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wie man so oft behauptet, von dem Klima oder von der Race
ab, so müsste er wenigstens bei den Australiern und den Hyper-
boräern grundverschieden sein. — Die Beziehungen zwischen
primitiver Production und Decoration lassen sich jedoch auch
im Einzelnen nachweisen. Die ornamentalen Motive, welche
die Jägerstämme der Natur entlehnt haben, bestehen fast aus-
schliesslich in thierischen und menschlichen Formen. Sie wählen
also gerade diejenigen Erscheinungen, welche für sie das höchste
praktische Interesse haben. Die Sorge für die Pflanzenkost,
die er freilich nicht entbehren kann, überlässt der primitive
Jäger als ein niedriges Geschäft den Weibern: —• er selbst
schenkt den Pflanzen keine besondere Beachtung. Auf diese
Weise erklärt es sich, dass man in seiner Ornamentik auch
nicht eine Spur der Pflanzenmotive entdeckt, die sich in der
Decorationskunst der civilisirten Völker so reich und anmuthig
entfaltet haben1. Wir haben schon bemerkt, dass dieser Gegen-
satz eine tiefere Bedeutung hat. Der üebergang vom Thier-
zum Pflanzen-Ornamente ist in der That das Symbol des grössten
Fortschrittes, der sich in der Kulturgeschichte vollzogen hat,
des Ueberganges von der Jagd zum Ackerbau. Dieser Satz
darf freilich nicht so verstanden werden, als ob sich der Ueber-
gang zum Pflanzenornamente gleichzeitig mit dem Uebergange
zum Ackerbau vollzogen hätte. Bei den primitiven Ackerbauern
entwickelt sich die Ornamentik vielmehr zunächst in der Weise
weiter, dass die technischen Motive mannichfaltiger und sorg-
fältiger ausgebildet werden, während die naturalistischen Motive
in conventionellen Formen erstarren und verhältnissmässig zu-
rücktreten. Das Pflanzenornament wird, soviel wir wissen, nur
von einem einzigen Volke dieser Stufe gepflegt, von den Dayaks
1 Es ist bekannt, dass sich die primitiven Menschen fast niemals
mit Blumen schmücken. Und doch prangt die Heimath der Buschmänner
und der Australier zu Zeiten im buntesten und reichsten Blüthenflore.
Nur die unglücklichen Tasmanier machten eine Ausnahme. Bonwick
wenigstens erzählt, dass sie sich gern mit Blumen schmückten und auch
auf ihre Gräber Blüthen streuten.
wie man so oft behauptet, von dem Klima oder von der Race
ab, so müsste er wenigstens bei den Australiern und den Hyper-
boräern grundverschieden sein. — Die Beziehungen zwischen
primitiver Production und Decoration lassen sich jedoch auch
im Einzelnen nachweisen. Die ornamentalen Motive, welche
die Jägerstämme der Natur entlehnt haben, bestehen fast aus-
schliesslich in thierischen und menschlichen Formen. Sie wählen
also gerade diejenigen Erscheinungen, welche für sie das höchste
praktische Interesse haben. Die Sorge für die Pflanzenkost,
die er freilich nicht entbehren kann, überlässt der primitive
Jäger als ein niedriges Geschäft den Weibern: —• er selbst
schenkt den Pflanzen keine besondere Beachtung. Auf diese
Weise erklärt es sich, dass man in seiner Ornamentik auch
nicht eine Spur der Pflanzenmotive entdeckt, die sich in der
Decorationskunst der civilisirten Völker so reich und anmuthig
entfaltet haben1. Wir haben schon bemerkt, dass dieser Gegen-
satz eine tiefere Bedeutung hat. Der üebergang vom Thier-
zum Pflanzen-Ornamente ist in der That das Symbol des grössten
Fortschrittes, der sich in der Kulturgeschichte vollzogen hat,
des Ueberganges von der Jagd zum Ackerbau. Dieser Satz
darf freilich nicht so verstanden werden, als ob sich der Ueber-
gang zum Pflanzenornamente gleichzeitig mit dem Uebergange
zum Ackerbau vollzogen hätte. Bei den primitiven Ackerbauern
entwickelt sich die Ornamentik vielmehr zunächst in der Weise
weiter, dass die technischen Motive mannichfaltiger und sorg-
fältiger ausgebildet werden, während die naturalistischen Motive
in conventionellen Formen erstarren und verhältnissmässig zu-
rücktreten. Das Pflanzenornament wird, soviel wir wissen, nur
von einem einzigen Volke dieser Stufe gepflegt, von den Dayaks
1 Es ist bekannt, dass sich die primitiven Menschen fast niemals
mit Blumen schmücken. Und doch prangt die Heimath der Buschmänner
und der Australier zu Zeiten im buntesten und reichsten Blüthenflore.
Nur die unglücklichen Tasmanier machten eine Ausnahme. Bonwick
wenigstens erzählt, dass sie sich gern mit Blumen schmückten und auch
auf ihre Gräber Blüthen streuten.