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N‘ 59.

Mittwoch, 10. März

1852.


durch dte
Berichte werden gratts beigeneben.


Sournals 2 fl. 13


Preis HalbjährlIth in Heitelberg: 2 fl. 6 fr.,
57 fr, Die Landwirthſchaftlichen

4# Die Independanee Belge über
badiſche Verhältniſſe.
Das oden genannte Brüſſeler Blatt ent-

haͤlt, d. d. Frankfurt, 25. Febr. eine Pri-
Yatcorrefpondenz, der wir Folgendes entneh-
men: Sas Großherzogthum Baden bedarf
mehr alg je einer feſten und geſchickten Hand,
die es durch die Klippen einer gefahrvollen
Zeit hindurchſleuert. Nach Außen verlangt die
Nachbarſchaft Frankreichs ven den Staats-


im Innern ſtößt die Verwallung auf große
Schwierigkeiten. Von der einen Seite han-
delt es ſich davon, die noch blutenden Wun-
den der Revolution zu ſchließen; von der
andern bereiten die Forderungen der Ultra-
montanen der Regiekung ernſte Schwierig-
keiten; ſte werfen ſſich zu ihren Vertheidi-
gern duf, während ſie ſich erlauben, ihr Ge-
ſetze zu dietiren.“ Dann heißt es in Betreff
der Kirchenfrage: „Der Ton der Selbſtherr-
lichkeit, welchen die Beſchöfe der oberrheini-
ſchen Kirchenprovinz ihren Regierungen ge-
genüber angenommén haben, hat die Auf-


Bundestage erregt. Es wäre möglich, daß
das Auftrelen dieſer Biſchöfe am Ende der
Gegenſtand officieller Bexathſchlagungen in
Fraͤnkfurt würde; denn indem ſie geradezu
erflären, daß wenn die Regierungen ihnen
nicht das Recht bewilligen in Dingen der
Religion zu thun, was ihnen gut dünkt, fo
wurden ſie jeder weltlichen Autorität ſich
entziehen und eine Stellung einnehmen, die
nicht bloß unabhängig wäre von Recht und
Gefeß, fondern felbft erhaben über den Re-
genten.“ . Wir hoffen, daß die kirchlichen
Würdenträger ſich zweimal beſinnen werden,
ehe ſie ihrer eventuellen Kriegserklärung die
That durch Eröffnung des Feldzuges folgen
Laͤffen; denn allerdings ſind bei einem lolchen
Auftreten alle Regierungen Deuiſchlands
betheiligt, und ſchwerlich dürfte es in ihrem
Intereſfe und in ihrem Willen liegen, die
vbſchwebenden Fragen zwiſchen Staat und
Kirche in dieſer Weiſe durch einſeitiges Vor-
gehen der letzteren entſcheiden zu laſſen-
Niemand hat das Recht, Rechtsfragen in
dieſer Weife factiſch zu entfheiden, auch die
Kirche nicht und einſeitige Forderungen als
Ultimatum hinzuſtellen Sder will die Kirche,
die behauptet, eine Stüße des Staates zu
ſein, in der Weiſe dex Demagogen und Re-
volutionäre handeln? Wem geziemt das
Gegentheil mehr, als ihr/ die fich vorzugs-
weije als die Trägerin des göttlichen, des
ſittlichen Geiſtes angeſehen wiſſen will? Wie
Wwenig ſie ſelbſt aber der Verweltlichung, dem
Verſinken in Sünde und Verderbniß jeder
Art Ausgefegt. ift, das beweift die Geſchichte,
und dieſen Erfahrungen gegenüber hat der
Staat, innerhalb deſfen ſie ihre Wirkſamkeit
zu bethätigen hat, ein wohlerworbenes
Recht, au ſeinerſeits Garantie gegen
kirchliche Mißbräuche und Gewalts? Anr
mahungen zu verlaugen, alg ſie gegen ihn.


