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Heidelberger Journal (46) — 1852

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Nr. 1-26 (1. - 31. Januar 1852)
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ſchaft die Vortheile auszubeuten, ſondern
vielmehr durch Belehrung und Anleitung
ſowohl in Anpflanzung von Maulbeerbaͤu—
men und Heden, alg der Raupenzucht ſelbſt,
die Liebe zu dieſem Induſtriezweig zu er-
wecken und nach Möglichkeit zu verbreiten.
Da das Unternehmen höchſt gemeinnütziger
Natur if, und bei lebhafter Betheiliaung
an demfelben der arbeiienden Klaſſe wün-
ſchenswerthe Arbeit und Verdienſt dadurch
geboten werden kann, ſo hat der proviſori-
ſche Ausſchuß alle Freunde des Seidenbaues
und der Laͤndwirthſchaft zu reger Theil-
nahme mit dem Bemerken eingeladen daß
bis jetzt 93 Aetien gezeichnet ſind und Pro-
gramme ſo wie der proviſoriſche Statuten-
entwurf bei den HH. Macaire u. Comp.,
Bernhauſer und Lorenz Pol eingeſehen wer-
den Fönnen, woſelbſt auch Liſten zur Ein-
zeichnung von Actien aufliegen.

Der Seidenbau iſt allerdings von ſol-
cher Wichtigkeit, daß er auch von Seiten
des landwirthſchaftlichen Vereins ferneren
Erörterungen unterzogen wird, und von
deſfen Organ, dem Landwirthſchaftlichen
Wochenhblatt“, weitere Aufmunterungen und
ſachgemäße Belehrungen erwartet werden
_ dürfen, wie bereits ſchon im Jult d. J.
geſchehen iſt.

In früberen Jahren ſchon haben Einzelne
in unſerm Großherzogthum derartige Unter-
nebmungen gegründet, z. B. in Lahr, in
Weismweil, Amıs Kenzingen, auf dem
Schloßgut Marbach, dieffeitigen Amtsbe-
zirfs, u. a. O. Es wäre jedenfalls beach-
tenswerth/ die Gründe zu vernehmen, welche
mehrere Unternehmer zur Einſtelluag des
fernern Betriebs dieſes Erwerbszweiges ver
anlaßten, nachdem ſie nicht unbedeuiende
Koſten und Mühen hierauf verwendet hatten.

Wiesbaden, 31. Dee. Der Rucktritt
des Miniſterpräſidenten v. Wintzingerode iſt
nunmehr publieirt. Daran knüpft ſich die
offteielle Bekanntmachung, daß die oherẽ
Leitung der Geſchaͤftẽ beim Staatsminiſte-
rium einſtweilen dem Präſidenten Lex, und
die Leitung der Gefchäfte beim Miniſterium
des Innern proviſoriſch dem Rechnungs-
kammerdirector Faber übertragen fel. —
Der amtliche Theil der „Naſſ. Allg. Ztg.“
bringt zwei wichtige neue Geſetze (vorbe-
halilich der Borlage beim nächſten Land-
tage).. Das erſte betrifft die Regelung und
gefetzliche Beſchränkung des Bereinswe-
fens. Das zweite betrifft eine Einſchrän-
kung der Competenz der Schwurge-
yidte, Von der Aburtheilung durch die
Schwurgerichie ſollen fünftig ausgeſchloſſen
ſein: die Anklagen auf Hoͤch und Landes-
verrath Gefährdung der Rechte und Ver-
hältniſfe des Herzogthums zu andern Staa-
ien, ferner bei Anklagen wegen Majeſtäts
beleidigung und Beleibigung der Mitglieder
des herzoglichen Hauſes, wegen Aufruhr,
Verletzung der Amts und Dienſtehre, und
bei den von Amtswegen zu verfolgenden
Preßvergehen. Das erſte dieſer Geſttze iſt
noch von dem Miniſterpräſidenten v. Win-
zingerode unterzeichnet, das zweite nicht
mebr. . 3.)
Kaſſel, 29. Dee. Der Geſammtbetrag
der Koſten für die vom 16. Sept. 1850 bis
zum Auguſt 1851 in Kurheſſen verwendeten
bayrifden Truppen beläuft ſich auf
1,752,828 fl. 8 fr. Die bayriſche Regie-
rung hat ſich, wie verlautet, gegen Ende
vorigen Monates mit dem Anttage an die
Bundesverſammlung gewendet, im Hinblicke
auf den Art. XIV. der Bundesexeeutions-
ordaung die kurheiſiſche Regierung nunmehr
zum baldigſten Erſatze der Koſten veranlaſ-
ſen zu wollen, und es iſt von Seiten der
Bundesverſammlung die kurheſſiſchẽ Regie-


1

geſetzt worden. Der Schluß des Art. XIV.


