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Hager, Werner
Die Ehrenstatuen der Päpste — Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Band 7: Leipzig: Bibliotheca Hertziana, 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.48325#0025
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deutenden Rückgriff auf die Antike und eine Säkularisation der Kunst im Dienste
des Staates bedeutet, ist bekannt. Fraglich bleibt, an welche, wie man annimmt,
spätantiken Kaiserstatuen man sich dabei angeschlossen hat. Als genaue Vor-
bilder haben diese keinesfalls gedient, sondern das Thronbild des deutschen
Königs Siegels1. Die symbolische Anordnung des Capuaner Tores aber geht
auf die Tradition der deutsch-römischen Majestasbilder selbst zurück. Denn
wie dort ist das Thronbild Friedrichs eingeordnet in den Rahmen der gött-
lichen Schutzkräfte sowohl wie der Trabanten, die seinen Willen ausführen
und von seiner Macht zeugen; über dem Kaiser stand die Figur der Justi-
tia, unter ihm zu beiden Seiten seine obersten Richter. Im Amte der Justitia
aber liegt nach der Theorie von Friedrichs Herrschaft das Vicariat Christi be-
gründet, die um die päpstliche Vermittlung auszuschalten erdachte Legitimität
des Staates und seines Herrn vor Gott. Diese Theorie erweist übrigens, wie eng
das Amt des Königs mit dem des Richters in der Vorstellung des Thronens wie
in seinem Wesen überhaupt verwandt ist. So sehr sie nun berufen war, zur
Grundlage des modernen Nationalstaates zu werden, so deutlich zeigt sich
doch in ihrer universalistischen, kosmokratischen Fassung und damit auch
im Tore von Capua, wie der Gedankengang der kaiserlichen Argumentation
noch an mittelalterliche Begriffe gebunden war; das Denkmal steht in der
Reihe der Manifeste der Legitimität und des Suprematsstreites, welche, wie
wir sahen, von den jupitergleichen über die apostelgleichen Cäsaren zum
christusgleichen Kaiser führen, von ihm auf die Päpste übergehen, zu Fried-
rich auf die kaiserliche Seite zurückkehren und endlich in Bonifaz VIII. ihr
Ende finden.
Dieser, bei dem unsere Rekapitulation mündet, führte die „Imperialis Ecclesia“
Friedrichs II. im entgegengesetzten, aber gedanklich von ihm abhängigen Sinne
fort in seinem Anspruch auf Personalunion des Oberpriesters und des Welt-
monarchen. Friedrich hatte die umfassende und grundsätzliche Formulierung
seines Anspruches Innocenz III. verdankt und ebenso folgt Bonifaz VIII. dem
großen Papste, aber der Einfluß der kaiserlichen Ideen über diesen Gegenstand
ist bei ihm nicht zu verkennen, nämlich in dem ganz unmittelalterlichen, anti-
kischen Maße des Selbstgefühls, also im Ursprünge seiner plastischen Ab-
bildung. Enthält doch sogar der Standort der am meisten inktiminierten
Statuen, über den Toren von Orvieto, eine auffällige Analogie zum Capuaner
Denkmal. Es unterliegt keinem Zweifel, daß Bonifaz hier formal an Friedrich II.
angeknüpft hat.
1 Vgl. J. R. Dieterich, Das Porträt Kaiser Friedrichs II. von Hohenstaufen, Zeitschr. f. Bild. Kunst, N. F.
XIV, 1903, S. 250. Zum Unterschied von den Königssiegeln hielt Friedrichs Statue nicht Szepter und Reichs-
apfel in den Händen, sondern streckte diese nach den alten Berichten befehlend oder im Redegestus aus.

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