gaben; wie der Staat in ſeinen Formen und
feinem Weſen an die Entwicklung der Geſell-
ſchaft des Geiſtes überhaupt gebunden iſt, ſo
erleidet auch die Aufgabe der Kirche und ihr


Verhaͤltniß zum Staat Wendungen in der
Zeit und durch die Zeit; denn die Sätze
don der Ewigkeit und Unwandelbarkeit der
kirchlichen Inſtitutionen und Terte ſind eben
nichts als bioße Doetrin, und ſo ſtolz
ſich die Kirche jetzt gebehrdet dem Staate
zegenüber, ſo wentg Fundament hat dieſer
Siolz und Uebermuih, wenn nicht der
Staat ein feſter und ſtaͤrker ift. Jede
Ummwälzung, die ihn bewegt, iſt zugleich


und dort auch mit der Republik liebäugeln
mag.. Um fo mebr follte fie ſich hüten, die
Regierungen in neue Schwierigkeiten zu
yerwicdeln, und ftatt e im Bemühen, ven
Staat zu ſtärken zu unterſtützen mit ihnen
einen Kampf um die Herrichaft zu begin-
nen, denn davon handelt es ſich, handelt
es ſich namentlich bei ung, . wo Fatholifche
Eiferer dem Proteſtantismus bereits das
Recht der Exiſtenz abſprechen! Und auf
wen allein zählt man in dieſem Kriege ger
gen die Regierung? Auf die Maſſen, die
man für die verfolgte Religion, für Die ge-
weihten Träger ibrer Würden zu erregen
hofft? Wir hoͤffen, daß das badiſche Volk
dem Verſucher widerſtehen wird, wenn er
an e$ herantritt, daß es der Regieruns
Yertrauen wird, die jeden billigen An-
ſpruch zu genügen bereit iM. Die Kirche
lag erſtarrt vom Winterfrofte der Zeit am
Boden z det Staat hat fie an die Bruſt
genommen und jeine Lebenswärme hat
auch fie neu belebt, Will etwa die Kirche


die Fabel von dem Bauern und der er-
ſtarrten Schlange erinnern?

Karlsruhe, 6, Marz. Das großherzl.
Regierungsbl. Nr. I enthält I. Eine Aller-
höchſtlandesherrliche Berordnung, Das Zugs-
Foftenregulatiy für Civilſtaatsdiener betref-
fend, 1L Dienfinachrichten, die wir bereits
mitgetheilt haben. II. Das groß). Mini-
ſterium des Junern bringt zur öffentlichen
Kenntnifß, 1) daß dem Rechtspraktikanten G.
Yiayer zu Bruchfal wieder das Schriftver-
faſſungsrecht in Verwaltungslachen verlie-
yen wurde; 2) die Stiftungen des Altdür-
germeiſters Ernft Friedrich Gottſchalk
von Schopfheim; 3) Ddaß der Spinnerei
und Zwirneret am Hohenftein bei Schiltach
und deren Geſchaftsfuhrer Joh! Müller
von Chiengen, auf deren Anjuchen, für die
von Veßterem erfundene Bobbinmaſchine auf
die Dauer von 5 Jahren ein Privilegium
anmit wurde, jeboch unter Borbehalt der
Rechte Dritter, welche die Priorität der
Erfindung nachzuweiſen vermögen oder letz-
tere künfiig verbeſſern werden, und unter
Feſtfetzung einer Strafe von 150 Gulden
nebſt Confiscativn der nachgefertigten Ma-
ſchine auf den Fall der Verlezung des
Privilegiums; daß mehrere milde Stif-
tungen im Unterrheinfreife die Staatsge-
nehmigung erlangt haben. IV. Das großh.
DEr er
heute am 28, Febr. ſtattgehabten Sexien-
ziehung des Anlehens der Eiſenbahnſchul-
dentilgungskaſſe von 1845 zu 14 Millionen
Gulden find folgende Serien gezogen wor-

