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Guhl, Ernst Karl [Hrsg.]; Caspar, Josef [Hrsg.]; Lübke, Wilhelm [Bearb.]
Denkmäler der Kunst: zur Übersicht ihres Entwicklungs-Ganges von den ersten künstlerischen Versuchen bis zu den Standpunkten der Gegenwart (Band 4): Die Kunstdenkmäler der Gegenwart — Stuttgart, 1856

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https://doi.org/10.11588/diglit.2145#0010
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Eine entsprechende malerische Ausschmückung, die sich an den vornehmsten Punkten, der Altarnische
und den oberen Theilen des Mittelraumes zu figürlichen Darstellungen steigert, bewirkt einen würdigen
Eindruck. Das Aeussere ist im Rohbau sorgfältig ausgeführt, horizontale Streifen hellerer Ziegel geben
eine lebendige Abwechselung. Die reichen Gesimse und die den Chor wie den Oberbau krönenden
Galerieen von kleinen Säulchen sind aus Formsteinen gebildet. Strebepfeiler verstärken am Oberbau wie
am Umgänge die Ecken, mit einander verbunden durch Strebebögen, welche durch das Dach der Em-
poren verdeckt werden. Diese Elemente der Construktion, sowohl die Durchführung im Ziegelrohbau,
wie die Anwendung eines complicirten Strebesystems beruhen auf der Bautradition des Mittelalters. Die
äussere Kuppel erhebt sich 150' vom Boden. Neuerdings ist auf besonderen Wunsch der Gemeinde das
Glockenhaus thurmartig erhöht worden, wodurch der centrale Charakter der Anlage leider abgeschwächt
ist. — Nach Origiualzeichnungen des Architekten.
Fig. 6—8. Die neue katholische Michaelskirche zu Berlin, von A. Söller. Auf-
riss , Querprofil und Grundriss. — Gleich der vorigen befolgt auch diese Kirche in Construktion und
Formenbehandlung die Prinzipien des mittelalterlichen Rundbogenstyles, jedoch mit stärkerem Anlehnen
an italienische Bauweise. Der Grundplan ist, wie Fig. 8 zeigt, der eines dreischiffigen Langhauses von
160' Länge, 66' Breite, wovon 30' auf das Mittelschiff kommen, und eines Kreuzschiffes von 98' Länge.
Auf der Kreuzung erhebt sich eine stattliche Kuppel mit Oberlicht. Auch die einzelnen Abtheilungen
des Mittelschiffes sind mit Kuppeln bedeckt, welche ein gedämpftes Oberlicht haben, während die Seiten-
schiffe durch Rundbogenfenster, die durch Stabwerk aus gebranntem Thon getheilt sind, erhellt werden.
Die Kirche, welche 1850 durch Söller unter der technischen Leitung Prüfer’s und seit dem im Nov.
1853 erfolgten Tode Soller’s durch Stüler errichtet wurde, ist erst im Aeusseren vollendet, und harrt
noch des inneren Ausbaues. Können wir daher vom Inneren nur sagen, dass es eine vorzüglich bedeut-
same räumliche Wirkung verheisst, so dürfen wir dagegen vom Aeusseren schon jetzt aussprechen, dass
es an Gediegenheit der Ausführung, reicher und edler Gliederung, Würde und Monumentalität des Ein-
drucks alle übrigen Berliner Kirchen übertrifft. Vorzüglich schön ist der Rohbau mit Blendsteinen, unter
Abwechselung mit schmalen dunkleren Schichten ausgeführt, reich und kräftig sind die Strebepfeiler, die
Fenster- und Portalgewände, die Masswerkfüllungen der Fenster und der drei grossen Rosen, die schönen
Gesimse und Friese gebildet. Das über dem Hauptportal sich erhebende Glockenhaus krönt die kolos-