Landesregierung bleibt es in den im Art.
26 der Schlußacte bezeichneten Fällen über-
laſſen! die Schuldigen zur Bezahlung der
durch ihre Vergehungen veranlaͤßten Koſten
im geſetzlichen Wege anzuhalten.

31 Dec. Der Oberbürgermeiſter
Hartwig iſt bekanntlich bei ſeiner Rück-
fehr von der Feſtung Spangenberg von dem
hieſigen Stadtrath feieriich empfangen wor-
den c$ wurde demſelben insbeſondere ein
ſilberner Becher verehrt und ein gemein-
ſchaftliches Mittagseſſen veranſtaltet. Wegen
dieſer Demonſtralion ſind nunmehr die Mit-
glieder des Stadtrathes zur Unterſfuchung
vor den Diseiplinargerichtshof gezogen wor-
den, dem nach dem propiſoriſchen Geſetz über
die Staatsdiener auch die Disciplinargerichts-
barfeit über die Gemeindebehoͤrden zuſteht.
Die Herren Nebelthau und Seidler
ſind bereits von dem mit der Unterſuchung
beaufiragten Regierungsaſſeſſor v. Goddäus
Hernommen worden. — Der penſionirie Ge-
neralmajor v, Lepel, früherer Flügeladju-
tant des Kurfürſten, iſt von dem Garniſons-
gericht wegen der Vorfälle in der Nacht vom
g. auf den 10. April 1848 in Unterſuchung
gezogen worden. Die Anſchuldigungspunkte
befteben darin: 1) daß er als Ddamaliger
Commandant keine Maßregeln gegen die Cr-
rürmung des Zeughauſes getroffen; 2) daß


Entfernung der Garde du Corps gerathen.
Hr vı Lepeliſt mit der Erlaubnif, Ddie
Axmeeuniform tragen zu Ddürfen, aus dem
Meilitaͤrdienſt gefchieden, F. J.)

Hannover, 30. Dec. Dem bisher bei
dem Amte Stolzenau angeſtellt geweſcnen
hannoperſchen Amtsaffefjor v. Nangau
ſind die Geſchäfte eines Auditeurs bet der
deutſchen Diarine übertragen, nachdem
der die Funetionen eines derartigen Audi-
teurs bisiang verfehen habende olden-=
burgiſche Beamte feinen Wunſch zu er-
fennen gegeben haben foll, derfelben über-
hoben zu werden.

Breuten, 30, Dec. In der heutigen
Verhandlung der Bürgerfchaft bemerkte
der Präfident nach Verlefung der Tagesord-
nung, Mittheilung des Senatg vom 23 Decr.,
daß das Burgeramt wegen dieſes Gegen-
ſtandes die heutige außerordentliche Berfamme
lung der Bürgerfchaft anberaumt habe, Der
Eingang der Mittheilung des Senats vom
23. Dee, Iautett Zudem der Senat zur Be-
rathung und Befchlußnahme über den nach-
ſtehenden keinen Auffchub leidenden Gegen-
ſtand eine außerordentliche Verſammlung der
Bürgerſchaft veranlaßt hat, bevorwortet er
vorab, daß er eine Beröffentlichung des Fol-
genden, ſo wie der Verhändlungen über daſ
ſelbe für unzuläſſig erachtet und alſo eine
vertrautiche Sigung dafür beantragt.
Er fordert daher die Bürgerſchaft auf, nun-
mehr in ſolcher Weiſe die Angelegenheit in
Berathung zu nehmen und zur Beſchluß-
nahme zu fördern.“ Der Präfident be-
merkte mıt Bezugnahme auf verſchiedene
Paxagraphen der Verfaſſung und der Ge-
ſchäftsoidnung, daß er nunmehr die Ent-
fernung der Zuhörer zu veranlaſſen habe,
damit die Bürgerſchaft ſich darüber entſcheide,
ob ſie über dieſen Gegenſtand in einer ver-
traulichen Sitzung berathen und beſchließen
wolle oder nicht. Demgemäß begann nun
die vextrauliche Sitzung. Das Ergebniß
dieſer Berhandlungen waͤr, daß die Buͤrger-
ſchaft es ablehnte, in vertraulicher Sitzung
die Mittheilungen des Senats in Berathung
zu nehmen. — —

