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Guhl, Ernst Karl [Hrsg.]; Caspar, Josef [Hrsg.]; Lübke, Wilhelm [Bearb.]
Denkmäler der Kunst: zur Übersicht ihres Entwicklungs-Ganges von den ersten künstlerischen Versuchen bis zu den Standpunkten der Gegenwart (Band 2): Denkmäler der romantischen Kunst — Stuttgart, 1851

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https://doi.org/10.11588/diglit.66422#0010
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FlG. 6. Innere Ansicht der Basilika S. Agnese zu Rom. — Eine eigenthümliche
Bildung zeigt die vor den Thoren Roms helegene und wahrscheinlich dem siebenten Jahrhundert an-
gehörige Kirche der h. Agnes. Ueber der Arkadenreihe nämlich, welche hier ausnahmsweise auch
vor der, der Altarnische gegenüber liegenden Schmalseite fortgeführt ist, erhebt sich eine zweite
Säulenstellung, wodurch ein zweites Stockwerk, ein zweiter Säulenumgang gebildet wird. Neben byzan-
tinischen Einflüssen mag auch die eigenthümliche Lage der Kirche zu dieser Bildung Anlass gegeben
haben. Dieselbe liegt nämlich unmittelbar an dem Abhange eines Hügels, in den sie gewissermassen
hineingebaut ist, so dass die Absis um ein gutes Theil in dem Erdboden stehet und man durch eine
neben der Absis angelegte Thür, welche sich dort zu ebener Erde befindet, unmittelbar in die obere
Gallerte des linken Seitenschiffs eintritt. Die Decke ist modern. — Gally Knight, Ecclesiastical Archi-
tecture of Italy. Vol. I, Taf. 18.
Fig. 7 und 8. Grundriss und innere Ansicht von S. Clemente zu Rom. — Nicht
sowohl durch Grösse und Pracht, als vielmehr durch Zierlichkeit der Anlage und Vollständigkeit der
Erhaltung zeichnet sich die Kirche S. Clemente zu Rom unter allen Basilikenbauten als eines der
wichtigsten Beispiele altchristlicher Architektur aus. Sie ist dreischiffig, ionische Säulen und auf
jeder Seite je eine längliche Pfeilermasse tragen die Arkaden, über denen sich die durch Rundbogen-
fenster durchbrochene Mauer des Mittelschiffs erhebt. Ein Querschiff ist nicht vorhanden; der Raum
vor der Absis ist um eine Stufe erhöht und durch eine wohlerhaltene Marmorbrüstung von dem
übrigen Raum der Kirche getrennt; an diese Brüstung schliesst sich ein oblonger ebenfalls durch
eine niedrige Marmorwand umschlossener Raum an, auf dessen beiden Seiten sich die beiden Am-
bonen befinden, von denen der versammelten Menge die heilige Schrift (Epistel und Evangelien) vor-
gelesen wurde. Die mittlere Tribüne ist mit Mosaiken verziert, die beiden Kapellen zur Seite sind
modern, doch scheint die rechts liegende dem Mauerwerk oder doch dem Vorbilde nach ursprünglich
zu sein, so dass wir hierbei der ursprünglichen Anlage 3 Absiden annehmen dürfen. Der Fussboden
besteht theils aus Mosaik, theils aus weissen Marmorplatten, unter denen ich zahlreiche Fragmente
altrömischer, sowie mittelalterlicher Inschriften aufgefunden habe. — Gutensohn und Knapp a. a. 0.
Taf. XXXIII. u. XXXII.
FlG. 9. Innere Ansicht von S. Prassede zu Rom. — Eine höchst interessante Ab-
weichung von den übrigen Basiliken zeigt die Kirche der h. Praxedis zu Rom. Während nämlich bei
jenen nur der Triumphbogen das Hauptschiff der Quere nach durchschnitt, so hier mehre gewaltige
Rundbögen, über denen sich Querwände (mit je zwei Fenstern) bis zum Dache erheben. Diese,

