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Heidelberger Journal (46) — 1852

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Nr. 52-77 (2. - 31. März 1852)
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*

veredelnd einwirkt auf das Gefühl, wird
ja allgemein angenemmen; wie weit iſt
dies heut zu Tage der Fall! W, Pero.

Kammerverhandlungen.

Karlsruhe, 13. März. 38. Sitzung der
zweiten Kammer.

Nach Uebergabe einiger Pelitionen durch
das Secretariat berichtel der Abg. Trefurt
mündlich über die aus der erſten Kammer
zurückgekommene Adreſſe, die Errichtung von
Creditanſtalten betreffend. Dieſelbe haͤtte in
genannter Kammer folgende Faſſung erhal-
fen: In Erwägung dẽr Nachtheile, welche
der Landwirthſchaft durch das Entziehen der
Kapitalien in bedenklicher Ausdehnung er-
wachſen; bei der Gewißheit, daß Verbeſſe-
rungen des gerichtlichen Verfahrens bei Dar-
lehen auf liegenſchaftliches Unterpfand, ins-
‚befondere bei dem Exeeutivverfahren, zur
Beſeitigung jener Abneigung weſentlich bei-
tragen würden; — in Erwägung, daß die
Gruͤndung und Vervielfältigung von Credit-
anſtalten zu dieſem Zwecke die Mittel in ſich
vereinigen würden, die Landwirthſchaft zu
ſchützen und ein ſo wichtiges Intereſſe mit
beſonderer Berückſichtigung der kleineren
Landwirthe nachhaltig zu fördern, — Eure
Königliche Hoheit in unterthänigſter Adreſſe
zu biiten, durch Höchſtihre Miniſterien Be-
rathungen über die Frage anordnen und ge-
eignete Maßregeln in dieſer Richtung aller-
gnädigſt verfügen zu wollen.“ — Ber Bes
richterſtatter erklärt Namens der Commiſſion,
daß dieſe in vorſtehender Faſſung zwar einen
Theil der Adreſſe der zweiten Kammer be-
ruckſichtigt finde, nämlich die Sorge für die
kleinen Landwirthe, daß aber der weſent-
liche Theil derſelben, die Errichtung einer
Landes Creditanſtalt durch den Staat zu
Bunſten von Haͤndel und Gewerbe, keine
Beachtung gefunden habe. Es ſei dies aber
der Theil der Adreſſe, auf welchen die zweite
Kammer den größten Nachdruck ihrerſeits
. gelegt habe. Da nun der Beitritt zux Faſ-
fung Dder erſten Kammer den Schein er-
wecken könne, alg habe die zweite ihre An-
ſicht im Hauptpuntt aufgegeben, ſo könne
die Commiſſton den Beitriti zur Adreſſe der
erſten Kammer nicht beantragen, ſehe ſich
vielmehr, in der Vorausſetzung, daß die
Regierung auch ohne Adreſſe den Gegen-
ſtand in Erwägung ziehen werde, veranlaßt,
folgende Erklaͤrung zu Protocoll in Vor!
ſchlag zu bringen: „Die zweite Kammer er-
kennt zwar an, daß der Zweck, welchen die
hohe erſte Kammer in ihrer Adreſſe verfolgt,
theilweife mit dem duͤrch die Adreſſe der
zweiten Kammer verfolgten Zweck überein-
ſtimmt uud in ſo fern die Beachtung dieſer
Adreſſe durch die großh. Megierung wün-
ſchenswerth erſcheint; — weil fedoch in dem
Anſchluß an dieſe Adreſſe ein Verzicht der
zweiten Kammer auf die weiter gehenden
Zwecke ihrer Adreffe liegen würde, und
ſie ſich hiezu nicht entſchlichen kann, ſo zieht
ſie vor, der Adreſſe der erſten Kammer nicht
beizutreten.!“ — Schmitt und Mathy
erklären ſich für den Anttag der Commif-
ſion, da die erſte Kammer etwas ganz An-
deres wolle, als die zweite, und der Inhalt
ihrer Adreſſe, Verbeſſerung des Hypoͤtheken-
geſetzes, auch ohne Adreſſe zu erreichen ſei.
— Böhme: Das Beſte ſei bekanntlich der
Feind des Guten: man ſolle aber das Letz-
tere nicht verſchmaͤhen, wenn man das Er-
ſtere nicht haben fönne. Hilfe für den klei-
nen Landwirth ſei nothwendig, durch Ver-
beſſerung der Hypothetenordnuͤng allein nicht
geholfen; diefe Hilfe fhlage nur da an,
wo Der Credit, und die Mittel, ſich ihn zu
verſchaffen, vorhanden fei, nicht aber da,
wo die Creditloſigkeit das Nebel ſei, gegen
welches man kämpfe. Koͤnne eine Auflalt

