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gewitzigt, sich später einmal auf die Seite des östlichen
Nachbarn werfen werde.
Was wird aus dem vlämischen Volksstamme werden,
wenn Frankreich und England siegen? Den Engländern ist er
gleichgültig, sie würden keinen Finger regen, um ihn zu schützen.
Frankreich und das Französische würden, soweit die franzö-
sischen Grenzen reichen, unbedingt die Abermacht erhalten;
die germanischen Regungen würden weiterhin unterdrückt
werden. Das Vlämische würde immer tiefer in seiner
kulturellen Bedeutung herabgewürdigt werden, wenngleich
die natürliche Kraft des Stammes auch in Zukunft nicht
zu brechen sein dürfte.
Durch die Welt geht der Ruf nach ,.nationaler Konsoli-
dierung", nach Zusammenfassen der Volksgenossen in be-
sonderen Staaten. In der Revolution von 1830 trennten
sich die Vlamen von den Holländern unter heftigen Kämpfen.
Es scheint nicht ihr Wunsch zu sein, sich mit ihren nächsten
Verwandten wieder zu vereinigen. Auch konfessionelle
Bedenken sprechen dagegen; obgleich die katholischen Bra-
banter des südlichen Holland mit der Zugehörigkeit zu den
protestantischen Holländern und Friesen wenn auch in po-
litischen Kämpfen, so doch in nationaler Hinsicht einträchtig zu
leben scheinen. Aber die Spaltung, die das 16. Jahrhundert
brachte, und deren Ausdruck hier Rubens, dort Rembrandt
ist, blieb bis heute unüberbrückt.
Es wäre jedoch nicht ohne Interesse, zu erfahren, wie
die Führer der vlämischen Bewegung über die Herstel-
lung eines vlämischen Staates denken, namentlich
dann, wenn die infolge der Hetzereien vor dem Kriege und
der politischen Torheit Belgiens erregten Köpfe wieder zu
ruhiger Erwägung fähig geworden sind.
Und weiter: wie denkt man in Holland über eine Wieder-
vereinigung mit den 'Vlamen — nicht mit Belgien —, die
selbstverständlich nur auf Gruud eines unerschütterlichen Ver-
trages mit Deutschland erfolgen könnte?
gewitzigt, sich später einmal auf die Seite des östlichen
Nachbarn werfen werde.
Was wird aus dem vlämischen Volksstamme werden,
wenn Frankreich und England siegen? Den Engländern ist er
gleichgültig, sie würden keinen Finger regen, um ihn zu schützen.
Frankreich und das Französische würden, soweit die franzö-
sischen Grenzen reichen, unbedingt die Abermacht erhalten;
die germanischen Regungen würden weiterhin unterdrückt
werden. Das Vlämische würde immer tiefer in seiner
kulturellen Bedeutung herabgewürdigt werden, wenngleich
die natürliche Kraft des Stammes auch in Zukunft nicht
zu brechen sein dürfte.
Durch die Welt geht der Ruf nach ,.nationaler Konsoli-
dierung", nach Zusammenfassen der Volksgenossen in be-
sonderen Staaten. In der Revolution von 1830 trennten
sich die Vlamen von den Holländern unter heftigen Kämpfen.
Es scheint nicht ihr Wunsch zu sein, sich mit ihren nächsten
Verwandten wieder zu vereinigen. Auch konfessionelle
Bedenken sprechen dagegen; obgleich die katholischen Bra-
banter des südlichen Holland mit der Zugehörigkeit zu den
protestantischen Holländern und Friesen wenn auch in po-
litischen Kämpfen, so doch in nationaler Hinsicht einträchtig zu
leben scheinen. Aber die Spaltung, die das 16. Jahrhundert
brachte, und deren Ausdruck hier Rubens, dort Rembrandt
ist, blieb bis heute unüberbrückt.
Es wäre jedoch nicht ohne Interesse, zu erfahren, wie
die Führer der vlämischen Bewegung über die Herstel-
lung eines vlämischen Staates denken, namentlich
dann, wenn die infolge der Hetzereien vor dem Kriege und
der politischen Torheit Belgiens erregten Köpfe wieder zu
ruhiger Erwägung fähig geworden sind.
Und weiter: wie denkt man in Holland über eine Wieder-
vereinigung mit den 'Vlamen — nicht mit Belgien —, die
selbstverständlich nur auf Gruud eines unerschütterlichen Ver-
trages mit Deutschland erfolgen könnte?