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ACHTES BUCH

Die Theorie

Gegenüber der reichen Literatur und den zahlreichen bildlichen Hilfs-
mitteln für die Baukunst in Kupferstich und Holzschnitten, wie sie andere
Länder, Italien, Frankreich, Deutscliland aufzuweisen haben, ist es um solches in
Spanien merkwürdig schwach bestellt. Es mag dem vor allem zugrunde liegen,
daß die spanische Buchdruckerei an sich in der ersten Zeit der Benaissance
bescheidensten Umfanges war und hauptsächlich durch Fremde, meist Deutsche
eingeführt ist, anderseits merkwürdigerweise Kupferstich wie Holzschnitt kaum
existierte. So gibt es z. B. aucli nur wenige Drucksckriften mit schönen Holz-
schnittiteln. Von Kupferstichen der früheren Zeit spanischer Renaissance scheint
iiberhaujit so gut als nichts bekannt.

Das einzigeArchitekturwerkvonBedeutung dürften von Sagredo die medidas
del Romano sein, das 1526 in Toledo erschien, mit Holzscknitten vermutlich nach
den Zeichnungen des Filipo Vigarni, der damit in einer ähnlichen Tätigkeit
erscheint, wie Jean Goujon für Frankreich, ebenfalls führender Bildhauer und
Architekt wie Theoretiker. Das Bucli ist mehrfack wieder aufgelegt, so zu-
nächst 1549.

Erst die spätere Zeit liat dann allerlei gebrackt, was nach dem Vorbild
anderer Länder auch fiir Spanien unentbehrlich schien, so zuerst der bedeutende
Arckitekt Franc. de Villalpando eine Übersetzung des 3. und 4. Buches des
Seb. Serlio, die 1573 in Toledo erschien; im Jahre 1582 Miguel de TJrrea:
M. Vitruvio Polio de arquitectura divido la diez libros, Alcalä de Henares; im
selben Jahr Francisco Lozana: los x libros de arquitectura de Leon Baptista
Alberti, Madrid; später noch iibersetzte Francisco de Prave die vier Architektur-
bücher desPalladio, 1593 gab der Italiener Patricio Caxesi eine spaniscke Ausgabe
des Vignola heraus. Man sieht leicht, wie bedeutungslos all diese Bücher für
die Entwicklung der Baulmnst waren, schon weil sie so gut als alle gänzlichver-
spätet erschienen, also nichts mehr für die selbständige spaniscke Produktion
bedeuteten.

Das einzige Buck, das in dieser Hinsicht zu rühmen ist, allerdings aucli
erst 1585 gedruckt, doch schon 1571 vollendet und in noch weit früherer Art
und Zeit wurzelnd, ist das ausgezeichnete Werk des berühmten Goldschmiedes
JuandeArpheyVillafane, zugieich llildhauers und Arckitekten: De varia connnen-
suracion para la sculptura y arquitectura, in dem er nacli den mathematischen
Grundlagen des Zeichnens dann, offenbar nach Dürers Vorgang, über die Verhält-
nisse des menschlichen Körpers, der Tierkörper, ferner liber Maß, Proportion
und Sckmuck der fünf Säulenordnungen der Alten, und zuletzt die Verhält-
nisse und Form der kirchlicken Goldschmiedearbeiten, insbesondere der Kusto-
dien, handelt, in denen er bekanntlich der größte Meister seiner Zeit war.
 
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