aus Staatsmitteln nicht gegründet werden,
warum wolle man den Weg der Aſſoeiation
verſchmähen? Wenn die erſte Kammer keine
Staatsanſtalt wolle, ſo lägen die Bedenken
darin, daß die Zeit nicht dafür ſpreche, in
den Papieren einer ſolchen Anſtalt neue
Staats⸗Schuldſcheine zu ſchaffen. Immerhin
aber ſei es ſehr wünſchenswerth, wenn die
Regierung auch nur einen Theil der Frage
in Erwaͤgung ziehe. — Blanfenborn ift
für den Commiſſionsantrag; diefer ſchließe
durchaus nicht aus, daß die Regierung die
Lage der kleinen Landwirthe in Crwägung
ziehe; dem Anſchluß an die Adreſſe der erſten
Kammer ſtünden aber insbeſondere die ihr
zu Grund liegenden Motive im Commiſſions-
bericht der erſten Kammer entgegen, die man
nicht theilen koͤnne. Reiß ſegt zur Re-
gierung das Vertrauen, daß ſie au ohne
Adreſſe die Intereſſen der Landwirthe in
Erwaͤgung ziehen werde; die des Haͤndels
und der Gewerbe würden ſich von ſelbſt
Bahn brechen. Erſtehe die beabſichtigte Cre-
ditanſtalt in Ludwihshafen, ſo werde die Er-
richtung einer ähnlichen in Mannheim ein
Gebot der Nothiwendigkeit ſein, wenn man
nicht den Haͤndel diefer Stadt den Inter-
eſſen der gegenüberliegenden opfern wolle.
Nachdem noch der Berichterſtaͤtter den
Antrag der Commiſſion kurz gegen die Be-
denken des Abg. Böhme vertheidigt hatte,
wird zur Abſtimmung geſchritten, und der
Antrag der Commifſion angenommen. —
Die Tagesordnung führte hierauf zur Er-
ſtattung von Petiſionsberichten! Der Abg.
Kirsner verichtet über eine Reihe von
Petitionen, welche die Wiedereinführung der
körperlichen Strafe beantragen. Die Com:
miſſion beantragt die Tagesordnung, die
nach kurzer Discuſſion angenommen wird.

Deutſchland.
Karlsruhe, 15. Maͤrz. Wir können
auch heute wieder von fürſtlichen Gaben
zur Linderung des in einigen Laͤndesgegen-
den eingetretenen Nothſtandes Meidung
machen. Die HH. Markgrafen Wilhelm
und Marimilian von Baden großh. Hoh.
haben, kaum in Kenniniß geſetzt von der
Noth in einigen Orten des ſtaͤndesherrli-
chen Bezirls Zwingenberg, als Beitrag zur
Abhilfẽ derſelben eine namhafte Geldfuͤmme
an das großh. Bezirksamt in Eberbach ab-
ſenden laſſen und nun weiter eine Summe
von 2000 fl. für jene Zwecke dem Präſt-
denten des großh. Miniſteriums des Innern
zur Verfügung zu ſtellen huldreichſt geruht.
— Dieſe Berhilfe wird gewiß nicht blos
bei den Unterfiüßten ſelbſi, ſondern bei je-
dem treuen Badener die verdiente Anexken-
nung finden. — ;
Tühingen, 12. März. Geſtern hlelten
die DH. Dr. Roßbach und Weſtphal die
übliche Disputation zum Behuf der Habi-
litirung alg Privatdocenten der claſſiſchen
Philologie. Sie werden im nächſten Se-
meſter ihre Vorleſungen beginnen. Das
bereits ausgegebene Vorleſuͤngsverzeichniß
führt nur einen neuen akademiſchen Lehrer
auf, den ſchon am Ende des vorigen Jah-
res aus Jena berufenen Profeſſoͤr Fein.
Derſelbe beginnt aber noch nicht mit ſcinem
Hauptfach, den Pandekten/ fondern mit den
Infittutionen und roͤmiſcher Rechtsgeſchichte.
Muünchen, 11. März. Aus dem eben
erſchienenen geiſtlichen Schematismus iſt zu
erfeben, daß der Papſt in einer an den hie-
ſigen Erzbiſchof gerichteten Zuſchrift das
baͤyeriſche Episcoßat wegen ſeiner forde-
rungsreichen Freyſinger Denkſchrift hoͤchlich
belobte, und daß der hieſige Nuntius ſchon
dreimal die bayeriſche Regierung an Ge-

währung der bortigen Poftulate monirte.
(5. J.)

