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Guhl, Ernst Karl [Editor]; Caspar, Josef [Editor]; Lübke, Wilhelm [Oth.]
Denkmäler der Kunst: zur Übersicht ihres Entwicklungs-Ganges von den ersten künstlerischen Versuchen bis zu den Standpunkten der Gegenwart (Band 2): Denkmäler der romantischen Kunst — Stuttgart, 1851

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https://doi.org/10.11588/diglit.66422#0005
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VORWORT.

Den Bemerkungen, die in dem Doppel vor wort des ersten Bandes der Denkmäler über Idee
und Ausführung des Werkes ausgesprochen sind, scheint in Betreff des zweiten Bandes, dessen
Anlage auf denselben Grundsätzen beruht, kaum noch etwas Neues hinzuzufügen zu sein.
Die Abweichungen, die sich in der Anordnung des Stoffes im Vergleich zum ersten Bande
bemerkbar machen, sind durch den von der antiken Kunst sehr wesentlich verschiedenen Verlauf
der romantischen oder mittelalterlichen Kunstentwickelung bedingt geboten worden.
In der alten Kunstgeschichte nämlich lässt sich der Denkmälervorrath nach grossen Gruppen
sondern, die, den einzelnen Nationen oder Stammeseinheiten der politischen Geschichte entsprechend,
mehr oder weniger isolirt neben einander stehen.
Wie die einzelnen Völker theils räumlich, theils zeitlich getrennt, ihre besondere Entwicke-
lung durchlaufen haben, und, trotz aller Berührungen, die zwischen denselben stattgefunden, trotz
der Versuche, dieselben in grössere Staatencomplexe zusammenzufässen, dennoch die nationale
Eigenthümlichkeit, sowohl für die staatlichen und sittlichen, als auch für die künstlerischen Ge-
staltungen das entscheidende Moment ausmacht, so haben wir auch in dem ersten Bande die
Kunstweise der verschiedenen Völker in bestimmter Reihe auf einander folgen lassen und die Kunst
des nordeuropäischen und amerikanischen Alterthums, die indische, persische, ägyptische und
assyrische Kunst in der vorklassischen, sowie die der Griechen, Etrusker und Römer in der
klassischen Periode nach einander zu klar bestimmten und abgeschlossenen Bildern zusammenzu-
fassen gesucht.
Anders nun verhält es sich mit der Geschichte der christlichen Kunst.
Wie das Christenthum nämlich an die Stelle der mannigfachen, gegen einander mehr oder
weniger indifferenten oder gespannten Volksindividualitäten — wir können dies als den antiken
Partikularismus bezeichnen — einen gemeinsamen Gehalt von allgemein menschheitlicher Geltung
setzte, so bekommt auch die gesammte Kunstentwickelung der christlichen Zeit einen solchen ge-
meinsamen, einheitlichen Charakter. In der alten Kunst überwogen die nationalen Unterschiede,
und eine, in manchen Fällen durch Berührung hervorgebrachte Gemeinsamkeit trat nur in unter-
geordneter Weise als bestimmend hervor; in dem Entwickelungsgang der christlichen Kunst — es
gilt dies sowohl für die Periode des Mittelalters, als der modernen Zeit — überwiegt trotz der

in politischer Beziehung allerdings stattfindenden Zersplitterung und Spannung der einzelnen Völker
und Staaten die Idee der Gemeinsamkeit, und die nationalen Differenzen machen ihren Einfluss
auf die Gestaltung der Kunstformen erst in zweiter Reihe geltend.
Daher hat denn auch die Rücksicht auf die Nationalität im zweiten Bande der Denkmäler
aufgehört, die Gründe für die Hauptabteilungen abzugeben; diese letzteren sind vielmehr lediglich
durch die gemeinsamen Formen bestimmt, welche die Kunst in den verschiedenen Perioden und
zwar mehr oder weniger gleichmässig bei den verschiedenen Nationen, angenommen hat, d. h.
mit anderen Worten die Denkmäler mittelalterlicher Kunstbildung sind nach den verschiedenen
Stylen angeordnet, welche die Kunst während jenes Zeitraumes durchlaufen hat; so dass wir zu-
nächst die Denkmäler des altchristlichen, sodann die des romanischen, endlich die des germani-
schen Styles zu betrachten haben.
Den weiteren Eintheilungsgrund geben dann die verschiedenen Nationalitäten ab; insofern
dieselben sich bei der besonderen Auffassung und Durchführung jener gemeinsamen Stylarten gel-
tend gemacht haben, wie dies namentlich während der romanischen und germanischen Periode
stattfand.
Bei der ersten Gruppe, welche die altchristliche Kunst umfasst, war eine solche Gliederung
nicht in demselben Maasse erforderlich, indem die nationalen Elemente in jener Periode noch nicht
soweit erstarkt oder ausgebildet waren, um wesentliche Abweichungen von der allgemeinen Kunst-
bildung hervorzurufen. Dagegen macht sich in jenem Zeiträume ausserhalb und neben der christ-
lichen Welt eine neue gewaltige geschichtliche Macht in den Völkern des Islam geltend, deren
rasche politische Entwickelung mit einer eben so raschen Kunstentwickelung Hand in Hand geht;
wesshalb denn auch die Denkmäler des Islam in dieser Abtheilung ihren Platz gefunden haben.
Für die einzelnen Tafeln bleibt wenig zu bemerken übrig. Ueber die Auswahl und Anord-
nung derselben, bis zur Tafel 49 einschliesslich, habe ich mich im Deutschen Kunstblatt
v. J. 1850 Nro. 15 S. 116 ff. ausgesprochen.
Ueber die Hinzufügung einiger den Kölner Dom betreffenden Platten habe ich in der An-
merkung zu S. 85 des Textes Rechenschaft abgelegt und darf mich hier um so lieber darauf zu-
rückbeziehen , als, so viel mir zur Kenntniss gekommen, jene Abweichung von dem ursprünglichen
Plane mit Wohlwollen aufgenommen worden.
 
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