Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Gurlitt, Cornelius
Die Zukunft Belgiens — Berlin, 1917

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.28837#0164
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
156

träge nur mit dem Hintergedanken sich abringen lassen wird,
daß sie nicht gehalten werden sollen: einem solchen Staate
gegenüber müssen wir Vorsicht walten lassen. Wir müssen
ihn zu immer klarerer Erkenntnis dafür bringen, daß der
Kampf mit Deutschland zu seinem Ruin führt.

Frankreich geht, selbst wenn es siegen sollte, mit harten
Verlusten aus dem Kriege hervor. Seine größte Stärke,
seine finanzielle Macht, dürfte einen schweren Stoß erhalten
haben, dank seiner auf dem Rachegedanken begründeten
Neigung, andere Staaten durch Darleihen seiner Er-
sparnisse an Frankreich zu binden. Der Krieg hat bewiesen,
daß die deutsche Zurückhaltung stärkere wirtschaftliche Hilfen
gebracht hat als das französische Erschließen der Börse;
daß die Art, wie Deutschland seine Ersparnisse in neuen
Arbeitsstätten anlegt, dem Rentnerwesen Frankreichs grund-
sätzlich überlegen ist. Aber tiefer noch griff der Krieg in das
Vermögen Frankreichs an Volkskraft ein. Schwer wird auf
dem Lande, das ohnehin an Nachlassen der Volksvermehrung,
mithin an Ausbreitungskraft leidet, der Verlust vieler Tau-
sende seiner kräftigsten Männer lasten. Kämpfte Frankreich
schon vor 1914 gegen die ungesund starke Einwanderung
Fremder, Deutscher, Österreicher, Schweizer, Italiener, so wird
in Zukunft der Volksmangel um so stärkere Massen Arbeit-
suchender herbeiführen. Die nationale Feindschaft war schon
seit 1871 auf das stärkste angespannt, so daß eine Steigerung
nicht möglich schien, und trotzdem wuchs die Zahl der Aus-
länder von 1881 bis 1886 von 2,7 auf 2,97 o/o der Gesamt-
bevölkerung. Während die Gesamtbevölkernng in dieser Zeit
um 1,132 o/o stieg, vermehrte sich die Zahl der Ausländer
um 11,47 o/o, darunter 482 261 Belgier und 100 114 Deutsche,
eine Zahl, die freilich 1891 infolge der stark ansteigenden Ar-
beitsgelegenheit in Deutschland auf 83 506 zurückging.

Gleichzeitig fanden sich 1890 in Deutschland trotz der
starken Einwanderung vom Osten nur 1,05 o/o Ausländer,
während das Wachstum seiner Bevölkerung so stark ist, daß
 
Annotationen