Berlin, 13. März. Es iſt bereits vor-
geſtern von uns die Erkrankung des Für-
ſten Schwarzenberg gemeldet worden. Der
Fürſt ift na den leßten aus Wien hier
eingetroffenen Nachrichten noch nicht wiẽder
hergeſtellt.
Wohien, I, März. Dem Vernehmen nach
iſt Herr v. Hülſemann bereits wieder an-
gewieſen worden nach Waſhington zurück-
zukehren. Die Differenz mit dem nord-
amerikaniſchen Cabinet fcheint ſonach bei-
gelegt zu ſein. 12. März. Se. Maj.
der Kaiſer iſt mit den Großfürſten einge-
troffen. Die Angade der preußiſchen Kreuz-
zeitung, alg ob Oeſterreich Frankreich die
Anregung gegeben hätte zu Beſetzung der
Schweiz, Belgiens und Sardintens, wird
für eine Verleumdung erklärt.

Wien, 11. Maͤrz Seit dem Jahr 1830
hat ſich der Briefverkehr ‚in Oeſterreich auf
mehr alg das Vierfache gehoben. In Boͤh⸗
men ſind im Jahr 1830 im Ganzen 1,886,495,
im Jahr 1849 aber ſchon 4,007,023 Briefe
eypebdirt worden. Von den franzöſtiſchen
Geſandten werden jegt Paßviſa's für in
Frankreich Arbeit oder Beſchaͤftigung ſuchende
Derfonen nur dann ertheilt, menn diefelben
mit Geldmilteln zur Beſtreitung der RMeife-
koſten verſehen ſind, und ſich zugleich aus-
weiſen können, daß ihnen Arbeit oder Be-
ſchäftigung in Frankreich zugeſichert iſt, de-
ren Antritt ſogleich bei der Ankunft daſelbſt.
erfolgen fann. ;

Oldenburg, 10. März. In heutiger
Sitzung des Landtags wurde der Eingang
eines Schreibens der Staatsregierung an-
gezeigt, mit welchem die mit Preußen und
Haͤnnover abgeſchloſſenen Verträge und be-
ſonderen Verabredungen in Betreff des Bei-
trits zu dem Septembervertrage vorgelegt
und die verfaſſungsmäßige Zuflimmung des
Landtags beantragt wurde. Am Schluſſe
dieſes Schreibens ward noch beſonders dar-
auf hingewieſen, daß eine ihunlichſt baldige
Erledigung dieſer Angelegenheit im Inte-
reſſe des Landes und namentlich auch deß-
halb ſehr wuͤnſchenswerth ſei, weil die Er-
offnung der im Separatartikel 13 des Ver-
trags vom 7, September 1851 vorgeſehenen
Verhandlungen nahe bevorſtehe. In einem
ferneren Schreiben der Staatsrẽgierung wurde
dem Landtage angezeigt, daß für die Ber-
handlungen wegen des Anſchluſſes an den
Septembervertrag der Steuerdirector Meyer
zum Regierungsbevollmächtigten ernannt fei.
Der Landtag wählte einen Ausſchuß zur
Begutachtung der mit Preußen und Hanno-
ver abgeſchloſſenen Steuervertraͤge.

Bremen, 10, März: In heutiger Si-
zung der Bürgerſchaft wurde unter andern
über folgenden Antrag des Herrn Wiſch-
mann betathen: „Die Buͤrgerſchaft muß in
dem unter dem 1. März d. J. an den Pa-
ſtor Rudolph Dulon gerichteten Erlaſſe des
Senats, die Suspenſion und Amtseniſetzung
deſſelben betreffend, nach den beſtiminten
Wortlaut der Verfaffung $ 105 f, eine Ueber-
ſchreitung der dem Senat zuſtehenden Rechte
in kirchlichen Angelegenheiten erblicken. Die-
ſer Erlaß involvirt die Anwendung einer Ge-
walt, welche nach Maßgabe des Kirchenrechts
in dem dem Sengt allein zuſtehenden Ober-
aufſichtsrechte auf keinen Fall begründet iſt,
alſo, ſofern ſie dem Senat überhaupt zuͤ
ſtehen follte, nur von Senat und Bürger-
ſchaft gemeiuſchaftlich ausgeübt werden fönne.
Jene Maßregel des Senats iſt alſo, wenn
ſie überhaupt einen geſetzlichen Grund hat,
ein offenbarer Eingriff in die Rechte der
Bürgerſchaft oder gefährdet die den kirch-
lichen Gemeinden zuſtehenden Rechte, ſie
vernichtet die Glaubens und Lehrfreiheit der-
ſelben, und iſt geeignet, den kirchlichen Frieden
ſämmtlichet Staaisgenoſſen zu zerſtören.
 
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