über den als Weimaraner geborenen Bremer Apelt im Hinblick auf die Kunsthalle. Ich
glaube, daß er sich am meisten von uns allen auf diesen Tag der Wiedereröffnung
gefreut hat. Bis zuletzt hatte er an unserem Bau und an unseren Erwerbungen den leb-
haftesten und herzlichsten Anteil, ratend und helfend, lenkend und hoffend. Ich werde
nicht vergessen, wie enttäuscht er war, als es sich zeigte, daß die ursprünglich von uns
erbetene Summe einer staatlichen Beihilfe gekürzt werden würde. Ich glaube, unsere
Stadt, die diesem Manne in so vieler Hinsicht viel zu danken hat, würde ihm das
schönste Denkmal setzen können, wenn sie ihm hier, wo er so sehr mit dem Herzen
dabei war, eine Gedächtnis-Stiftung errichtete.
Unsere Stadt und ihre Menschen sind dem praktischen Leben zugewandt, dem Wirk-
lichen und dem Nützlichen. Unsere geographische Lage, unser Klima und die sich zu
gutem Teil aus diesen Vorbedingungen herleitende Geschichte unseres Gemeinwesens
haben unseren Lebensstil geprägt, in dem der Überfluß oder das Überflüssige nur wenig
Raum haben. Das ist verständlich und das ist richtig so. Das Bereich, dem dieses Haus
geweiht ist, nebenbei von denselben auf das Praktische und Nützliche gerichteten
Bremern, die Kunst — sie ist unnütz! Wie kamen unsere Väter dazu, dem Unnützen ein
Haus zu bauen? Wir glauben nicht recht mehr an das schon zitierte vollmundige Dichter-
wort, das auf die Einweihung dieses Hauses nach dem Umbau 1902 geschrieben wurde:
„Auch hier ist Kirche, hier wird Gott gegeben — und wo Du stehst, da ist geweihtes
Land." Unser lieber und verehrter Kunstvereinsvorsitzer und Hafensenator Apelt, der
als junger bremischer Anwalt in dieser Festspielszene damals mitgewirkt hat, wäre der
letzte gewesen, der das Fragwürdige einer solchen Behauptung nicht anerkannt hätte.
Kunst ist kein Religionsersatz. Und doch hat er ein Leben lang neben seinem Beruf, der
dem Lebensnerv unserer Stadt diente, der Schiffahrt, ihrem Strom und ihren Häfen,
und doch hat er ein Großteil seiner Zeit, seines Interesses und seiner Liebe unserem
Hause gewidmet, wie dies ganz ähnlich für Alfred Faust gilt. Und doch haben etliche
Bürger unserer Stadt dieser Stätte des Unnützen, des Überflüssigen immer wieder
wirkliche Opfer gebracht. Und damit wird das Wirken dieser beiden nur exemplarisch
für das Wirken so manchen Bremers vor ihnen und — wie ich weiß — auch nach ihnen.
Was ist Kunst? Schmückende Zutat zum Leben? Ein freundliches und unverbindliches
Überher? Von anderer Seite aus gefragt: Warum hatten und haben die Volksverführer
Hitler und seinesgleichen in West und Ost solche Angst vor der Kunst in gewissen
ihrer scheinbar unverständlichen oder vielleicht sogar häßlichen Ausprägungen? Warum
gab es eine Aktion „Entartete Kunst"? Warum wurden nicht nur Bücher verbrannt im
Dritten Reich — und schon vorher mehrmals in der Geschichte — sondern auch Bilder?
