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iſt indeſſen die Hoffnung ausgeſprochen, daß

dieſes Defieit zum einen Theil aug den
Neberſchüſſen des Jahres 15851 und aus
den Erſparniſſen bei den früher bewilligten
Ausgaben, zum andern aus dem Ertrag
der von ihr beantragten neuen Steuern
und Steuererhöhungen ſich decken laſſen
werde/ da man von der Vorausſetzung aus-
gehen dürfe, daß/ ſofern nicht unvorherge-
fehene außerordentliche Ereigniſſe eintreten,
der Einnahmeelat des Jahres 1852 wirk-
lich erfüllt werden wird.

— Geſtern Morgen hat ſich Hr.v. Vincke
mit Hrn. v. Puttkammer geſchoſſen! Ver-
aulaſſung war ein ſchon vor längerer Zeit
in der Kammer zwiſchen beiden gehaltener
Redewechſel. Den unblutigen Ausgaͤng ſcheint
die Volizei geahut zu haben; fie haͤtte ſich
nicht eingefunden, ungeachtet die Sache män-
niglich bekannt mar. — Hr. v. Bismark,
fagt man, werde heute Abend nach Franf-
furt zurücreifen ; andererfeirs aber hört man,
er werde erft am 28, abreiſen. — Zu einem
glänzenden Empfange der demnächſt erwar-
teten Kaiſerin, vielleicht auch des Kaͤiſers
von Rußland werden hier und in Potsdam
großartige Vorkehrungen getroffen. Der
König wird auf der Kuͤckreiſe vom Rheine
am fönigl. hannoverſſchen Hofe einen kurzen
Beſuch abſtatten. IJ. MM. der König und
die Koͤnigin von Hannover werden zu den
erſten Tagen der nächſten Woche in der hie-
ſigen Hauptſtadt erwartet. (Oe-P.A.Z.)

Berlin, 27. März. Die zweite Abftim-
mung über den Heffter Kopperſchen
Antrag in Betreff der Neubildung
der erſten Kammer iſt heute in letzterer
erfolgt, der Antrag mit 83 gegen 50 Stim-
men abermals angenommen worden. Die
Bemühungen der Partei der „Neuen Preuß.

Zeitung? ein anderes Ergebniß in dieſer
tiefeingreifenden Angelegenheit zu erzielen,
ſind mithin, was die erſte Kammer anbe-
langt/ gänzlich geſcheitert. In der zweiten
Kammer beſitzt die gedachte Partei aber noch
weniger Anhaͤltspunkte, alg in der erſten
Kammer.

Hanunvver, 24. Maͤrz. Die von den
Herren Windthorſt und Baemeiſter einge-
reichte Entlaſſang ſoll vom König ange-
nommen und die Neuconſtituirung des Mi-
niſteriums bereits auf folgende Weiſe ent-
ſchieden ſein Herr v. d. Decken übernimmt
die Juſtiz, Graf v. Kielmansegge die Fi-
nanzen und Graf Wedel den Lultus.

Hannover, 25 März. Was die hieſi-
gen Bäiter heute über die hohe Wahrſchein-
lickkeit eines abermaligen Wechſels im Mi-
niſterium berichteten, glauben wir, ſoweit
der Rücktritt der Miniſter Windthorſt und
Baͤcmeiſter und deſfen bereits erfolgte Ge-
nehmigung ſeitens des Königs in Frage
fommt, lediglich beſtaͤtigen zu dürfen. Da-
gegen ſind die angekündigten Ernennungen
der Grafen Kielmannsegge und Wedel an
die Stelle jener, wenn auch wahrſcheinlich,
doch keineswegs bis jetzt erfolgt, oder auch
nur Schritte gefhehen, welche die Berufung
dieſer Herren als ausgemacht 44 ließe

(®. 3.)

Dortmund, 24 März, 71 Uhr Abends.
Se, Maj. der König find eben mit dem
Schnellzuge unter dem Gelaͤute der Glo-
cken und unter Kanonendonner hier ange-
fommen und von den Bewohnern aufs
herzlichſte begrüßt worden. Die Stadt war
glänzend illuminirt.
Braunſchweig, 23. März. Unſere am
20. . M. dertagte Landesverſammlung iſt
geſtern wieder zuſammengetreten. Die wäh-
rend der Vertagung eingegangenen Mit-
theilungen und VPropofitionen der Regie-
rung haben nur ein particutäres Intereſſe;
die geſtrige, ſehr kurze Sitzung beſchränkte

ſich auch faſt ganz auf deren Mittheilung
und emige Wahlen. Von größerem Inter-
eſſe wird demnächſt die Verhaͤndlung über
das Vereinsgeſetz fein.

