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Haupt, Albrecht <Prof. Dr.>
Geschichte der Renaissance in Spanien und Portugal — Stuttgart, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.29902#0166
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Spanien

sonders dafür geschaffenen Orte. Aber von der Anlage Karls und Philipps, die
sich hauptsächlich um die Isla, eine mittlere Insel, gruppiert, ist durch die ewigen
modischen Veränderungen der folgenden Zeiten wenig iibrig. Immerhin bietet
das Ganze mit seinen zalilreichen Parterren, Brücken, Statuengärten, Brunnen usw.
nock immer ein Gesamtbild im Geiste der Renaissance.

Besonders wertvolle und abwechslungsreiche Reste einer prächtigen Garten-
anlage sind bei dem Palast der Herzöge von Escalona in Cadalso de los Vidrios
(Prov. Madrid) nocli erhalten; ungefähr quadratisck; auf einer Seite die schöne
Palastfront, in eine prächtige zweigeschossige Halle gelöst, auf den anderen
Seiten offene Bogenhallen mit prächtiger Arckitektur; gegenüber dem Palaste
tiefe Nischen mit Bänken, darüber ein Umgang mit Sitzen, Lauben, Aussichts-
türmchen. Die Eläche des Gartens in geometriscker Einteilung umschließt einen
mittleren achtsäuligen Tempel; dabei ein Teich. Alles Bauliche, obwolil stark
zerfallen, noch im reichsten Platereskenstil.

Ein berühmter Garten jener Zeit war der des Palacio de la Abadia, dem
Herzog von Alba gehörig, bei Plasencia, den ein Reisender um 1577 so be-
schreibt: Die Anordnung umfaßte eine quadratische mittlere Fläche, von der
vier Myrthenalleen ausgingen, beschattet von Zitronen-, Orangen- und Pome-
ranzenbäumen; auf der Seite nach dem Flusse zu eine lange Halle. Die Mittel-
fläche war durch Wände von Jasmin umschlossen; in der Mitte ein Speisesaal.
In den Wegen 24 Tempelchen mit Biisten römischer Kaiser. Aus den Pflanzen-
umrahmungen waren allerlei Figuren von Menschen und Tieren ausgeschnitten.
Überall Brunnen mit Statuen jeder Art; eine besonders hohe Fontäne mit den
7 Planeten und 25 Figuren, darunter denen des Herzogs und der Herzogin von
Alba. Eine andere mit 10 Riesen, einen Berg mit allerlei Getier tragend,
20 Palmen hoch; iiberall Grotten mit figürlichem Schmuck aus Geschichte und
Mythologie, dabei Seen und Teiche, die Pflanzenwelt kostbar aus dem Ausland
gebracht. Der Erfinder des Gartens war ein flandrischer Künstler, der aber
offenbar italienische Vorbilder hatte.

Die Gärten um den Eskorial entsprechen in ihrer Schwerfälligkeit und
Geradlinigkeit der Schwere des Gebäudes, aber sie mildern besonders nacli
Westen zu, mit ihren Säulenhallen und großen Wasserbassins in etwas die
lastende Masse des Klosters. — Von der riesigen, einst weltberühmten Garten-
anlage der Buen Retiro aus dem 17. Jahrkundert, die sich im ganzen mehr
den bekannten italienischen Gärten in Frascati und Rom anschloß, ist heute
im Stadtpark von Madrid nichts mehr übrig und erkennbar. Aber sie hat seiner-
zeit eine ungekeure, fast politische Rolle gespielt, vergänglich, Avie ihr Wesen
nun einmal ist, und ist seitdem in t.iefen Sckatten gesunken.

So mischte die spanische Gartenkunst, wie wir sahen, die Überlieferungen
aus der Maurenzeit mit der Kunst der Italiener und des Nordens zu reichstem
Bilde; keiner europäiscken Kultur in der Leistung nachstehend.
 
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