den: Serie⸗Nr. 76, 106, 270, 587, 74
856, 923, 966, 1019, 1070, 1157, 14353, -
1652, 1668, 1793, 1993, 2254, 2769,_3072,
3106, 3130, 3331, 3775, 4488, 4673, 4916,
4950, 5082, 5607, 5624, 5746, 5838, 6081,
6382, 6539, 6685, 6508, 7078, 7237, 7381.
v. Dienfterledigungen. Die kathol. Yfarret
Weizen, Amts Stühlingen, mit einem Sin-
fommen von 600 fl. ift in Srledigung ge-
fommen. Die Bewerber um diefe Pfründe
haben ſich bei dem großh. katholiſchen Obera
kirchenraih innerhalb 6 Wodhen nach Voͤr—
ſchrift zu meiden. Die katholiſche Pfarrei
Menningen, Amts Meßkirch, iſt mit einem
beilqufigen Jahreseinkemmen von 850 {L,
welches ſich aber durch die Ablöfung der
Zehntbaulaften. efmas verringern mag, in
Exledigung gefommen. Die Bewerber um
dieſe Pfründe haben ſich innerbalb 6, Wo-
chen bei dem ‚großh. katholiſchen Oberkir-
@benratbe naͤch Vorſchrift zu melden. Bei
dem großh. Fatholifhen Oberkirchenrathe iſt
die Stelle eines Reviſors mit einter Be-
ſoldung von 800 fl zu beſetzen. Die Be-
werber haben ſich bei dem aroßd. katholi-
ſchen Oberkirchenrathe unler Borlage” ihrer
Zeugniſſe innerhalb 4 Wochen zu melden.

Kammerverhandlungen.

Karlsruhe, den 5. März. Schluß der
Discuſſion deg Berichts über die o2ſte
Sigung der 2. Kammer.

Friedrich: In Gernsbach haben im
Jahr 1847/48, alg die Gäſſelirwirthſchaften-
auffommen follten, die Wirthe ſich veretnigt
und erflärt, fie wollten den Producenten
ihren Wein um den üblichen Preis abfanufen ;
dieſe wollten nicht. — Sutter erflärt ſich für
den Commiffiongantrag, weil er im Ver-
zapfen des ſelbſterzeuglen Weines eine bes


Weizel: Die Kammer haͤt auf dem frühern
Landtag die Petitionen dieſes Betreffs dem
aroßh. Staalsminiſtertum Überwiefen zur
Kenntnifnahme, mit Rücficht auf die Frage,
ob den Vetenten der Weinverkauf im Kletz
nen zu gefiatten ſei. Bon dieſer Frage ift
die des Gaͤſſelirens verfchieden. Ueber die
erſtere Frage ſind ausführliche Verhandlun-
gen gepflogen worden; die Sache gehört
aber zum MNMeffort des Finanzminiferiums
und iſt nicht zum Abſchluß gefommen. In
Betreff des Gäſſelirens liegt keine Empfeh-
lung der Kammer vor, und es beſteht noch
die Verordnung vom 12 October 1849, die
das Gäſſeliren unterfagt. Man hat ſich
nicht uͤberzeugt, daß in dolkswirthſchaftlicher
Hiüſicht eine Aenderung noihwendig fet, und
in ſitienpolizeilicher wäre fie verderblich.
Mit Recht erhebt man ſich gegen die große
Zahl privilegirter Wirthſchaͤften; es wird
auf ihre Verminderung hingewirtt; aus
deinſelben Grunde kann das Gaſſeliren nicht
geſtaͤttet werden; denn es ſind nur zu viele
Beiſpiele da, wie verderblich es auf die
Sitien wirkt! Am wenigſten ſollte man in
unferer. Zeit die Gelegenheiten zu unnötht-
gen Ausgaben vermehren. — Negenau er}
Ich muß mir erlauben, freilich gegen Die
Sitte des Haufes, nach gefhloffenet Dis-
cuſſion alg Abgeordneter das Wort zu er-
 
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