243
Menschen eine lange Nacht schickte, damit .sie den Segen des
Sonnenlichtes besser schätzen lernten. Daher heisst die Nacht
ebenso wie jene Raupe, gu-rug“ l. — Die Literatur der primitiven
Völker ist voll von Erzählungen dieser Art; und alle solche
Erzählungen sind ihrem wesentlichen Gehalte nach nicht poetisch.
Es ist allerdings höchst wahrscheinlich, dass sie auch poetische
Elemente enthalten; aber es ist uns unmöglich, dieselben aus-
zusondern. Infolgedessen bleibt uns Nichts anderes übrig, als
bei dem Studium der primitiven epischen Poesie vorläufig von
dieser ganzen Gruppe, ungeachtet ihrer poetischen Bestand-
theile, überhaupt abzusehen und uns ausschliesslich an die-
jenigen Geschichten zu halten, welche weder den Charakter
historischer Traditionen noch denjenigen wissenschaftlicher Er-
klärungen tragen. Leider können wir bei dieser Sonderung nicht
nach einem einzigen durchgehends gültigen Principe verfahren,
sondern wir müssen uns von Eall zu Fall entscheiden; und es
ist mehr als wahrscheinlich, dass wir dabei sehr häufig fehl
greifen werden. Das Schlimmste aber ist, dass unser ohnehin
schon dürftiges Material auf diese Weise ganz ausserordentlich
beschränkt wird. Die Erzählungen, welche Man unter den Min-
copie gesammelt hat, sind fast ausschliesslich mythisch ; und von
den australischen ist nur ein ziemlich geringer Theil unzweifel-
haft poetisch. Eine grosse Zahl der buschmännischen Thier-
märchen muss ebenfalls ausgeschieden werden. Nur von den
Geschichten der Eskimos dürfen wir eine beträchtliche Menge
als rein oder vorwiegend aus poetischen Motiven entstanden
betrachten. Einzig auf diesen kärglichen Rest bezieht sich die
folgende Charakteristik.
Die Erzeugnisse der primitiven epischen Poesie haben
sämmtlich nur einen bescheidenen Umfang. Monumentale Epen
wie die der Inder, Griechen und Germanen findet man auf dieser
Kulturstufe ebensowenig wie Pyramiden und Paläste. Die
Bausteine zu solchen Werken liegen allerdings hier und dort
1 Man. — Journ. Antlirop. Inst. XII, 172.
16*
Menschen eine lange Nacht schickte, damit .sie den Segen des
Sonnenlichtes besser schätzen lernten. Daher heisst die Nacht
ebenso wie jene Raupe, gu-rug“ l. — Die Literatur der primitiven
Völker ist voll von Erzählungen dieser Art; und alle solche
Erzählungen sind ihrem wesentlichen Gehalte nach nicht poetisch.
Es ist allerdings höchst wahrscheinlich, dass sie auch poetische
Elemente enthalten; aber es ist uns unmöglich, dieselben aus-
zusondern. Infolgedessen bleibt uns Nichts anderes übrig, als
bei dem Studium der primitiven epischen Poesie vorläufig von
dieser ganzen Gruppe, ungeachtet ihrer poetischen Bestand-
theile, überhaupt abzusehen und uns ausschliesslich an die-
jenigen Geschichten zu halten, welche weder den Charakter
historischer Traditionen noch denjenigen wissenschaftlicher Er-
klärungen tragen. Leider können wir bei dieser Sonderung nicht
nach einem einzigen durchgehends gültigen Principe verfahren,
sondern wir müssen uns von Eall zu Fall entscheiden; und es
ist mehr als wahrscheinlich, dass wir dabei sehr häufig fehl
greifen werden. Das Schlimmste aber ist, dass unser ohnehin
schon dürftiges Material auf diese Weise ganz ausserordentlich
beschränkt wird. Die Erzählungen, welche Man unter den Min-
copie gesammelt hat, sind fast ausschliesslich mythisch ; und von
den australischen ist nur ein ziemlich geringer Theil unzweifel-
haft poetisch. Eine grosse Zahl der buschmännischen Thier-
märchen muss ebenfalls ausgeschieden werden. Nur von den
Geschichten der Eskimos dürfen wir eine beträchtliche Menge
als rein oder vorwiegend aus poetischen Motiven entstanden
betrachten. Einzig auf diesen kärglichen Rest bezieht sich die
folgende Charakteristik.
Die Erzeugnisse der primitiven epischen Poesie haben
sämmtlich nur einen bescheidenen Umfang. Monumentale Epen
wie die der Inder, Griechen und Germanen findet man auf dieser
Kulturstufe ebensowenig wie Pyramiden und Paläste. Die
Bausteine zu solchen Werken liegen allerdings hier und dort
1 Man. — Journ. Antlirop. Inst. XII, 172.
16*