Oldenburg, 29. Dee. Unſere Landtags-
verhandlungen find durch den Ausfall der
heutigen Abſtimmung über den Reviſtons-

antrag zueinem Wendepunkt von entſchie-
dener Wichtigkeit — *
Sigung iſi nemlich ſo eben der Maforitätse
antrag des Ausſchuſſes, welcher dahin kauz
tete: „das Staats- Grundgefetz auf
dem gegenwärtigen und dem nächſten Land-
tage einer Reviſion mit einfacher Stim-
menmehrheit zu unterziehen“, mit 32 gegen
i4 Stimmen in namentlicher Aoftimmung
angenommen worden, indem durch fe-
nes Stimmenverhaͤltniß die erforderliche
Zweidrittel⸗Majorität erreicht wurde, Man
erwartet nun zunächſt, daß ſchon auf mor-
gen, nachdem noch einige Ausſchüſſe erwählt

acht Wochen eintreten werde, damit der
Staatsregierung und den Ausſchüſſen Zeit
verſchafft Verde, die ſpaͤteren Berathungen
uͤber die Reviſion ſelbſt und über das Bud-
get hinreichend vorzuͤbereiten.

Vom Neckar, i. Jan. Der Würtemb.
gtg.“ zufolge ſoll der nambafte Philologe
Ragelebach an die Stelle des zum Hufe
prediger in Berlin beförderten Ephoͤrus H o fz
mann vom Lonſiſtorium gewonnen fein.
Wien, 28. Dec. Hr. v. Krauß hinter-
aßt als Erbſchaft eine Papiergeld-
Summe von 350 bis 400 Millionen, woͤ—
für der Staat größtenthells Schuldner iſt.
Zieſe Laſt hebt nur der Entfchloffene,
Drn v. Baumgartner haben wir auf
dem Zolleongreß als einen Gegner des Pro-
bibitiong- und aller fiscaliſchen Handelsfy-
ſteme kennen gelernt! Ich mache Sie bet
dieſer Gelegenheit aufmerkfam, daß auch die
Frage über das Fortbeſtehen des Tabafs-
monopols durch dieſen Perſonenwechſel
leicht einer anderen Entſcheidung zugeführt
werden fönnte, was für die Haͤndelseinig-
ung mit Deutſchland notoriſch von hoher
Bedeutung iſt. . 3.)

Wien/ 29. Dec So viel bis jetzt ver-
lautet, werden zu der am 2, Januar 1852
zu eröffnenden Zollconferenz bier ein-
treffen: für Bayern der Miniftertalrath v.
Hermann, für Sachſen der Oberpoſtdiree-
tor v. Schimpf aus Leipzig, für Hannover
der Finanzrath Bar oder Albrecht, für
Würtemberg der Finanzminiſterialdireetor
Sıgel, für Baden der Miniſterialrath
Had, für Braunſchweig der Finanzdirector
o. Arnsberg, für die thüringſchen Staaten
der geh. Lath v. Wendt, für Oldenburg
Herr v. Philippsborn, für Kurheſſen der
Kegierungsrath Meier, für das Geoßber-
zogthum Heſſen der Miniſterialrath v. Bie-
geleben, für Naſſau der Präſident Voll-

rungspräſident v. Lauer; für Frankfurt der
Senator Cöſter.

—1, Jan. Durch kaiſerliche Patente
ſind die durch die Märzverfaſſung verkün-
deten Grundrechte aufgehoben und die
Grundſätze für den künftigen Staatsorga-
nismus feſtgeſtellt. Die Gemeindever-
faßffung ift in eonſervativem Sinne, mit
Beachtung aller vorwiegenden Intereſſen
zu reformiren. Die Schwurgerichte
ſind zu beſeitigen; der Anklageprozeß und
die NMündlichkelt beim Gerichtsver-
fahren ſind beibehalten; ein allgemeines
bürgerliches Strafgeſetzbuch iſt allmä-
lig in ſämmtlichen Kronlanden einzuführen;
die Errichtung von Majoraten und Fi-
deicommiffen iſt zu erleichtern. Gro-
ßer, ehemals herrſchaftlicher Grundbeſitz
kann vom Gemeindeverbande ausgeſchieden
werden. Den Kreisbehörden und Statthal-
tereien werden berathende Ausſchüſſe
aus dem beſttzenden Erbadel, dem großen
oder kleinen Grundbeſttze und der Induſtrie

beigegeben. *
Frankreich.
 
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