eine sehr malerische Ansicht gewährenden Rundbögen ruhen auf starken Mauerpfeilern, zwischen
denen sich dann je 2 niedrigere korinthische Säulen befinden. Ueber diese läuft in antiker Weise
ein gerades Gebälk hin. In der davon getragenen Obermauer des Schiffs befinden sich zwischen je
2 jener grösseren Querbögen 3 einfache Rundbogenfenster. Treppen führen zu der mit Mosaiken
bedeckten Altarnische empor, unter welcher sich eine Unterkirche — Krypta — befindet. — Guten-
sohn und Knapp, Taf. XXX.
Fig. 10. Ein Theil der Wand des Hauptschiffs von S. Martino zu Ravenna.—
Ueberhöhte und fast an die Hufeisenform erinnernde Rundbögen tragen die mit Mosaiken reich be-
deckte und von Rundbogenfenstern durchbrochene Wand. Die Säulen sind, glatt mit einfachen den
korinthischen nachgebildeten Kapitellen; zwischen Kapitell und Bogenansatz befindet sich ein kubischer,
nach unten etwas zugespitzter Körper — ein byzantinisches Element in der sonst durchaus nach
römischer Weise erbauten dreischiffigen Basilika. — v. Quast, Ravenna, Taf. VII, Fig. 3.
FlG. 11. Klosterkirche zu St. Gallen.— Von einem sehr frühen Basilikenbau in Deutsch-
land ist uns schriftliche und künstlerische Kunde erhalten. Es ist dies die Abtei von S. Gallen, deren
Plan am fränkischen Hofe entworfen und so dem Kloster zugestellt worden zu sein scheint. Der
Entwurf, welcher eben dieses Umstandes halber gleichsam als Modell und allgemeiner Typus des da-
maligen Kirchen- und Klosterbaus betrachtet werden kann, umfasst das ganze Kloster mit allen dazu
gehörigen Baulichkeiten. Wir entnehmen daraus die Kirche, in der wir eine dreischiffige Basilika
mit 2 Absiden, einer Östlichen und einer westlichen erkennen, eine höchst eigenthümliche Anlage,
welche später in der deutschen Architektur noch eine grössere Bedeutung gewinnt. — Von dem Ge-
sammtplan des Klosters von S. Gallen existirt eine besondere uns nicht zugänglich gewordene Ausgabe von F.
Keller; unsere Darstellung ist entlehnt aus Mabillon, Annales Benedict., Vol. II, p. 571.
FlG. 12. Die Kirche des h. Grabes zu Bethlehem. — Um eines Beispiels des alt-
christlichen Basilikenbaus im Orient zu erwähnen, geben wir unter Fig. 12 die innere Ansicht der
heiligen Grabkirche zu Bethlehem, welche von der Kaiserin Helena, der Mutter Konstantins des
Grossen, erbaut wurde. Die Kirche hat fünf Schiffe, die Wände ruhen auf einem von glatten
korinthischen Säulen getragenen geradlinigen Gebälk. In der Obermauer des Mittelschiffs befinden
sich ebenfalls geradlinig geschlossene Fenster, zwischen diesen und den Säulen bemerkt man die
Reste von Wandmalereien. Die Spitzbogennische im Hintergrund unserer Ansicht stammt, wenn
sie anders genau dargestellt ist, aus dem späteren Mittelalter. — Forbin, Reise nach dem Morgen-
lande, Kupfer Taf. 20.

TAFEL II. (35.)

BYZANTINISCHE ARCHITEKTUR.

FlG. 1 Und 2. Das Innere und der Grundriss der Sophienkirche zu Konstan-
tinopel. — Das wesentliche Merkmal derjenigen Architektur, welche nach der Verlegung des christ-
lich-römischen Kaisersitzes nach Byzanz sich im Orient und namentlich zu Konstantinopel selbst ent-
wickelte, ist die Anwendung der Kuppel. Man kann daher diese Art altchristlicher Baukunst als

Kuppelbau, und in sofern sich an eine Hauptkuppel die übrigen Theile des Gebäudes organisch an-
schlossen, als Centralbau bezeichnen. Als bedeutendstes und entschiedenstes Beispiel dieser Bauartist die
Kirche der h. Sophia zu Konstantinopel zu betrachten. Sie ist das Werk des Kaisers Justinian, der die-
selbe mit einer unerhörten Pracht durch die Baumeister Isidor von Milet und Anthemius von Tralles
 
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