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Heidelberger Journal (46) — 1852

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Nr. 205-230 (1. - 30. September 1852)
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N‘ 206.

Donnerſtag, 2, September





Landwirth{Haftlihen


4 Gefpräche uber Proteftantismus
und Katholicismus von Dr. Daniel
Schenkel. (Schluß.)

Wir wollen uun noch kurz den Inhalt
der Geſpraͤche angeben. Das erſte zeigt
uns die Graͤfin und Biederfeld im Gedan-
kenaustauſch über das religibs / ſoeiale Be-
dürfniß der Zeit und enthält die 3weifel
der erſtexen über die Fähigkeit des Prote-
ſtantismus, es zu befriedigen. Biederfeld
verheißt der römiſchen Kirche eine nene
Eroberung. Im zweiten finden wir die
Graͤfin und Bonifdeius, jene im Oiauben
wankend, dieſen, ſie in ihren Zweifeln be-
ſtaͤrkend Es haͤndelt ſich hier hauptfächlich
um. die Lehre von der Einheit und Unab-
häͤngigkeit der römiſchen Kirche und den
Bibelſtellen, die des Papſtes Gewalt bewei-
ſen follen, von der Selbſtaufloͤſung des
Proteſtantismus, dem unausbleiblichen Steg
der kaͤtholiſchen Kirche, den Umſtänden, die
ihn begünfligen, den Mitteln des Kampfes,
Zie Gräfin! obgleich zweifelnd, widerßeyt
noch.. Im Ddritten treten Biederfeld
und der Altlutheraner auf; es iſt eines der
krefflichſten. Der Inhalt iſt die Stellung der
letzteren zur ganzen Zeitentwicklung, ihr
Widerſpruch gegen den Geiſt der Reforma-
lion ſeibſt. Das vierte Geſpräch zeigt
ung Blederfeld und Treumund. Es handelt
von dem, was der Zeit gebreche und noth
ihue; Schwäche, Egoismus herrſchen vor;
man will die Dinge nicht beim rechten Na-
men nennen, es fehlt an der rechten De-
muth, und darum an dem rechten Muth;
wer der liberalen Parthei will ſich einen
Sünder nennen? Sie kennt keine Sünde
mehr, ſondern nur verzeihliche Schwächen.
Will man die Geſchichte der Menſchen be-
greifen, ſo muß man eine klare Neberzeug-
ung vom Weſen der Menſchheit haben. So
Treumund gegen Biederfeld, der das Schickſal
der Welt nicht von deawaͤtiſchen Begriffen
abhängig ſeyn läßt. Das Geſpräch entwi-
gfelt in ſeinem weitern Verlauf die Lehre
yon der urſprünglichen Natur des Menſchen,
der Sünde, dem Sündenfall, der wenſch-
lichen Freiheit, Im fünften Geſpräch tre-
jen auf die Gräfin und Treuinund und
Biederfeld, jene legt ihre Zweifel dar, die-
fer bekämpft ſie, zeigt Die wahre Natur
des Protefrantigmus, den Unterſchied in der
Auffaffung der Kirche, die Stellung Chriſti
zur Kuͤche ſelbſt, zux Lehre von der Sün-
denvergebung, zum Cultus 26. 2c, Die Grä-
fin wuͤd duͤich Treumund in thren Zwei-
fein wankend gemacht. Das ſechſte Gefpräch
führt den Faden fort. Bonifgeins bat von
ber Unterredung mit der Graͤfin Kunde
erhallen, und derſelben auf nicht feine Art
mit Hölienflammen 26. 2c. heiß gemacht; er
hat Glauben an die Kirche verlangt. Dies
zibt zu Erörtexungen über die Naͤtur des
Blaubens nach edangeliſchem Begriff An-
laß. Im Verlauf des Geſpraͤchs iritt Bo-
nifacius ein, um Theil zu nehbmen an der
Trage von dem Verbältniſſe der Bibel zur
Kirche, und den bibliſchen Beweiſen über
die Gründung der römiſchen Kirche durch
Peirus, Treumund beweist die, ich-
tigfeit der Bibelauslegung des Bonifa-