sale Figur des Erzengels Michael als Drachentödter, in Zinkguss ausgeführt und vergoldet; das Haupt-
portal selbst wird durch die tiefe, von einem mächtigen Bogen umfasste Vorhalle wirksam hervorge-
hoben. Die Höhe der Kuppelspitze vom Boden beträgt 150', die Länge der ganzen Kirche 194'. —
Entwürfe für Kirchen, Pfarr- und Schulhäuser, herausgegeben von der Königl. Ober-Baudeputation zu Berlin. Taf. 70 ff.
Fig. 9 u. 10. Die Petrikirche zu Berlin, von H. Strack. Querprofil und Grundriss.—
In diesem Gebäude, das von 1846 bis 1854 unter technischer Leitung Dieckhoff’s errichtet wurde, tritt
eine noch entschiednere Aufnahme mittelalterlicher Construktion und Formbildung entgegen, als in den
beiden vorigen. Es ist nämlich in gothischem Styl streng durchgeführt, einer Bauweise, die den antiken
Reminiscenzen diametral entgegengesetzt ist, während der Rundbogenstyl antike Elemente sehr wohl
verträgt. Doch bietet der Grundplan manches Eigenthümliche dar. Nicht bloss durch die Enge des
Platzes, sondern auch durch die Bedürfnisse des evangelischen Ritus, der, hauptsächlich auf die Predigt
Gewicht legend, die Zuhörer in der Nähe der Kanzel gruppiren muss, dass von allen Seiten der Pre-
diger bequem gehört und gesehen werden kann, war ein ausgedehnter Langhausbau untersagt. So wurde
der Architekt auch hier zu einer centralartigen Anlage geführt, obwohl der Bau als solcher äusserlich
nicht charakterisirt ist. Daher das kurze einschiffige Langhaus mit der beträchtlichen Spannweite von
48', daher die Kreuzarme mit ihren Emporen, der kurze, einfach polygon geschlossene Chor, und das
noch kürzere Schiff mit seiner Orgelempore. Die ganze Länge der Kirche beträgt nur 138', die Scheitel-
höhe der schönen und reichen Sterngewölbe 86' 6". Die Wirkung des Innern ist vortrefflich, beson-
ders harmonisch in der Färbung. Das Masswerk der Fenster ist musterhaft in Sandstein ausgeführt, ebenso
die reich geschmückte Kanzel. Der Altarraum wird durch eine gemauerte, in Stuck zierlich mit Fialen
und Spitzgiebeln dekorirte Wand abgeschlossen. Hinter derselben liegen Sakristei und Taufkapelle, und
oberhalb dieser ist ein Sängerchor angebracht. Bänke, Emporen und Orgelgehäuse sind vorzüglich schön
in dunklem Eichenholz ausgeführt. Minder günstig wirkt das Aeussere, da der 307' hohe Thurm mit
seiner schlanken aus Eisen construirten und mit Zink verkleideten Spitze — ein Postulat der Gemeinde
— nicht gut mit dem breiten, massigen Kirchenkörper harmonirt. Auf den Ecken der Kreuzarme erheben
sich vier kleinere Thürme, die, von fern gesehen, mit dem Hauptthurm eine lebendig malerische Gruppe
bilden. Die Ausführung des Mauerwerks in Ziegelrohbau ist vorzüglich. 7— Nach Originalzeichnungen des
Architekten.

Tafel II. (tos.)
Deutsche Architektur.

Berliner
Fig. 1 — 3, Die Bau-Akademie zu Berlin, von Schinkel. Fagade und Details. —
Wie auf der vorigen Tafel, so beginnen wir auch hier, wo es gilt, die Profanarchitektur der
Berliner Schule zu schildern, mit einem trefflichen Werke Schinkel’s, in welchem für die moderne Archi-
tektur wieder eine neue Richtung mit grossen Zügen vorgezeichnet ist. An der Berliner Bau-Akademie
hat nämlich Schinkel den lange Zeit in Misskredit gerathenen Backsteinbau in solcher Vollendung und

Schule.
Durchführung wieder aufgenommen, dass diese Thai nicht geringer anzuschlagen ist, als das, was er
im Berliner Schauspielhause geleistet hat. In welchem Grade dies Beispiel bereits auf die Gestaltung
der Berliner Architektur eingewirkt hat, ist auf der vorigen Tafel gezeigt worden. Der Geist der Noth-
wendigkeit und Gesetzmässigkeit, der den besten Werken Schinkel’s den Stempel der Klassicität aufdrückt,
ist auch an diesem Gebäude klar zu erkennen. Das angewandte Material führte dazu, die einzelnen
Bildbeschreibung
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