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Sonntag, 1. Februar

1852.


Berichte werden gratts beigegeben-




Geſchichtskalender der Neuzeit.

1. Februar.

Den am 5. Rovember 1840 eröffneten fran-
zöfifhen Kammern wuͤrde der Entwurf uͤber die
Befeßktgung von Parts vorgelegt, und das-

‚ feibe am 1. Gebruar 1841 von ter Deypuiirten-
famımer und am 4, April von der Pairzkammer
genehmigt, fo daß 68 am 3. April 1811 als Gefetz
verlündel wurde. &

Kammerverhandlungen.

= Karlsruhe, 28. Jan. Bei der heute
von der 2, Kammẽr fortgeſetzten Berathung
des Gemeindeumlagengeſetzes wurde
zuerſt mit der wichtigen Frage der Verthet-
lung der Umlagen zwiſchen den Ortsbür-
gern und den Ausmärkern und ſtgatsbür-
zerlichen Eiuwohnern begonnen. Bisher
mußten die Ortsbürger durch Vorausbeitrag
ein Zrittheil der Ausgaben aufbringen und
das Uebrige legte man nach dem Steuer-
cataſter auf die Steuercapitalien um. Der
RNegierungsentmwurf will die Voraus-
beiträge der Ortsbürger aufheben, aber die
MAugmärker und ſtagtoͤbürgerlichen Sinwoh-
ner nur mit der Hälfte des Steuercapitals
beiziehen. Die Mehrheit der Comniiſſion
will die Umlagen gleichheitlich auf die Steuer-
capitale der Orkobürger und Dder übrigen
vertheilen. Böhme und die Mindexheit der
Conimiſſion will bei den Vorausbeiträgen
der Ortsbürger es belaſſen. Ex beantragte
außerdem, daͤß bei Berechnung des Voraus-


anch die Ausmärkerbeiträge zu den Dienften
von den Gemeindeeinkünften abgezogen wer-
den ſollen. Min. Rath Fröhlich verthei-
digte den Regierungseniwurf, der Die ſchwie-
rige und verwicfelte Berechnung dex Boraus-
beiträge beſeitige, aber die Ausmärker nicht
benachtheiligen ſondern fie deshalb nur
mit dem halben Steuercapitale zur Um-
lage beiztehen wolle, Friedridh und
FifgHler ſprechen für die Anträge der
Mehrheit der Commiſſion. Regenauer
empfiehlt eine Vertheilung nach Elaſſen,
wornach Ortobürger zu den Umlagen mit
dem vollen Steuercapitale, die ſtaatsbürger-
lichen Einwohner mit S/,0, die Ausmaͤrker
im engeren Sinne mit *10 beizuziehen ſeien.
Schmitt entgegnet auf dieſen, ſchon 1831
geniachten Vorfchlag, daß er unausführbar.
Die Kaͤmmer beſchließt den Wegfall der
Vorausbeitrage der Ortsbürger.
Ueber die Vertheilung der Umlagen zwiſchen
Ortobürgern, ſtaatsbürgerlichen Einwohnern
und Augmärkern beantragt Böhme mit der
Commiſſion die gleichheltliche Vertheilung.
Zwar hat Negenauer erhebliche Gründe
für die unzweckmäßige Anwendung des
Staatsſteuerkataſters zur Austhetlung der
Gemeindeumlagen, vaͤ dadurch Landwirth-
fchaft und Gewerbe ungleich belaſtet, die
höher Beſteuerten gegen die Uebrigen be-
nachtheiligt, und well bei dem Staatéſteuer-
cataſter keine Rückſicht auf Schulden ge-


meindeumlagen zu herückſichtigen ſei. Staats-
rath v. Marſchall Finımt mit dem Nedner
überein; da man aber keinen beſſeren Maß-


herigen behelfen. Zunghanns vermißt in
dem Geſetzentwurf ein Mittel zur Ermäßi-
gung der vielfach zu hohen Gemetndeumla-
zen und findet in einer andern Vertheilung
derſelben, bei welcher den Allmendberech-
tigten eine größere Laſt aufgelegt werde,
keine Erleichterung. In Bezirken, wo der
Boden den Stiftungen, Standes und Grund-
herren gehört, würde eine Bevorzugung der
Ausmältker die Gemeinden vollends zu Grund
richten. Dennig beantragt, die Ausmärker
mit %/ ihres Sleuercapitaͤles, die Claſſen-
und Capitalſteuer mit ermäßigten Sätzen zu
den Umlagen beizuziehen. Der Antrag wird
verworfen und die gleichheitliche Berz
theilung der Umlagen unter Srtebürger, Aus-
märker und ſtaatsbürgerliche Einwohner an-
genommen.

Gleichfalls wurde genehmigt, daß bet
jenen Gemeinden, wo die Unlagen 20 Fr.
überſteigen, der Gemeindehaushalt von der
Mittelbehörde behufs der Ausmittelung von
Erſparniſſen unterſucht werde! Bei der Lei-
ſtung der Hand- und Fuhrdienſte
wird deren Verſteigerung an den Wenigſt-
nehmenden nur da zulaͤſſig vorgeſchlagen,
wo keine Umlagen beſtehen/ fonft follen die
Dienſte in Natur geleiſtet werden. Im
Entwurf ſollen die Leiſtungen nach dem
Steuercapital bemeſſen, nach dem Antrag
der Commiſſton die Pflichtigen in Claſſen
getheilt werden! Schmitt meint die Na-