eius, die Ungeſchichtlichkeit ſeiner Be-
hauptungen in Bezug auf die Kirchenvaͤter.
Das ſiebente Geſpräch beginnt Bontfa-
cius mit der Behauptung , die Revolution
könne nur durch den Katholicismus gebän-
digt werden. Biederfeld Iritt ihm hier zu-
näͤchſt entgegen mit den Zeugniſſen der Ge-
ſchichte, Treumund hebt den Unterfchied zwi-
ſchen Katholicismus und Jeſuitismus her-
vor, die Nothwendigkeit innerer Reformen
u, f w. Bonifaciug räumt ſchweigend das
Feld; die Graͤfin umfaßt mit neuer Liebe
und Kraft der Ueberzeugung den proͤteſtan-
tiſchen Glauben.

Der Raum verbietet uns, ausführlichere
Auszüge aus dem trefflichen Buche zu ge-
ben, möge es viele Lefer finden; die ſchöne
anſprechende Form, die feine gebildete
Sprache werden ebenſo anziehen , als die
Wichtigkeit des Inhalts Das Buch iſt zur
Vertheidigung des Proteſtantismus geſchrie-
ben, ja, aber waͤhrlich in anderem Zone ge-
halten alg die plumpen , rohen Angriffe,
wfe man fie in gewiſſen Blaͤttern gegen
denſelben faͤſt täglich leſen kann! Hätte der
Herr Verfaſſer den Jeſuitismus in ſeiner
wahren Geſtalt zeichnen wollen, er hätte,
ohne der Wahrheit zu nah zu treten, le-
bendigere Farben waͤhlen können! Er hat
es nicht gethan; danken von Seiten der
Geſchonten wird man es ihm nicht; er aber
kann ſich ſagen, daß er ein Buch geſchrie-
ben hat, das keinem gläubigen Katholiken
einen Anſtoß geben fann, Da es weder in
frivolem, noch in leidenſchaftlichem Tone
die Unterſchiede in den Glauhenslehren be-
ſpricht, welche beide Confeſſionen, trennen.
Gott hat die Spaltung im Chriſtenthume
zugelaffen, er wird auch die Cinigung wie-
der hekbeiführen, aber eine ſolche, die auf
geiſtisem Wege ſich vollzieht, wie auch
die Spaltung eine That des Geiſtes war.
Der Zeſuitiemus ſucht die Einigung auf
dem Wege der Rückkehr zum Alten herbei-
zufuhren; doch er wil einen Zuſtand wie-
derherſtelien, der die Spaltung herbeiführte ;
er waͤhnt, die die Probe eines 3Z00jährigen
Beftandes beſtanden habende NMeformation,
auf welche die ganze politiſche und geiſtigẽ
Entwicklung eines großen Thells Europa's
ſich ſtutzt, die ſelbſt den Katholieſsmus be-
lebt und befruchtet hat, einfach in ſich ab-
forbiten zu können! Eitler Wahn, nichtiges
Beſtreben der Vernunft und der Natur zu-
wider. ‚Gegen folde Beſtrebungen
auftreten beißt nicht den Krieg,
ſondern den Frieden Wollen, wähs
rend umgekehrt jene die Welt in eine Ver-
wirrung Hürzen würden, welche Europa in
neue blutige Kämpfe, Deutſchland nament-
lich in Unheil und Zerrüttung fürzen wür-
de. Von ganzem Herzen unterſchreiben wir
darum den Schluß der Geſpräche, wo Treu-
mund ſagt: —

Vielleicht iſt die Zeit näher als wir
alle meinen, wo die frommen Wünſche un-
ſerer Vaterlandoͤfreunde erfüllt werden ſol-
en, wo die wahrhaft Gläabigen gus allen
Confeſſionen im deutſchen Volke ſich enger
als je zufammenſchließen, wo aile aͤchlen
Jünger Zeſu über dem Einen Grunde, au-

