Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

J. Halle, Antiquariat; J. Halle, Antiquariat [Hrsg.]
Katalog / J. Halle, Antiquariat, München (Nr. 50): Manuskripte vom XI. bis zum XIX. Jahrhundert — München: J. Halle, Antiquariat, 1918

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.56405#0013
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
XIV. JAHRHUNDERT.

7

Die Initialen werden gebildet von grotesken Fabeltieren, ornamentierten Früchten,
Rankenwerk, ausgcfüllt von Menschenbildern, Tierköpfen usw. usw.
Der Kodex stammt aus der Benediktinerabtei Maria-Laach. Bl. 2 a von alter Hand
die Eintragung: Liber monasterij beatae Mariae in lacu. In hoc libro continentur . . .
- Siehe die Abbildung von Bl. 26 b auf Tafel V. =
SPECULUM HUMANAE SALVATIONIS. Manuskript auf 8
Pergament mit 192 grossen Federzeichnungen
und vielen verzierten Initialen. Englisch-norman-
nisch. Ende des 14. Jahrhunderts. 70, 1 w. Bll. Fol. (33,8 : 24 cm.)
Blauer Maroquinband mit Blindpressung u. Goldschnitt. 18000.—
Wertvoller und interessanter Kodex, um die Wende des 14. zum 15. Jahr-
hundert in England, vielleicht im Augustinerkloster zu Bridlington (York) ge-
schrieben und geschmückt.
Das Speculum humanae salvationis wurde um das Jahr 1324 von einem gelehrten Domini-
kanermönch zu Strassburg in lateinischer Reimprosa, etwa 5000 Versen, verfasst. Es stellt
nach der typologischen Methode die Erlösungsgeschichtc vor Augen. Das aufgcschlagcne
Buch zeigt auf den beiden gegenüberstehenden Seiten vier Bilder, links die Begebenheit
der Heilsgeschichte und nach rechts folgend drei Vorbilder aus der vorchristlichen Geschichte
des jüdischen Volkes oder der anderen Völker. Diese vier Bilder mit den Erläuterungen
in 100 Zeilen bilden ein Kapitel. So ist die Erlösungsgeschichte in 40 Kapiteln (3 bis 42)
zusammengestellt. Die ersten beiden Kapitel erzählen die Weltgeschichte von dem Sturze
der Engel bis zur Sintflut. Die folgenden sechs Kapitel (43 bis 48) gehören nicht eigentlich
zum Speculum, sondern sind vielmehr selbständige mystische Werkchen, von denen das
erste die sieben Stationen des Leidens Christi, das zweite die sieben Schmerzen, das dritte
die sieben Freuden Mariae behandelt.
Diese Handschrift wird in der Kritischen Ausgabe des Speculum humanae salvationis,
hrsg von Lutz und Perdrizet, (Mülhausen 1907—09, 2 Bände) Bd. I S. XIII als Nr. 112
nur kurz zitiert. Text und Überschriften stimmen mit der dort wiedergegebenen Schlett-
stadter Handschrift der Hof- und Staatsbibliothek in München (Clm 146) nicht immer
überein. Dem eigentlichen Text gehen die „Tabula“ und das „Prooemium“ (ohne die
vier letzten Verse) voran. Der „Prologus“ ist nicht aufgenommen.
Die 192 merkwürdigen Federzeichnungen •
verraten nur insofern eine Verwandtschaft mit den in Deutschland entstandenen Bildern,
als sie fest vorgeschriebene Szenen darstellen, für die sich ein gewisser Typus ausgebildet
hatte, aber in Einzelheiten heben sie die englische Eigenheit in den Kleidungen, den Rüstungen
und Waffen, Sitten und Gebräuchen hervor. Bei der Abbildung des mit Schilden bedeckten
Turmes Davids im 6. Kapitel (Bl. 28 a) hat der Zeichner drei Schilde mit den Wappen eng-
lischer Adelsfamilien ausgefüllt, und zwar eins mit dem Wappen der Lords von Devereux
(,,a fess and in chief 3 torteaux“. Walter III. Devereux wurde 1572 Earl of Essex. Vgl.
Doyle, Baronage of England, 1886, II S. 167). Wegen dieses Wappens liegt es nahe, das
Manuskript mit dem Feldherrn Sir John, zweitem Lord Devereux in Verbindung zu bringen.
(Er starb 1393. Vgl. Lee, Dict. of nat. biogr. XIV S. 424.) — Das zweite Wappen hat einen
einfachen schrägen Balken (Mauley ?), das dritte einen Sparren zwischen 2 und I Leoparden-
köpfen {Newport comte de Bradfordl'). Die Schilde Abrahams Bl. 38a und des jungen
Moses Bl. 59b tragen ebenfalls Wappen: Ein Sparren zwischen 2 und 1 Kreuzen und ein
Sparren zwischen 2 und 1 Kreisen.
Von derselben Hand, die das Speculum geschrieben, enthält der Band noch: Bl. 2 a bis
4 b a: Übersicht über die Bücher des Alten Testamentes bis zum Buch Esther mit kurzen

J. HALLE, ANTIQUARIAT, MÜNCHEN. KATALOG 50.
 
Annotationen