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X.

IV. ABSCHNITT.

Aeltere Säulen und Pfeiler.

jjie christliche Kunst hat der Säule eine ganz veränderte, untergeordnetere Stellung angewiesen,
wenn wir bei unserer Betrachtung yon der Baukunst der Griechen ausgehen. Die Säule in ihrer
ursprünglichen Bedeutung fehlt eigentlich im Mittelalter gänzlich, denn der im Innern als Träger
des Gewölbes gebrauchte Pfeiler bezeichnet nur eine Absonderung des Baumes, steht als gedachte
Linie, wogegen sich die positive, gegen Aussen gestellte Säule als Bepräscntant des ganzen Ge-
bäudes geltend macht. x) Indem mit Ausbildung des Gewölbes die Säule immer mehr zurück-
trat, verlor sie auch ihre Wichtigkeit als gültiges Grundmaas für das Ganze wie für die Einzel-
heiten ; die Thätigkeit des an die Stelle der Säule tretenden Pfeilers wurde jedoch nicht ver-
mindert, indem sie unscheinbarer gemacht wurde. Während erstere bestimmt ist, die Last in
sich aufzunehmen, und gerade zu tragen, sucht der Pfeiler dieselbe zu theilcn, und gegen Aussen
zu leiten: daher lässt sichs auch erklären, warum viele Baukiinstler den Pfeiler so dünne als nur
möglich zu halten suchten. Dieses Bestreben, und die Thätigkeit des Pfeilers, welcher zunächst
die vier Hauptbogen der durchlaufenden Mauern, dann Gradbogen der Kreuzgewölbe zu tragen
hat, musste diesem bald eine Gestalt geben, welche so viele senkrechte Linien als möglich auf-
nehmen konnte. Bereits an den Kanelirungen hatte man die Erfahrung gemacht, dass sie die Masse
der Säulen sehr milderten, nach diesem Grundsatze wurden die einzelnen Linien und Streifen
bedeutender gehalten, indem man hiedurch dem Ganzen die Stärke benahm.

Die Richtung der Hauptmauern, welche immer einzelne viereckige Abtheilungen bilden, und
die kreuzenden Gurten der Gewölbe schrieben dem Pfeiler bald eine achteckige Form vor, welche
auch die allgemeine wurde. In der frühern Periode linden wir auch noch runde Säulen, wie die
antiken nach ihrem Durchmesser bestimmt, oder auch Pfeiler, die aus einer Menge kleiner einzelner
Säulen bestehen, und die im Verein mit der Kanelirung den sogenannten Bündelpfeiler entstehen
Hessen.

TAFK1 XIII.

Pfeiler aus dem Dome zu Merseburg und der S. Burkhards - Kirche

in Wiirzliurg-.

Das Domstift Merseburg wurde von Otto dem Ersten im Jahre 9ßS gegründet in Folge
eines Gelübdes, welches der Kaiser am Tage vor der Schlacht auf dem Lechfelde gethan hatte.
Der Bau selbst zeigt verschiedene Zeiten, denn schon 1015 wurde die Kirche neu aufgebaut durch

*) Den Unterschied »wischen Pfeiler und Säulen bezeichnet Schnaase sehr verständlich in seinen „niederländischen Briefen."
Kap. Antwerpen.
 
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