ßer dem kein anderer gelegt werden kann,
ſich die Hände reichen werden. Das wird
dann die wahrhaft evangeliſch-katholiſche,
eine in äußeren Formen mannichfaltig ge-
gliederte, dem innern Weſen nach aber voll-
kommen einige Kirche des Herrn ſein.
Dann wird auch der Jeſuitismus ung offen-
bar werden als das was er iſt als eine
hieraͤrchiſche Secte, welche die ausſchließ-
liche Alleinherrſchaft an ſich reißen und alle
Andersgläubigen unterdrücken will! Dieje-
nigen aber, welche bis jetzt in ihrem Wiſ-
ſensduͤnkel des Chriſtenthums ſich noch ge-
ſchämt haben, werden ſich dann hoffentlich
darüber freuen, daß das Evangelium das
deutſche Volk vor Gewiſſensknechiſchaft und
Geiſtesverdumpfung geſchützt hat. Es iſt
übrigens hohe Zeit, daß alle Wohlmeinen-
den um die Fahne des Evangeliums ſich
ſchaaren. Wir wollen den Kampf jetzt nicht
ſcheuen um den Frieden dauernd zu errin-
gen. Ob wir die Zeit noch erleben, wo e&
wieder Friede ſein wird, das weiß freilich
nur Golt. Das aber weiß ich, daß dis doͤrt-
hin „der Reſt nicht ſchweigen ik“, fondern
muthiges Bezeugen und männliches Streiz
ten für die erfannte Wahrheit. Wer mit
uns kämpft Proteſtant oder Katholik. —
der ſei ung willkommen!

Dienſtnachrichten.

Karlsruhe, 31. Auguſt. (R. 3.) Se.
kal. Hoheit der Regeni haben Sich unter
dem 25 Auguſt d. J. gnädigſt bewogen
gefunden, den evangel. Pfarrer Alfeld in
Hochhauſen in den Ruheſtand zu verſetzen
und die evangel. Pfarrei Ittersbach, ODber-
amts Pforzheim, dem Vfarrverwefer Zoh
Friedrich Friſchmuth in Roſenberg zu uͤber-

tragen.
Deutſchland.

Heidelberg, 1. Sept. Der St A. f.
Württ. bringt folgende telegraphiſche Bot-
ſchaft aus Berlin 30. Außun: „Preuz
ßen hat heute die am 21, übergebene
Erklärung der Coalition entgegen
kommend beantwortet Die Kartsr.
Ztg. macht heute auf ein ſchönes Denkmal
der Pietät aufmerkſam, welches uns der
29. Auguft, der Geburtstag des höchſtſeli-
gen Groͤbherzogs Leopold, gebrachi hat. &$
iſt ein Büchlein unter dem Titel: „Badens
Trauer und Badens Troſt, von Kanzlei-
rath Schunggart.“ — Daſſelbe Blatt bringt
eine allerhöcfte Ordre vom 29. Aug., wo-
durch die Militärgendarineriecompagnie mit
dem heutigen Tage aufgehoben wird. —
Auch berichtet die Karlsr. Zig! aus Baden
über arbeitsloſes Herumirren auf dem Bet-
tel. In den kleinen Gemeinden Bamber-
gen, Deiſendorf ꝛc. ſeien allein gegen 300
Perſonen darunter Zweidrittheile Würteme
berger, betroffen und deshalb geeignete Po-
lizeimaßregeln angeordnet worden.

Maunheim, 30. Auguſt. Obwohl der
Rhein bedeutend gefallen iſt, von 77 bis
3 Fuß über Mittelhöhe, geht die Störung
doch noch ſo beträchtlich, daß die kleineren
Schiffe, welche unter der Schiffbruͤcke durd»
fahren, dies, wie man der B. Lztg, ſchreibt
mit Borfichtsmaßregeln thun müſfen! Heute
 
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