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Gurlitt, Cornelius
Die Pflege der kirchlichen Kunstdenkmäler: ein Handbuch für Geistliche, Gemeinden und Kunstfreunde — Leipzig [u.a.], 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.28840#0082
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72

Holzbau und Dächer.

Die alten Dachziegel haben einen Sförmigen Querschnitt
(Krummziegel) oder den einer halben Röhre, wobei über den
Enden von je zwei mit der offenen Seite nach oben liegenden
ein in der Gegenform gelegter abschließend wirkt (Mönch
und Nonne), Oder es sind breite, zungenartige Patten

(Pfannen). Bei allen diesen Formen spielt die Musterung der
Deckenfläche eine Rolle in der Erscheinung des ganzen Baues,
die man bei Erneuerungen nicht unbeachtet lassen sollte. Das
alte Dach erscheint wuchtiger, bedeutender. Ebenso das
schuppenförmig eingedeckte alte Schieferdach, bei dem die
größten Steine unten, die kleineren weiter oben auf Bretter
aufgebracht wurden, während jetzt sechseckig bearbeiteter
Schiefer geliefert wird, der glatter in der Oberfläche, sauberer
in der Arbeit, aber auch dementsprechend langweiliger wirkt.
Gegen die Schindeln wehrt sich die Feuerversicherung, da sie
zweifellos nicht nur bei einem Brande wenig widerstandsfähig,
sondern auch, vom Flugfeuer fortgetragen, für die Umgegend
gefährlich sind.

Man suche, um alten Dorfkirchen ihre malerische Wirkung
zu erhalten, die Dächer möglichst unversehrt zu lassen,
hüte sich bei Neueindeckungen aber vor den Spielereien mit
farbigen Ziegeln oder Schieferplatten, die nur durch eines
Künstlers Hand zu einer guten Wirkung gebracht werden
können: Und auch diese versagt meist!

Ein Schmerzenskind der Kirchenverwaltung ist meist der
(Dachböden. Er hat sehr verschiedene Zwecke: Zunächst
dient er als Speicher. Die Kirchen decke ist vielleicht ein Ge-
wölbe, über dem die Balkenlage liegt. Dann wird diese mit
Brettern benagelt, so daß oberhalb der Gewölbe ein schwer zu-
gänglicher Raum entsteht, der sich bald mit allerhand Abfall
füllt. Oder die Kirche hat eine flache Decke. Um das Entweichen
der Heizungswärme zu verhindern, bringt man oberhalb dieser
oft eine Lehmschicht an. Selten ist der Fußboden sorgfältig
ausgebildet. Es liegen Späne, Holzvorräte, Gerümpel herum,
bei Brand ein gefährlicher Stoff zu rascher Verbreitung des
Feuers. Dann aber liegen oben machmal recht wertvolle
Stücke der älteren bei einer Kirchenerneuerung entfernten
Einrichtungsgegenstände. Es ist den Kirchen Vorständen
dringend zu raten, gute Ordnung auf den Dachböden zu halten,
 
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