Weller iſt gegen jede Naturalleiſtung und
will das bisherige Geſetz aufrecht erhalten
wiſſen. Die Anträge der Commiſſton werden
von der Kammer genehmigt und das ganze
Geſetz mit 38 gegen 17 Stimmen Gaͤuſch,
Betzinger, Burger, Hägelin, Küßwieder,
Muth, Schmitt, Sold, Trefurt, Hoffmann,
LBaravieint, Phyrr, Schaaff von Heidelberg,
Speyerer, Stolz, Ullrich und Weller) an-
genommen. - ;

Karlsruhe, 30. Jan. In' der heu-


Dis cuſſion über den Bericht des Abg. Ma-
thy über die Hauptſtaatsrechnungen, die
von dem landſtändiſchen Ausſchuſſe geprüf-
ten und die aus der Hauptſtaatsrechnung
ausgeſchiedenen Rechnungen für die Jahrẽ
1849 und 1850 eröffnet. Die Commiffion
ſagt am Schluſſe des Berichts: „Die Bud-
geleommiſſion dankt es den fortgeſetzten
vereinigten Bemübungen der Regierung und
der Stände für die Vollſtändigkeit der Rech-


Anſtände, daß ſie am Schluſſe dieſes Be-
richtes nur Anträge auf Aneckennung der
geprüften und in ihren Reſultaten furz zu-
ammengeſtellten großen und zahlreichen Rech-
nungen zu ſtellen hat. Sie thut dies, in-
bem fie vorſchlägt, folgende Beſchlüſſe zu
faſſen: Die Hauptſtaaterechnungen für
1849 und 1850 als richtig und die Daͤr—
tellungen des Betriebsfonds als mit den
ſelben übereinſtimmend anzuerkennen. (Die
Abweichungen der Rechnungsreſultate von
den Voranfchlägen werden bet Berathung
der Berichte über die vergleichenden Dar-
ſtellungen erörtert, und es wird durch die

A

hier ausgeſprochene Anerkennung der Nech»
nungen den Beſchlüſſen der Kammer be-
züglich auf Ueberſchreitungen und Minder-
verwendungen nicht vorgegriffen, 2) Die -
echnungen: der Amortijationsfaffe, der
Zehntſchuldentilgungskaſſe, des Domantal-
grundſtocks des Staatsgrundſtocks, der Ei-
vahnſchuldentilgungslaſſe für 1849 und 1850
als richtig anzuerkennen. 3) Die Rech-
nungen der aug der Hauptſtaatsrechnung
ausgeſchiedenen Verwaliungszweige, näms
lich; der Poſtverwaltung, der Eifenbahnbe-
triebsverwaltung (Hauptbahn und Main-
Neckarbahn), der Eiſenbahnbetriebsmaterial-
faffe, der Eiſenbahnbauverwaltung der Haupt-
babn, der Eiſenbahnbauverwaltunß der Main-
Neckarbahn, der Badaͤnſtalten, und zwar
die Rechnung der Eifenbahnbetriebsmaterial-
verwaltung für 1849, jene über den Bes
trieb der Main-Nedarbahn für 1846, 1847,


1849 und 1850 alg richtig und die Dar-
ſtellungen der Betriebsfonds alg mit den
Rechnungen übereinſtimmend anzuerkennen.“

Der Abgeordnete Schmidt ergreift das
Wort, um über die Art der Behandlung
des Zahlungsunvermögens der Han«
delsleute zu ſprechen. (Die Sache berübhrt
das Juſtizminiſterium, weßhalb Jung-
anns ſich auf die Regierungsbank be-
gibt). „Ich halte den Gegenſtand für wich-
tig genug, eine Motion einzuhringen; allein
es ſcheint mir, daß ein Einſchteiten der
Geſetzgebung nicht nöthig iſt und die vor-
handenen Geſetze ausreichen! (Der RNedner
verliest die H. R.S. 206, 207, 218, 219,
251 i‚ 252, 256, 264 und 265.) Die Ab-
ſicht des Geſetzgebers iſt hier nicht ſchwer
zu erkennen er will boshaften, leichtferti-
aen Zahlungsunfähigkeitserklärungen Dder
Handelsleute entgegentreten, Bei unferer
Handelswelt hat ſich aber die entgegenge-
ſetzte Uebung gebildet.

Jetzt ſetzt ein ſolcher Handelsmann ſeine
Bläubiger auf außergerichtlichem Wege in
Kenntniß und bietet ihnen einige Prozente,
oft ſogar mit der Drohung, der Schuldner
werde ſich vor Gericht zahlungsunfähig er-


noch weniger oder gar nichts. Die Glaͤu⸗
biger nehmen in der Regel dieſes Anerbie-
ten an, weil ſie die langwierigen und koſt-
ſpieligen Gantverhandluͤngen fürchten, und
der Handelsmann beginnt nun in weit bef-
jerer Lage ſein Geſchäft wicder. Ob der-
felbe ſeinen Gläubigern das gegeben, was
ſie nach allen Anforderungen des Rechts
und der Billigkeit zu fordern haben, weiß
man nicht; in der Regel iſt dies nicht der
Fall. Es iſt ſchon mit dieſen Handlungs-
arrangements ſo weit gekommen, daß das
Publikum ſagt: der Maͤnn ſteht jetzt wieder
gut er hat ſich mit ſeinen Glaͤubigern ab-
gefunden. Dies iſt nicht mit unfern Ge-
ſetzen übereinſtimmend, es thut vielmehr dem
Anſehen derſelben großen Eintrag und ſcha-
det dem Credite. In Mannheim, welcher
Platz ſeitber in gutem Rufe ſtand, ſind in
neuerer Zeit 3 folcher Folle vergekommen.
In einem Falle hat ein Großhändler ſeine
Zahlungen eingeftellt , nach dem abgeſchloſ-


 
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