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Hager, Werner
Die Ehrenstatuen der Päpste — Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Band 7: Leipzig: Bibliotheca Hertziana, 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.48325#0024
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Denn obwohl der thronende Christus formengeschichtlich selbst der Nach-
folger der Cäsaren ist, so hat doch seine einmal ausgebildete Erscheinung er-
höhenden Einfluß auf die Majestas des Kaisers. Christus überträgt das oberste
Amt und erlaubt, daß der Träger sich in Analogie seiner eigenen Erscheinung
abbilde.
Während Byzanz noch auf Jahrhunderte hinaus formale Rudimente der Antike
bewahrte und infolgedessen das Stehen und auch Reiten für den Basileus üblich
blieb, wurde die Majestas des Thronenden in streng symbolisch geschlossener
Ausbildung für das frühmittelalterliche deutschrömische Imperium zum einzig
gültigen Kaiser bild. Diese Vorliebe scheint auf die Vorstellungen der germani-
schen Völker zurückzugehen, in denen die Einnahme des Thronsitzes viel fester
wurzelte als etwa Krönung und Salbung1, und zeigt die Verschmelzung der
späten Antike mit Christentum und Germanentum. Bedenkt man, daß die
Majestas, kurz gesagt, das Vicariat Gottes auf Erden postuliert, so erscheint
ihre Adoption seitens der Kaiser in ihrer vollen Bedeutung. Diese Majestas-
bilder der karolingischen und ottonischen Zeit waren denn auch in der Tat
als nachdrückliche politische Manifeste2 gemeint, in denen das Kaisertum einem
deutlichen und gerade in den geistlichen Eigenschaften sehr betonten Begriffe
seiner selbst Ausdruck verlieh. Damals gehörte der Titel des vicarius Dei dem
Kaiser.
Als die Päpste nun den Sieg über die Kaiser errungen hatten und die hochmittel-
alterliche theokratische Weltordnung errichteten, wurde der Titel des vicarius Dei
ihr Vorrecht, und darin lag bereits die Konzeption einer päpstlichen Majestas,
welche nur infolge der gebundenen Anschauungen des hohen Mittelalters nicht
bildlich wiedergegeben wurde. Da riß Friedrich II. den Primat wieder an sich und
setzte der von Innocenz III., seinem Lehrer, gedachten hierokratischen Weltord-
nung die ebenso kosmokratische Suprematie des Staates als Verwalters der Justitia
entgegen, und zum Zeichen dessen erhob sich seit dem vierten Jahrzehnt des
13. Jahrhunderts am Eingang seines Reiches das berühmte Brückentor von Capua,
dessen Sinn erst dann in seiner ganzen grundsätzlichen Tragweite hervortritt, wenn
man es als gewaltige Kampfansage an das hohepriesterliche Weltregiment be-
greift3. Daß dieses Werk als Architektur mit freien Rundfiguren einen hochbe-
1 Vgl. E. Rosenstock: „Königshaus und Stämme in Deutschland zwischen 911 und 1250.“ Leipzig 1914, S. 54.
2 Abb. der Majestasdarstellungen in der frühmittelalterlichen Buchmalerei bei Schramm 1. c. Auf der anderen
Seite ließ Leo III. nach der Kaiserkrönung Karls d. Gr. im lateranischen Triclinium ein Doppelmosaik anbringen,
welches die Gleichordnung der kaiserlichen und päpstlichen Gewalt unter Christus bekräftigte, und nach dem
Abschluß des Investiturstreits zeigte Innocenz II. im Lateran den Kaiser Lothar wie einen Lehensmann vor
dem Papste.
3 Vgl. E. Kantorowicz, Kaiser Friedrich der Zweite, Berlin 1927, S. 485 ff. - Fabriczy in Zeitschr. f. Bild. Kunst
XIV, 1879, i8off. Um 1239 war der Rohbau fertig. - Unseres Wissens ist der Ursprung der Aufstellung
des Herrscherbildes über dem Tore noch unaufgeklärt und sind antike Vorbilder dafür nicht bekannt. Vgl. S. 11.

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