Zyprische Gefäße
Unsere Tafel zeigt zwei zyprische Tongefäße aus dem frühen zweiten Jahrtausend. Das un-
tere ist eine halbkugelige Schale mit einem Ösenhenkel am Rand, das obere eine Kanne mit
flachem Mündungsrand und dornartigem Vorsprung gegenüber dem Henkelansatz; ob die-
ser nur Zierform ist oder praktische Bedeutung hat, etwa als Halt für einen Riemen zum Auf-
hängen, läßt sich schwer sagen. Beide Gefäße sind aus freier Hand getöpfert; sie haben keine
flache Standfläche, sondern sind unten gerundet.
Die Verzierung ist in der gleichen Technik ausgeführt: ein roter polierter Überzug und ein-
gekerbte Muster, die mit einer weißen Kalkmasse gefüllt sind. Bei der Schale, die einer etwas
früheren Stufe angehört, sind die Hakenmuster derb und locker hingestreut. Bei der jüngeren
Kanne ist die Verzierung dichter, zarter und zugleich reicher; die breiten, inkrustierten
Kreise und der eigentümliche Wechsel von symmetrischen Formen in den Mustern und
asymmetrischer Komposition verleihen dem schmucken Gefäß, zusammen mit der Wirkung
der Farben, einen besonderen Reiz. Daß die Schale, wie viele andere ihrer Art, am Rande und
im Innern schwarz ist, beruht auf der Technik des Meilerbrandes.
Die rotpolierte Ware, wie sie von der Forschung genannt wird, war zunächst durch Vorbil-
der aus Anatolien angeregt worden. Aber bald hatten die zyprischen Töpfer aus den fremden
Einflüssen einen eGenen Stil entwickelt und keramische Gebilde von großem künstlerischen
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Geschmack geschaffen. Jedes Stück ist für sich geformt und individuell verziert. So einheit-
lich die Gattung auf den ersten Blick erscheinen mag, so finden sich doch nicht zwei wirklich
gleich dekorierte Stücke.
In einigen Gebirgsorten von Zypern leben noch heute uralte Töpfertraditionen fort. Man
arbeitet mit Roterde, töpfert und brennt in prähistorischer Weise. Es sind dort die Frauen,
welche die Gefäße für den täglichen Bedarf hersteilen. Sie arbeiten nicht in eigenen kerami-
schen Werkstätten, sondern jede für sich in ihrem Hause. Die Tochter lernt das Handwerk
von der Mutter, die es zuvor von ihrer Mutter übernahm, und es spricht manches dafür, daß
die Überlieferung nie abriß und zurückreicht bis in vorgeschichtliche Zeiten.
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Unsere Tafel zeigt zwei zyprische Tongefäße aus dem frühen zweiten Jahrtausend. Das un-
tere ist eine halbkugelige Schale mit einem Ösenhenkel am Rand, das obere eine Kanne mit
flachem Mündungsrand und dornartigem Vorsprung gegenüber dem Henkelansatz; ob die-
ser nur Zierform ist oder praktische Bedeutung hat, etwa als Halt für einen Riemen zum Auf-
hängen, läßt sich schwer sagen. Beide Gefäße sind aus freier Hand getöpfert; sie haben keine
flache Standfläche, sondern sind unten gerundet.
Die Verzierung ist in der gleichen Technik ausgeführt: ein roter polierter Überzug und ein-
gekerbte Muster, die mit einer weißen Kalkmasse gefüllt sind. Bei der Schale, die einer etwas
früheren Stufe angehört, sind die Hakenmuster derb und locker hingestreut. Bei der jüngeren
Kanne ist die Verzierung dichter, zarter und zugleich reicher; die breiten, inkrustierten
Kreise und der eigentümliche Wechsel von symmetrischen Formen in den Mustern und
asymmetrischer Komposition verleihen dem schmucken Gefäß, zusammen mit der Wirkung
der Farben, einen besonderen Reiz. Daß die Schale, wie viele andere ihrer Art, am Rande und
im Innern schwarz ist, beruht auf der Technik des Meilerbrandes.
Die rotpolierte Ware, wie sie von der Forschung genannt wird, war zunächst durch Vorbil-
der aus Anatolien angeregt worden. Aber bald hatten die zyprischen Töpfer aus den fremden
Einflüssen einen eGenen Stil entwickelt und keramische Gebilde von großem künstlerischen
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Geschmack geschaffen. Jedes Stück ist für sich geformt und individuell verziert. So einheit-
lich die Gattung auf den ersten Blick erscheinen mag, so finden sich doch nicht zwei wirklich
gleich dekorierte Stücke.
In einigen Gebirgsorten von Zypern leben noch heute uralte Töpfertraditionen fort. Man
arbeitet mit Roterde, töpfert und brennt in prähistorischer Weise. Es sind dort die Frauen,
welche die Gefäße für den täglichen Bedarf hersteilen. Sie arbeiten nicht in eigenen kerami-
schen Werkstätten, sondern jede für sich in ihrem Hause. Die Tochter lernt das Handwerk
von der Mutter, die es zuvor von ihrer Mutter übernahm, und es spricht manches dafür, daß
die Überlieferung nie abriß und zurückreicht bis in vorgeschichtliche Zeiten.
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