N‘ 200.
Donnerſtag, 26. Auguſt
1852.
Journais?
+° Z 06 0,
Sie Laͤndwlrthſchaftlichen
4 Ultramontanismus.
1. Aus der Schweiz.
Die „Basler Zeitung“ Nr. 197 enthält
Seite 788 folgenden Artikel: „Unter der
Aufſchrift Ultramontanismus bringt das
Journal de SGeneve Auszüge aus einigen
franzoͤſiſchen clerikalen Blättern, wie der
Gazette de Lyon und dem Echo du Mont-
blanc, welche die proteſtantiſchen Eonferva-
tiven der Schweiz aufs Aeraͤſte ausſchim-
pfen, ihnen jede ernſte gewiſſenhaͤftẽ reli-
giöſe Ueberzeugung abſprechen, die katholiſche
Kirche als unausgeſetzt von radicalen und
conſervativen Proteſtanten mit dem Unter-
gange bedroht darſtellen, dabei namentlich
England, deſſen Einfluß in der Schweiz
allmächtig fet, der finſterſien Unterdruͤckungs-
plane beſchuldigen und zur Rettung der
katholiſchen Kirche der Schweiz kein Mittel
alg Intervention der katholiſchen Groß-
mächte erblicken. — Mit allem Rechte pro-
teftirt das Journal de Geneve gegen eine
folche Auffaſſung ſchweizeriſcher Berhältniffe.
Menn mir glauben müßten, daß die katho-
liſchen Conſervativen der Schweiz dieſe Auf-
faſſung theilten, ſo müßten wir den Zuſtand
der Schweiz für unrettbar halten, wir ha-
ben aber jetzt mehr alg je die Ueberzeugung,
daß dem nicht ſo iſt, wir wiſſen, daß
jene Partei, die kein Vaterland hat,
und gerade wie die äußerſten Ra-
dicalen nur im confe{ffionellen
‚ Haffethr Lebengelement fieht, auch
von den einſichtsvollſten einfluß:
reichſten und beſten katholiſchen
Conſervativen durchſchaut wird,
und bei ihnen keine Unterſtützung
findet. Je mehr in der Schweiz die Läu?
vereinzelter wird dieſe äußerſte, unduldſame
auf Religionshaß fußende Faction daftehen.
Gewiß iſt es/ daß die katholiſchen Conſer-
vativen ſich ſelbſt keinen ſchlimmern Dienſt
erweiſen könnten, alg indem ſie den Ein-
fluͤſterungen diefer Fanatiker das Ohr lelhen
wollten, die Weiterſehenden unter den Ka-
tholiken erkennen das kiau und ſchwere Er-
fahrungen ſind auch bei den Maͤffen nicht
vergebens gemacht worden.“
Wie fehr dieſer Artikel auch in Deutſch-
land ſeine Anwerdung findet, ſiegt auf der
Hand! Die Basler Zeitung IR eines der
beſtgeſchriebenen conſervativen Blätter, das,
obwohl dem Proteſtantiomus angehörig,
ſteis die Rechte der katholiſchen Kanione mit
Ernſt und ſelbſt mit Gefghr in Schutz ge-
nommen hat. Wird die Faction, „die fein
Vaterland hat“, auch hier von verkapptem
Radiealismus ı. f. w. zu ſprechen wagen?
2, Das Verbot der Jeſuitenanſtal-
1 ;
Das in Berlin erfheinende miniſterielle
Blatt, die Zeit, enthält in Nr. 192 folgen:
Rechlfertigung oben genannten Ver-
ois: ;
„Die ultramontane Partet läßt ihren
Zorn in ihrem zu Köln erſcheinenden Paͤr—
feiblatte, der „Deutſchen Volkshaͤlle“ aus,
welche wider die Staatsregierung wegen
deren Maßregeln gegen das Jeſuitenthum
'
zu Felde zieht. Iſt die Freiheit des reli-
giöſen Bekenntniſſes gewährleiſtet, iſt die
Wiſſenſchaft und ihre Lehré frei, ſagt die
Voltshalle, ſo muß es römiſch-katholiſchen
Chriſten auch frei ſtehen, in das jeſuitiſche
collegium romanum zu Rom zu gehen, um
ſich dort zu Prieſtern der kathoͤliſchen Kirche
in Preußen ausbilden zu laſſen. Allein die
Regierung will den Zoͤglingen der Jeſuiten
in Rom keine Päſſe geben, weil ſie die
Verfaſſung ſchlecht handhabt.