Mannheim, 26, März. In der heuti-
gen, bis 5 Uhr Abends ununterbrochen
bortgeſetzten Sitzung wurde über die An-
fMage gegen Heinr. Gaͤngolph Erlewein,
Gaͤngolph Schäf er und Joſ. Erlewein
von Neudenau, wegen gefährlichen Dieb-
ſtahls verhandelt. Des Beſtohlenen, P. Sil-
bermann, Wohnhaus und Scheuer ſtehen
mit dem des Taglöhners Gangolph Schä-
fer unter einem Dache. Dieſer hat in
Neudenau keinen guten Ruf! Heinrich Gan-
golph Erlewein, feiner Frau unehelicher
Sohn, welcher am 3, d. M erft das 16.
Jabr zurückzelegt hat und nach dem Zeug-
niſſe des Gemeinderaths und VPfarramtes
dem müßigen Leben und Bettel nachzuͤ—
gehen pflegt, iſt bereits durch hofgerichtliches
Erkenntniß vom 17, Februar I, S, wegen
eines am 10. December 1851 gemeinſchaͤft-
lich mit dem ledigen, jetzt 21 Jahre alten
Joſeph Erlewein, dem Sohn ſeines Oheims,


gens verübten Diebſtahls von 4 Latben Brod
zu mehrwöchentlicher, geſchärfter Gefäng-
nibſtrafe verurtheilt worden. Auch Joſeßh
Erlewein ſteht in keinem guten Rufe und
ſol ſich gleichfalls von Jugend auf dem
Müßiggange und Bettel ergeben haben.
Am 8, Det. v. S, durch eine Nachbarin
aufmerkſam gemacht, entdeckte Silbermann,
daß ihm ein am 4, noch vorhandener Sack
mit Leinſamen, beide zuſammen 1 fl. 50 fr.
werth, vom Speicher entkommen war. Gan-
golph Schäfer von ihm deßhalb angeſpro-
chen, brachte ihm den geſtohlenen Sack und
einen Krug mit Leinöl, auch beſaß Schä-
fers verheirathete Schweſter, durch deren
Vermittelung er den Leinſamen haͤtte zu
Del ſchlagen laffen, noch einen Krug voͤll
Oel. Sein Stiefſohn, Heinrich Ganholph
Erlewein, geſtand nach anfänglichem Leug-
nen, daß er den Diebſtahl nach Einbruch
der Nacht verübt habe, und zwar in der
Weiſe, daß er auf dem Speicher ſeines
Sliefvaters mittelſt einer Leiter zu der 12’
über dem Speicherboden angebrachten Oeff-
nung in dem Giebel der Scheidewand zwi-
ſchen Schäfers Haus und Silbermanns
Scheuer hinaufgeſtiegen ſei, daß er dann
durch jene Oeffnung geſchläpft auf das 5
2“ £iefer liegende Gedälke, von dieſem an
der Scheuerleiter auf den Scheuerboden
herabgeſtiegen und von da durch Silber-
manns obern Hausgang in die nicht ver-


welcher der Sack mit Leinſamen lag! Der
Augenſchein hat gezeigt, daß er dieſen Weg,
auf dem er auch zuruͤckkehrte, nur mit Ue-
berwindung mannigfacher Schwierigkeiten
zurücklegen konnte, welche durch das nächt-
liche Dunkel geſteigert waren. Heinrich
Bangolph Erleweln beſchuldigte ſeinen
Stiefvater, Gangolph Schäfer, ihn zu die-
ſem Verbrechen deſtimmt, auch bei Ausfüh-
rung der That dadurch mitgewirkt zu ha-
ben, daß er, auf dem Speicher des eigenen
Zauſes anweſend, dort den entwendeten
Sack mit Leinſamen in Empfang genom-
men und herabgetragen habe. Gaͤngoͤlph
Schäfer erflärte dies zwar für unwahr,
gab jedoch zu, eines Abends durch Heinrich
Sangolph Erlewein ſelbſt von der verübten
Entwendung unterrichtet worden zu fein.
5. S, Erlewein ging aber von jener Be-
ſchuldigung ſeines Stiefvaters wieder ab
und bezeichnet nun den Joſeph Erlewein als
denjenigen, welcher ihm Auleitung zu dieſem
Diehſtahle gegeben und ihn auch bet deſſen
Ausführung dadurch unterſtützt, daß er die

