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Hartlaub, Gustav Friedrich
Ansprache zur Wiedereröffnung der Kunsthalle Bremen am 23. Juni 1961 — Bremen, 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.19123#0009
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G. F. Hartlaub

ANSPRACHE ZUR WIEDERERÖFFNUNG DER BREMER KUNSTHALLE

AM 23. JUNI 1961

Frau Julie Apelt
zugeeignet

I.

Sie haben sich versammelt, um den vollendeten Umbau der Kunsthalle, damit auch die
letzte Beseitigung ihrer Kriegsschäden, zu feiern, und haben mir erlaubt, bei dieser
Gelegenheit einige Worte zu Ihnen zu sprechen.

Sie werden von mir erwarten, daß ich — der ich selbst einer öffentlichen Kunstsammlung
vorgestanden habe, die sich teilweise mit der bremischen vergleichen läßt, zugleich als
Universitätsdozent, nicht zuletzt als gebürtiger Bremer, der zudem ein paar Jahre als
Assistent diesem Institut verbunden gewesen ist — die Gelegenheit benutzte, um von
dem erweiterten Fundament aus vor allem den Blick in die Zukunft zu richten: zu
fragen also, was ich und was Gleichgesinnte sich von den verbesserten räumlichen Mög-
lichkeiten an förderlichen Leistungen erhoffen dürfen.

Trotzdem werden Sie verstehen, wenn ich der Versuchung nicht ausweiche, meinem
Ausblick einen Rückblick voranzuschicken, jene Erfahrungen umfassend, die ich
— sei es aus unmittelbarer Nähe, sei es aus einem Abstand, der doch mehr nur räum-
lich, nicht geistig war — im Laufe der Jahre selber gemacht habe und für die schon heute
nicht allzu viele Augen- und Ohrenzeugen mehr am Leben sein dürften. Der jungen
Generation werden meine Erinnerungen womöglich nicht viel sagen, aber ich hoffe, daß
diejenigen, die von den zur Chronik der Kunsthalle gehörenden Ereignissen wenigstens
noch gehört oder gelesen haben, mir eine Weile willig zuhören werden, da es sich ja
nicht nur um subjektive Eindrücke handelt, sondern um Spiegelungen dessen, was für
die bremische Geistesgeschichte typisch und kennzeichnend gewesen ist.

Schon meine direkten Vorfahren haben am Leben des Kunstvereins und des ihm
dienenden Kunsthallenbaues aktiv teilgenommen — wovon man mir in meiner Kindheit
häufig erzählt hat. War es doch meine Urgroßmutter, Frau Johanna Elisabeth Hartlaub,
geborene Buch (1786—1867), die bei der ersten Eröffnung der Kunsthalle im Jahre 1849
anwesend gewesen ist —, jenes ziemlich bescheidenen Baues am Ostertor, von dem ich
nur noch das Äußere und das dunkle Vestibül halbwegs im Gedächtnis bewahre —. Sie
gehörte in ihren späteren Jahren zu den ziemlich raren Persönlichkeiten, die bemüht

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