hinzu, um den Saal größer erscheinen zu lassen. In eine platte Nachahmung natürlicher Gesteins-
gruppen und Meerszenerien verfiel man nicht. Daviler, der für die innere Ausstattung maritime
Ornamente, Versteinerungen und Muschelkränze empfiehlt, fügt — obwohl er die Grotte als
eine Nachahmung der Höhlen im Gebirge bezeichnet — hinzu, daß alles solle sein, ,,sans confusion
afin que l’Architecture ne perde point sa forme nonobstant la Rocaille“.
Pallissy, dessen berühmte keramische Kunststücke einen außergewöhnlich verwilderten
Geschmack bezeugen, hat im „Jardin delectable“ allerdings das Äußere der Kabinette aus un-
behauenen Felsstücken gewünscht, „so daß es nicht den Eindruck eines Gebäudes mache“.1)
Salomon de Caus bewegt sich in derselben Richtung, wenn er in den „Forces mouvantes“ ein
künstliches, durchaus naturalistisch gebildetes Gebirge abbildet, das für die Mitte eines Gartens
geplant ist und im Inneren einige Grotten enthalten soll. Von diesen Produkten gilt dasselbe
wie von der „Fontana rustica“. Es sind Vorboten der stilistischen Auflösung der Gartenkunst
überhaupt. Immerhin bleiben diejenigen Fassaden, die trotz naturalistischen Details, dem Inneren
entsprechend, eine architektonische Haltung bewahren, bis zuletzt in der Überzahl2). Furtten-
bach entwirft, durch die erwähnte Grotte in Genua angeregt, eine Fassade, an der „Säulen,
Gesimse und alles Spacium mit Christall, Korallen, Scolia und Schnecklin alla Mosaicha ein-
gelegt werden sollen“.3) In der Regel hat man sich draußen — namentlich im nördlichen Klima —
auf Stein- und Stuckdekoration beschränkt (Versailles). Hierbei spielt vor allem ein tropfstein-
artiges Muster eine Rolle, mit den man Säulen umbändert, Schlußsteine verkleidet und ganze
Wandflächen und Nischen überzieht. Diese besondere Gartenrustica, die sich nicht nur an Ge-
bäuden, sondern auch an Figurensockeln, Vasen usw. findet, ist charakteristisch für die Art,
wie man Motive aus der Natur so umbildet, daß die Erinnerung an das Vorbild unmittelbar
lebendig bleibt. Die Vorstellung, daß Derartiges in dieser Umgebung wirklich gewachsen sein
könnte, mag mitklingen, und als habe man hier die Formlosigkeit des natürlichen Wuchses
nach dem nämlichen Prinzip reguliert, mit dem die Schere an der Heckenwand arbeitet.
2. GARTENFASSADEN. Seitdem der Garten einen engen Bund mit der Architektur schließt,
seine Komposition in immer strengere Gefolgschaft des Wohngebäudes tritt, zeigt auch dieses
dem Garten gegenüber ein neues Gesicht. In seiner Gegenwart weicht die abwehrende Ver-
schlossenheit und offizielle Miene, die der Palast der Außenwelt gegenüber annimmt. Der
heitere und festliche Charakter des Gartens überträgt sich auf die ihm zugewendete Front.
Das kommt auf zweierlei Weise zum Ausdruck: i. In einem möglichst weiten Öffnen der
Fassade, 2. in einer reichen Dekoration der geschlossenen Flächen.
1. In Italien öffnet sich der Palast wie nach dem Hof ebenso nach dem Garten oft durch
alle Stockwerke hindurch in Loggien. Der Pal. Piccolomini in Pienza, einer der frühsten Zeugen
für den Zusammenschluß von Garten und Haus, wendet sich mit drei offnen Hallen übereinander
zum Garten. Ebenso der Pal. Farnese und der Pal. de Firenze in Rom.4) Ein besonders
schönes Beispiel für die freudige Begegnung zwischen Garten und Wohngebäude der Pal.
Doria in Genua (1529): vor dem Erdgeschoß eine Säulenhalle, die mit zwei Flügeln in den Garten
U Eine Aufzählung seiner „emaillierten“ Grotten bei Geymüller a. a. O. 194. — 2) Eine Polemik gegen
die alte Grottengestaltung bei Krünitz, Oecon. Encyclop. XVI. 257. — 3) An der Grotte im Boboli-
garten sind Archivolte, Gesims und Giebel aus Tropfstein, die Fläche über den Kämpfern mit Muschel-
ornament und Stukkaturen überzogen (Gurlitt, Gesch. d. Bar, 240.) — 4) Burckhardt, Gesch. d. Renaiss.
