einstimmung Verzeihung dafür gewährt. Hätte er einen
einzigen Tag im Jahre doch nur mit gestreckten Gliedmaßen
herumgehen dürfen wie wir Anderen! Wir suchten ihn für
diese stiefmütterliche Bösartigkeit der Natur zu entschädigen,
die ihn zusammengedrückt und sogar den freien Athem ver-
kürzt hatte, bis sie endlich ihm auch dies karge Geschenk
entzog.
Männer dieser Art pflegen mit scharf nachspürender
Kritik beschenkt zu sein. Schon zu Büchmann's Lebzeiten
war Robert-tornow sein bester Mitarbeiter gewesen. Nach
Büchmann's Tode übernahm er, von diesem dazu bestimmt,
das Werk und machte es in unablässigem Aufsuchen neuen
Materiales fast zu seinem eigenen. Bei jeder neuen Auf-
lage berechnete er den Zuwachs. Immer bleibt bei Samm-
lungen dieser Art ja neues Material im Dunkel, das all-
 
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