Leiter zum Einſteigen in Silbermanns
Scheuer gehalten und den Sack mit Leins
ſamen in Empfang genommen und wegge-
tragen, Joſeph Erlewein gibt aber nur zu,
daß er von dem verübten Verbrechen Kenut!
niß gehabt habe. Bezüglich des Heinrich
Sangolph Erlewein, der ganz das Ausfehen
eine6 verwahilosten Bertelbuben hat, be-
jahten die Geſchworenen alle Fragen , nas.
mentlich, aucy die, ob nach Verfoͤnlichkeit
und Umftänden anzunehmen fep, daß er die
zur Zeit der Vexübung die zur Unterſchei-
dung der Strafbarkei derfeiben erfoͤrder-
liche Ausbildung bereits erlangt hatte? Be-
züglich des Gangolph Schäfer wurde die
auf Begünſtigung lautende Frage befaht,
die Fragen über die Schuld des Jofeph
Erlewein aber wurden ſaͤmmtlich verneint.
Dieſer wurde ſofort freigeſprochen! —
Dagegen 1) Heinrich Gangolph Erlewein
des in den Wohngebäuden des Silbermann


Diehſtahls im Geſammtwerthe von 1 fl
50 Fr. für ſchuldig erklärt und deßhalb zu
Arbeitgbausſtrafe von 1' Jahre, welche in
einer für jugendliche Verbrecher beſlimmten!
Strafanſtalt oder in abgeſonderten RNäumen
der ordentlichen Strafanſtalt zu vollziehen
und mit 18 Tagen Dunkelarreſt in den ze-
ſetzlichen Zwiſchenräumen zu verſchärfen if,
ferner zur Stellung unter polizeiliche Auf-
ſicht nach erſtandener Strafe für die Dauer
eines Jahres verurcheilt. 2) Gangolph!
Schäfer aber unter Freiſprechung von der
Anklage wegen Anſtiflung und Mitwirkung
des genannten Verbrechens der Begünſtigung
deſſelben für ſchuldig erklärt und deßhalb
mit Einrechnung eines Theils ſeines Unter-
ſuchungsverhafts noch zu Amtsgefängniß-
ſtrafe von 4 Wochen verurtheilt. (M. 3.)

Bruchfal, 27, März. (Schwurgericht,)
Heute wurde die Anklageſache gegen die
edige, 24 Jabre alte Katharine Bohnen?
bergex von Weiſſenſtein wegen Meineids
und falſchen Zeugniſſes aus SGründen der
Sittlichkeit in geheimer Sitzung verhaͤndelt.
Dieſelbe hatte bei großh. Oberamt Pforz-
heim einen Eid dahin geſchworen, daß ſte
am 2, Weihnachtsfeierfage, Nachmittags
wiſchen 3 und 4 Uhr, auf dem Wege von
Würm nach Pforzheim von dem Schkeiner-
geſellen Andreas Böller von Gamertshau-
ſen angepackt, zu Boden geworfen, genoth-
züchtigt eines Granatenhalsſchmuͤckes und
eines Ringes beraubt und dabei im Geficht!
zerkratzt worden ſei. Es ſtellte ſich aber
bald heraus, daß ſie falſch geſchworen, denn
Döller bewies ein voͤllſtändiges Alibi. Die
Angeklagte, eine verworfene Perſon, die
guch wegen Diebſtahls in Unterſuchung
ſteht, bleibt beharrlich auf ihren Eidesaus?
ſagen ſtehen, obgleich ſie ganz überwiefen
wird. Die Geſchworenen ſprachen „Schul-
dig! und der Gerichtshof verurtheilte ſie
zu Sjährigem Zuchtkaus mit Schärfungen.
Stadtsanwalt war Obergerichtsadvocat Kıtz

ſel, Vertheidiger Obergerichtsadvocat Wolff.
(B —
Freiburg, 26. März. Schwurgericht-

liche Verhaudlung in Unterſuchungen gegen
Notar Eduard Baier, z. 3. in Bruͤchfal,
Alibürgermeiſter Kuhn in Orſchweier und
ſeine Söhne Franz Anton, Georg und Ru-
dolph Kuhn von da, wegen Urkundenfälz
ſchung.

Die heutige Verhandlung führt uns in
die glorxeichen Tage der Revolution vom
Jahre 1849 zurüc, wo die Saat der Irr-
lehrer und tüchligen Volksverführer in voͤllen
Halmen ftand, wo man das Cigenthum für
Diebftahl und die Waͤhrheit für Lüge ers
Flärte, und wo Jene Prediger in der Wülte
blieben, die Unglück und Elend vorauspro-

phezeiheten.
 
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