DAS TAGELIED IN DEN FREMDEN LLITERATUREN 145
hab kein Schwesterchen, es ihr zu klagen.
Einen Freund nur, doch der ist nicht bei mir!
Eh er kommt, wird bald die Nacht vergehen,
eh er aufwacht, schon die Vöglein singen,
eh er kilsst, ist da die Dämmer frühe:
'Geh nur heim, Freund! nahet schon der Morgen.'
Talvy 'Volksl. der Serben' II 114.
und:
Nachtigall, sing nicht so frühe!
Wecke mir nicht meinen Herren!
Selbst hab ich ihn eingeschläfert,
selbst will ich auch erwecken!
Will iris Gärtchen draussen gehen,
und Basilienstauden pflücken,
will damit die Wang ihm streicheln,
und der Liebste wird erwachen.
Talvy 'Volksl. der Serben' I 37.
Das vorkommen von Wächterliedern in der nordischen
litteratur führt sich wol auf Übertragung aus Deutschland zurück
(vgl. fiöhme anm. zu nr 19; Noreen und Henrik Schück '1500
och 1600 talens visböcker' Stockholm 1884, nr 24, 38).
Hinweise auf das volkstümliche romanische tagelied in
Frankreich und Italien verdanke ich der verdienstvollen und
gründlichen arbeit, die Bockel als einleitung seinen 'Hessischen
Volksliedern' vorangehen lässt.1
In einer hs. des 13—14 jhs. findet sich das folgende fran-
zösische lied:
En mai, quant rose est florie,
' pur matin s'est esveillie
Marot, s'a Robin trove;
si Ii reprueve la bone compaignie
que ades Ii a porle
qor Ii a le dos tome?
il Ii a dit et jure
par la foi qu'il doit Diu einseint n'est il mie.
'se j'ai demoure
1 seine Verweisung auf die Revue des deux mondes 1876, 15. März,
ist so viel ich sehe, nicht zutreffend.
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hab kein Schwesterchen, es ihr zu klagen.
Einen Freund nur, doch der ist nicht bei mir!
Eh er kommt, wird bald die Nacht vergehen,
eh er aufwacht, schon die Vöglein singen,
eh er kilsst, ist da die Dämmer frühe:
'Geh nur heim, Freund! nahet schon der Morgen.'
Talvy 'Volksl. der Serben' II 114.
und:
Nachtigall, sing nicht so frühe!
Wecke mir nicht meinen Herren!
Selbst hab ich ihn eingeschläfert,
selbst will ich auch erwecken!
Will iris Gärtchen draussen gehen,
und Basilienstauden pflücken,
will damit die Wang ihm streicheln,
und der Liebste wird erwachen.
Talvy 'Volksl. der Serben' I 37.
Das vorkommen von Wächterliedern in der nordischen
litteratur führt sich wol auf Übertragung aus Deutschland zurück
(vgl. fiöhme anm. zu nr 19; Noreen und Henrik Schück '1500
och 1600 talens visböcker' Stockholm 1884, nr 24, 38).
Hinweise auf das volkstümliche romanische tagelied in
Frankreich und Italien verdanke ich der verdienstvollen und
gründlichen arbeit, die Bockel als einleitung seinen 'Hessischen
Volksliedern' vorangehen lässt.1
In einer hs. des 13—14 jhs. findet sich das folgende fran-
zösische lied:
En mai, quant rose est florie,
' pur matin s'est esveillie
Marot, s'a Robin trove;
si Ii reprueve la bone compaignie
que ades Ii a porle
qor Ii a le dos tome?
il Ii a dit et jure
par la foi qu'il doit Diu einseint n'est il mie.
'se j'ai demoure
1 seine Verweisung auf die Revue des deux mondes 1876, 15. März,
ist so viel ich sehe, nicht zutreffend.
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