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Guhl, Ernst Karl [Hrsg.]; Caspar, Josef [Hrsg.]; Lübke, Wilhelm [Bearb.]
Denkmäler der Kunst: zur Übersicht ihres Entwicklungs-Ganges von den ersten künstlerischen Versuchen bis zu den Standpunkten der Gegenwart (Band 3): Denkmäler der modernen Kunst — Stuttgart, 1853

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https://doi.org/10.11588/diglit.66423#0009
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VIERTER ARSCHNIT T.

TAFEL I. (64.)

ITALIENISCHE
FlG. 1. Die Facade von S. Francesco zu Rimini, von Leo Baptista Alberti. —
Die im XV. Jahrhundert vorgehende Umwandlung der Baukunst war bedingt durch die Aufnahme der
Formen der antiken Architektur, die, wie wir an den Bauten des Mittelalters gesehen haben, in diesen
entweder gar nicht mehr, oder doch nur in den leisesten Nachklängen zu erkennen waren. Wir
beginnen desshalb die Uebersicht der Monumente der modernen Architektur mit einem solchen, an
dem die Elemente antiker Baukunst am entschiedensten und reinsten hervortreten. Es ist dies die
Kirche S. Francesco zu Rimini, deren Facade Fig. 1 darstellt. Ihr Erbauer ist Leo Baptista Alberti,
der neben Brunelleschi, dessen jüngerer Zeitgenosse er war, als Gründer der modernen Baukunst be-
trachtet werden kann und der uns aus allen Nachrichten über sein Leben als einer der begab-
testen und vielseitigsten Menschen der Geschichte entgegentritt, wie denn überhaupt das XV. und XVI.
Jahrhundert an solchen eminenten, über das Maass gewöhnlicher Befähigung weit hinausgehenden Indi-
vidualitäten sehr reich ist. — Die Kirche S. Francesco ist ursprünglich in dem Styl italienischer Gothik
errichtet; im Jahre 1447 wurde der Ausbau derselben von Sigismund Malatesla, Herrn von Rimini,
an Alberti übertragen; von ihm sind die Facade und die äusseren Langseiten. Erstere ist zwar un-
vollendet geblieben, sie zeigt indess deutlich die Intention des Künstlers. Zwischen vier korinthischen
Halbsäulen sind drei einfache Arkaden angeordnet, in deren mittlerer sich die Eingangsthüre befindet
und deren übrige durch eine einfache Mauer ausgefüllt sind. Ueber dem Gebälk, das über den vier
Säulen hinläuft, sollte sich ein zweites Stockwerk erheben, von dem zwei Säulen mit der dazwischen
beabsichtigten Arkade zu erkennen sind. Aehnliche Arkaden, die indess eine wirkliche Halle bilden
und unter denen Denkmäler berühmter Männer, die an Malatesta’s Hof gelebt, angebracht sind, be-
finden sich an den Langseiten der Kirche.
Von den exklusiven Verehrern der Antike und ihrer Anwendung auf die moderne Baukunst mit
möglichst geringer Modifikation, wird dies Gebäude als das vollendetste Alberti’s gepriesen; die Gegner
dieser Ansicht sehen darin den Anfang der modernen Scheinarchitektur, indem Säule und Gebälk
hier alle eigenthümliche Bedeutung, die sie einst in der antiken Baukunst besassen, verloren hätten
und lediglich als ein nur auf den Schein berechnetes Ornament dienten. — Quatremfere de Quincy,
Histoire de la vie et des Oeuvres des plus celöbres arcbitectes. Tom I. Paris 1830. Zu S. 79.
III.

ARCHITEKTUR.
FlG. 2 lind 3. Längendurchschnitt und Grundriss der Kirche S. Spirito zu
Florenz, von Filippo Brunelleschi. — Nicht minder mit Talenten begabt und mit allen Schätzen
des damaligen Wissens geziert war Filippo Brunelleschi, der in einer alten und angesehenen Familie
von Florenz dort im Jahre 1375 geboren wurde. Erst zu einem andern Stande bestimmt, wurde er
durch unwiderstehliche Neigung zur Kunst geführt und so that er sich zunächst in der Bildhauerei
in einem Maasse hervor (vgl. Tafel 66, Fig. 7), dass er als würdiger Genosse und Nebenbuhler der
bedeutendsten Bildhauer jenes Jahrhunderts betrachtet werden kann. In Rom, wohin er mit seinem
Freunde Donatello (vgl. Taf. 65, Fig. 9 und 10. Taf. 66, Fig. 6 und 8) gegangen, nahm sein Geist die Rich-
tung auf die Baukunst und bald wurde ihm die Gelegenheit geboten, die dort erworbenen Kenntnisse
an einem Werke zu bekunden, wie es in damaliger Zeit als einzig und unerreichbar dasteht. Es
war dies die Ueberwölbung des achteckigen Chorraumes der Kirche S. Maria del fiore zu Florenz;
er bewerkstelligte dieselbe durch eine doppelte achtseitige Kuppel, von der wir den Durchschnitt
schon früher (Taf. 57, Fig. 2) gegeben haben und die für alle Zeiten als eines der grossartigsten und
kühnsten Werke der Baukunst in Ansehen bleiben wird. Wir können hier nicht auf die künstliche
und ungemein schwierige Konstruktion dieses gewaltigen Werkes eingehen. Es genüge zu sagen, dass
der Durchmesser des zu überspannenden Raumes 130' im Lichten betrug, dass die Ueberwölbung durch
zwei über einander ausgeführte Kuppeln erreicht wurde, deren innere von dem Karnies des Tambours
bis zur Oefihung der Laterne eine Höhe von 125 Fuss erreicht (vom Boden der Kirche bis zum
Kreuze beträgt die Höhe 330 Fuss) und dass die Wölbung derselben ohne Anwendung einer festen
Unterlage oder sog. Lehrgerüste geschah. Der Anfang zu diesem grossartigen Bau war 1407 gemacht
worden durch die von Brunelleschi angerathene Erhöhung der acht Seiten des Oktogons (vgl. Taf. 57,
Fig. 3); erst im Jahre 1420 wurde der Bau der eigentlichen Kuppel nach stattgehabter Berathung
der nach Florenz zusammen berufenen berühmtesten Baumeister der damaligen Zeit an Brunelleschi
übertragen. Im Jahre 1436 konnte man schon über die Errichtung der Laterne (vgl. Taf. 57, Fig. 4)
berathen und auch bei diesem Bau wurde das Modell Brunelleschi’s angenommen und danach im
Jahr 1437 der Bau begonnen. — So sehr nun aber der Bau der Kuppel von S. Maria del fiore den
Künstler — namentlich wegen der ungemein grossen Sorgfalt, die er auf Ueberwachung der techni-
1
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