Von dieſen Trugſchlüſſen iſt jeder über-
zeugt, der ſie nur lieſt! Die Verfaſſung
vom 31. Januar 1850 iſt eine VBerfaffung
nicht für die Jeſuiten in Rom, ſondern für
Preußen. Könnten die jungen Leute, welche
in die Jeſuitenſchule zu Rom gehen wollten,
ſich die römiſchen Jeſuiten nach den preu-
ßiſchen Geſetzen richten würden, fo würde
man ſie haben gehen laſſen. Da aber die
Jeſulten in Rom bei der Forderung, die
preußiſchen Geſetze zu befolgen/ unſtreitig
antworten würden: ſie hätten nur den Ge-
ſetzen des römiſchen Kirchenſtaats zu ge»
hoͤrchen; und ſich um preußiſche Geſetze in
Rom nicht zu kümmern, ſo muß die Staats-
regierung aus doppelten Gründen darauf
halten Daß die preußiſchen Geſetze in
Preußen reſpectirt werden. Wenn daher
die Verfaſſung fagt: Bekenntniß und Lehre
ſind frei, fo fagt fle damit, daß ſie in
Preußen frei find. Und die roͤmiſche Kirche
kann ſich über Beſchränkungen in Preußen
nicht beklagen Konnte vod) ſelbſt Herr von
Diepenbrock, als der Kaiſer von Oeſter-
reich die katholiſchen Kirche in ſeinen Län-
dern frei machie, voll Freude ausrufen:
Die tatholtſche Kirche hat nun auch
in Oeſterreich die Freiheiten er-
langt, deren fie in Preußen ſchon
lange genoffen hat. Die katholiſche
Kirche baut in Preußen Kirchen, wo ſie
will, bekommt aus der Staatskaſſe faſt drei-
mal ſo viel Geldmittel als die evangeliſche,
obgleich Preußen noch nicht ?/s Kalholiken
und mehr alg 3/s Evangeliſche hat, die für
die Katholiken zahlen, hat ihre Seminarien
und Univerfitäten, auf denen mehr Prieſter
gebildet werden Fünnen, als ſie braucht,
Was fehlt ihr noch? Wenn deſſen unge-
achtet junge Preußen als Jeſuitenzoglinge
naͤch Rom geben ſollen; ſo hat die Regie-
rung nur pflichtmaͤßig gehandelt, wenn ſie
ihnen die Paͤſſe verweigert, weil ſie auch
unabweisbare Pflichten gegen 10 Millionen
Proteſtanten zu erfüllen hat. Denn der
Zeſuitenorden iſt thatſächlich zur
Jusrottung der evangeliſchen Ke-
tzerei gegruͤndet, und mit welchen An-
weiſungen der Jeſuitismus die jungen Preus
ßen in Rom verfieht, kann die Staatsre-
gierung nicht controͤlliren! Sie durfte da-
ſer, wenn ſie nicht völlig pflichtvergeſſen
handeln wollte, die verlangten Päſſe nicht
ertheilen. Hätte ſie dieſelben verabfolgt, ſo
hätte fie fich zur Dienerin einer
Partei gemacht, die auf Ausrottung
der evangeliſchen Lehre und Kirche
Aausgeht. Die Verfaſſung iſt aber zum
Schuß und Recht aller Preußen gegeben,
und deßhalb hat die Regierung die Ver-
faſſung gehandhabt, wie es ſich gehörte.“
(Schluß folgt.) ;
Almtliche Nachrichten.
Karlsruhe, 24. Aug. Durch allerhoͤchſte
Ordre Nr. 78 vom 17, D, ift dem Haupt-
mann Schellenberg die Erlaubniß ertheilt
worden, das ihm von Sr. Maf. dem Koͤnig
von Saͤchſen verliehene Ritterkreuz des Al-
brechts⸗Ordens anzunehmen und zu tragen.
Die gleiche Erlaubniß erhielt zurch a. D.
Ord. Nr. 79 von demſelben Datum der
Oberleutnant v. Seutter von der Kriegs-
ſchuͤler Compagnie für das ihm von Sr.
Maj. dem Kaiſer von Rußland verliehene
Ritierkreuz vom hl. Stanislaus 3, Klaſſe.
Seine Königl. Hoheit der Regent haͤhen
Sich unter dein 18, Auguſt d. J. gnädigſt
bewogen gefunden: den Verzicht des Pfarz
Lers Dominik Landherr auf die kathoͤlifche
Pfarrei Ladenburg zu genehmigen und den-
ſelben in den Penſtonsſtand zu verſetzen;
die kalholiſche Pfarrei Fautenbach, Amts
Achern, dem Pfarrer Valentin Zimmermann
in Bötzingen und die katholiſche Pfarrei
curaten Auguſt Dorn in Bruͤchſal zu über-
tragen.
Karlsruhe, 24. Aug. Eine allerhöchſte
militäriſche Ordre (Nr, SO) vom 20. d.
beftimmt Folgendes! In der duͤrch Befeht
vom 5. Des. 1849, Nr. 89I, feſtgeſetzten
Uniform der General- und Flügeladjutanten -
reten folgende Aenderungen ein: 1) Waf-
fenrock: weißer Vorſtoß um Dden obern und
vordern Rand des Kragens, Dden obern
und Seitenrand der Aufichläge, vorn her-
unter und hinten längs der Taſchenpalien;
2) Neberrod : weißer Vorſtoß um den obern
und vordern Rand des Kragens, den obern
Rand der Aufſchläge und hinten längs der
Taſchenpatten; Fuͤlter der vordern Nod-
klappen weiß; 3) Chiffer: nach neuem Mu-
ſchen den ſcharlachrothen Streifen ; 5) Dienſt-
mütze: weißer Vorſtoß am obern Rand der
Mütze, ſo wie am obern und untern Rand
des Streifens cuͤber dem dunkelblauen Vor-
ftoß); 6) Mantel : weißer Vorſtoß um den
Kragen; 7) Achſelſchnüren auf der rechten
Schuͤlter unter dem Epaulette von Silber,
matt gewirkt (zum Ueberrock nur mit der
Schärpe zu tragen); 8) Schärpe in der
Taille zu tragen!
Deutſchland.
Aus Mannheint, 22. Auguſt, erzählt
die Sch. Kr. folgenden tragikomiſchen Vor-
fall! Entſetzt ſpraͤngen einige Kindsmädchen
aus dem Schloßgaͤrten in die Stadt und
erzaͤhlten von einem dortgefundenen Leich-
nam. Die Unterſuchung fand ergötzlicher
Weiſe, daß jenes fragliche Corpus delieti
ein anatomiſches Präparat fei, welches fein .
Beſitzer durch allzu bequeme Hand aus dem
Haufe hatte entfernen laſſen. Anſtatt in den
Nhein wurde es in den naͤhen Schloß»
garten. geworfen. — —
s Münchzell, Amisbeꝛirk
24. Aug, -Zu dem vielen Schaden, den ſtarke
(