2. Aufl., S. 170 f.
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gruppen und Meerszenerien verfiel man nicht. Daviler, der für die innere Ausstattung maritime
Ornamente, Versteinerungen und Muschelkränze empfiehlt, fügt — obwohl er die Grotte als
eine Nachahmung der Höhlen im Gebirge bezeichnet — hinzu, daß alles solle sein, ,,sans confusion
afin que l’Architecture ne perde point sa forme nonobstant la Rocaille“.
Pallissy, dessen berühmte keramische Kunststücke einen außergewöhnlich verwilderten
Geschmack bezeugen, hat im „Jardin delectable“ allerdings das Äußere der Kabinette aus un-
behauenen Felsstücken gewünscht, „so daß es nicht den Eindruck eines Gebäudes mache“.1)
Salomon de Caus bewegt sich in derselben Richtung, wenn er in den „Forces mouvantes“ ein
künstliches, durchaus naturalistisch gebildetes Gebirge abbildet, das für die Mitte eines Gartens
geplant ist und im Inneren einige Grotten enthalten soll. Von diesen Produkten gilt dasselbe
wie von der „Fontana rustica“. Es sind Vorboten der stilistischen Auflösung der Gartenkunst
überhaupt. Immerhin bleiben diejenigen Fassaden, die trotz naturalistischen Details, dem Inneren
entsprechend, eine architektonische Haltung bewahren, bis zuletzt in der Überzahl2). Furtten-
bach entwirft, durch die erwähnte Grotte in Genua angeregt, eine Fassade, an der „Säulen,
Gesimse und alles Spacium mit Christall, Korallen, Scolia und Schnecklin alla Mosaicha ein-
gelegt werden sollen“.3) In der Regel hat man sich draußen — namentlich im nördlichen Klima —
auf Stein- und Stuckdekoration beschränkt (Versailles). Hierbei spielt vor allem ein tropfstein-
artiges Muster eine Rolle, mit den man Säulen umbändert, Schlußsteine verkleidet und ganze
Wandflächen und Nischen überzieht. Diese besondere Gartenrustica, die sich nicht nur an Ge-
bäuden, sondern auch an Figurensockeln, Vasen usw. findet, ist charakteristisch für die Art,
wie man Motive aus der Natur so umbildet, daß die Erinnerung an das Vorbild unmittelbar
lebendig bleibt. Die Vorstellung, daß Derartiges in dieser Umgebung wirklich gewachsen sein
könnte, mag mitklingen, und als habe man hier die Formlosigkeit des natürlichen Wuchses
nach dem nämlichen Prinzip reguliert, mit dem die Schere an der Heckenwand arbeitet.
2. GARTENFASSADEN. Seitdem der Garten einen engen Bund mit der Architektur schließt,
seine Komposition in immer strengere Gefolgschaft des Wohngebäudes tritt, zeigt auch dieses
dem Garten gegenüber ein neues Gesicht. In seiner Gegenwart weicht die abwehrende Ver-
schlossenheit und offizielle Miene, die der Palast der Außenwelt gegenüber annimmt. Der
heitere und festliche Charakter des Gartens überträgt sich auf die ihm zugewendete Front.
Das kommt auf zweierlei Weise zum Ausdruck: i. In einem möglichst weiten Öffnen der
Fassade, 2. in einer reichen Dekoration der geschlossenen Flächen.
1. In Italien öffnet sich der Palast wie nach dem Hof ebenso nach dem Garten oft durch
alle Stockwerke hindurch in Loggien. Der Pal. Piccolomini in Pienza, einer der frühsten Zeugen
für den Zusammenschluß von Garten und Haus, wendet sich mit drei offnen Hallen übereinander
zum Garten. Ebenso der Pal. Farnese und der Pal. de Firenze in Rom.4) Ein besonders
schönes Beispiel für die freudige Begegnung zwischen Garten und Wohngebäude der Pal.
Doria in Genua (1529): vor dem Erdgeschoß eine Säulenhalle, die mit zwei Flügeln in den Garten
U Eine Aufzählung seiner „emaillierten“ Grotten bei Geymüller a. a. O. 194. — 2) Eine Polemik gegen
die alte Grottengestaltung bei Krünitz, Oecon. Encyclop. XVI. 257. — 3) An der Grotte im Boboli-
garten sind Archivolte, Gesims und Giebel aus Tropfstein, die Fläche über den Kämpfern mit Muschel-
ornament und Stukkaturen überzogen (Gurlitt, Gesch. d. Bar, 240.) — 4) Burckhardt, Gesch. d. Renaiss.
2. Aufl., S. 170 f.
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