Weil Kunst eine Lebensmacht ist, ein Wesensteil des Menschlichen. Die allerersten
Spuren, die der Mensch in seiner Urzeit auf dieser Erde überhaupt hinterlassen hat,
sind solche der Kunst. Darum geht Kunst jeden an, auch den, der behauptet, er ver-
stünde doch nichts davon. Lassen Sie mich Ihnen eine persönliche Erinnerung erzählen,
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glaube, daß er sich am meisten von uns allen auf diesen Tag der Wiedereröffnung
gefreut hat. Bis zuletzt hatte er an unserem Bau und an unseren Erwerbungen den leb-
haftesten und herzlichsten Anteil, ratend und helfend, lenkend und hoffend. Ich werde
nicht vergessen, wie enttäuscht er war, als es sich zeigte, daß die ursprünglich von uns
erbetene Summe einer staatlichen Beihilfe gekürzt werden würde. Ich glaube, unsere
Stadt, die diesem Manne in so vieler Hinsicht viel zu danken hat, würde ihm das
schönste Denkmal setzen können, wenn sie ihm hier, wo er so sehr mit dem Herzen
dabei war, eine Gedächtnis-Stiftung errichtete.
Unsere Stadt und ihre Menschen sind dem praktischen Leben zugewandt, dem Wirk-
lichen und dem Nützlichen. Unsere geographische Lage, unser Klima und die sich zu
gutem Teil aus diesen Vorbedingungen herleitende Geschichte unseres Gemeinwesens
haben unseren Lebensstil geprägt, in dem der Überfluß oder das Überflüssige nur wenig
Raum haben. Das ist verständlich und das ist richtig so. Das Bereich, dem dieses Haus
geweiht ist, nebenbei von denselben auf das Praktische und Nützliche gerichteten
Bremern, die Kunst — sie ist unnütz! Wie kamen unsere Väter dazu, dem Unnützen ein
Haus zu bauen? Wir glauben nicht recht mehr an das schon zitierte vollmundige Dichter-
wort, das auf die Einweihung dieses Hauses nach dem Umbau 1902 geschrieben wurde:
„Auch hier ist Kirche, hier wird Gott gegeben — und wo Du stehst, da ist geweihtes
Land." Unser lieber und verehrter Kunstvereinsvorsitzer und Hafensenator Apelt, der
als junger bremischer Anwalt in dieser Festspielszene damals mitgewirkt hat, wäre der
letzte gewesen, der das Fragwürdige einer solchen Behauptung nicht anerkannt hätte.
Kunst ist kein Religionsersatz. Und doch hat er ein Leben lang neben seinem Beruf, der
dem Lebensnerv unserer Stadt diente, der Schiffahrt, ihrem Strom und ihren Häfen,
und doch hat er ein Großteil seiner Zeit, seines Interesses und seiner Liebe unserem
Hause gewidmet, wie dies ganz ähnlich für Alfred Faust gilt. Und doch haben etliche
Bürger unserer Stadt dieser Stätte des Unnützen, des Überflüssigen immer wieder
wirkliche Opfer gebracht. Und damit wird das Wirken dieser beiden nur exemplarisch
für das Wirken so manchen Bremers vor ihnen und — wie ich weiß — auch nach ihnen.
Was ist Kunst? Schmückende Zutat zum Leben? Ein freundliches und unverbindliches
Überher? Von anderer Seite aus gefragt: Warum hatten und haben die Volksverführer
Hitler und seinesgleichen in West und Ost solche Angst vor der Kunst in gewissen
ihrer scheinbar unverständlichen oder vielleicht sogar häßlichen Ausprägungen? Warum
gab es eine Aktion „Entartete Kunst"? Warum wurden nicht nur Bücher verbrannt im
Dritten Reich — und schon vorher mehrmals in der Geschichte — sondern auch Bilder?
Weil Kunst eine Lebensmacht ist, ein Wesensteil des Menschlichen. Die allerersten
Spuren, die der Mensch in seiner Urzeit auf dieser Erde überhaupt hinterlassen hat,
sind solche der Kunst. Darum geht Kunst jeden an, auch den, der behauptet, er ver-
stünde doch nichts davon. Lassen Sie mich Ihnen eine persönliche Erinnerung erzählen,
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