Dienſtag, 14. September
1852
N: 216.
durch
2 #. 6,
Die Landwlrthſchaftlichen
2 — — Briefe.
Das /Mannheimer Zournal! feiert die
Aufhebung des Kriegezuſtandes mit Eröff-
nung einer Reihe poͤlitiſcher Briefe. Sie
find der Form nach an die Redaction je-
nes Blattes, dem Weſen nach aber wohl
an das Publikum im Allgemeinen gerichtet,
und die Antworten werden daher auch nicht
von jener, ſondern aus der Mitte dieſes
letzteren zu erwarten ſein. Da eine Collee-
tivantwort des Teßteren, beſchränkte man
ſich ſelbſt auf das Badiſche, nicht möglich
ift, jeder Einzelne aber zum Geſammt-
publicum gehört, und in Folge deſſen ſich
als Adreſſaten betrachten kann, ſo erlauben
wir ung, jene Briefe auch als an uns ges
richtet zu beirachten, ohne jedoch uns ge-
troffen zu fühlen, wenn von Blättern
die Rede iſt, die dem Volke nur Ruhe pre-
digen aber kein Wort haben für ſeine Noth
und feine Leiden, die nach Unten hin Ge-
horſam verlangen, nach Oben aber jede
BGefetzwidrigkeil vertheidigen, und das Wort
Verfaffung nicht zu kennen ſcheinen.
Wir glauben uns durch zahlreiche Artikel
für die Verfaſſung ein Recht erworben zu
haben, nicht zu ibren Feinden gezaͤhlt zu
werden; was die Noth des Volkes betrifft,
ſo haben wir ſtets, ſo weit unſexe Kräfte
reichten, zu ihrer Linderung beigetragen
Das Wenige, was wir durch die That
zu leiſten vermochten, mag immerhin aber
nehr werth geweſen fein, als ſo, manche
Zahlung in werthloſem Papier, ſo hoch der
Furs feiner Popularität geſtanden haben
mag. Auch hier gibt es Maulhelden. Wir
ſind nicht anmaßend genug, im Namen des
Volkes zu ſprechen, auch iſt es nichts we-
niger als einladend, ſich als Träger ſolcher
Voͤllmacht zu benehmen, wenn man erwägt,
wie verſchiedene Deutung der Begriff Volt
ſchon erfahren hat, und was alles für Exr-
eeſſe und Thorheit in feinem Namen ver-
uͤbt worden ſind, als fein Wille, ſeine
Weisheit ſich geltend gemacht hat. Auch der
Herr Verfaſſer der politiſchen Briefe wird
davon zu fagen wiſſen, und den Wechfel
von Gunſt und Ungunſt, der an dieſes viel
mißbrauchte Wort ſich knüpft, kennen gelernt
yaben. Wir ſprechen alſo, indem wir auf
feine politiſchen Briefe antworten, lediglich
in unferem Ramen und nach Unferer heber-
zeugung, nicht als von ihm Angegriffener
pder feinen Waffen Getroffener, daher auch
nicht in gereizter Stimmung, ſondern ruhig
und Faltblütig, nicht um Krieg, und-Streit
herbeizuführen und Unruhe und Berwirrung
zu ftiften, fondern um des Friedens und
der VBerfändigung willen, da wir nır diefe
Thätigkeit als eine dem Vaterlande erſprieß-
liche betrachten, ;
Keinem Lande mehr als dem unfrigen
thut Frieden und Einttacht noth; denn kei-
nes ift verſchrieener, keines mebhr politiſch
gefährdet, wenn es in alte Zuſtände verfaͤllt.
Den Feinden ſeines Landes wird auch
der Hr. Verfaſſer der politiſchen Briefe
keinen Vorſchub thun wollen; wir ſind daz
her uͤberzeugt, daß auch ihm es nicht um
Anregung neuen Partheikampfes zu thun
ift, und daß er nicht gewillt iſt, Freunde
der Verfaſſung, der Freiheit und Unabhän-
gigkeit des engern wie des weitern Vaͤter-
landes zu Feinden jener und dieſer zu
ſtempeln und dem Volke als ſolche zu be-
zeichnen. }
In dieſem Sinne werden wir einige Sätze
ſeiner Briefe, die leicht mißverſtanden wer-
den könnten, oder die uns irrig ſcheinen,
beſprechen.
Deutſchland.
Karlsruhe, 11. Sept. Geſtern Vormit-
tag fanden in dem Artillerielager bei Forch-
heim große Schießubungen ßath welche dem
Vernehmen nach ſehr befriedigend ausge-
fallen ſind.
Baden, 9. Sept. (B. Bl.) Nach vielen
vorhergehenden bedeutenden Stiftungen ſtellte
im Sabhre 1832 der edle Georg Stulz von
DÖrtenderg die Summe von 200,000 Sranf,
zur Verfügung Sr. Königl. Hoheit des
Höchſtſeligen Grohherzogs Leopold, um ſolche
zu einem wohlthaͤligen Zweck nach Höchſt-
feinem freien Ermeffen zu verwenden. Der
hochherzige, der Liebe ſeines Volkes leider
ſo frühe entrücte Furſt erfüllte den Wunſch
bees Gebers in einer Weife, die nicht we-
niger von ſeiner eigenen Herzensgüte das
glänzendfte Zeugniß ablegte, als dadurch
auch dem Stifter das ſchönſte unvergäng-
liche Denkmal * ward, und beftimmte
die überfendete Summe zur Grundung eines
AWaifenhaufes, in welches eine Anzahl von
50 elternlofen unglücklichen Kindern, ohne
Unterſchied der Neligion, Pflege und Er-
ziehung erhalten und zu nützlichen Gliedern
der Geſellſchaft hexangebildet werden ſollen.
Und gibt es cin fOöneres Wohlthun, gidt
es eine erhabenere Mildherzigkeit als die,
welche ſich jenen hilfloſen Verlaſſenen zuͤ—
wendet, die ſchon in ihren erhen Lebensta-
gen fo ſchwer vom Schlckſal, heimgeſucht
werden, daß ſie das hoͤchſte Gluck der Ju-
gend entbehren müffen: das ſoxgende Ause
des Vaters die liebevolle aufopfernde Pflege
der Mutter! Aber auch in der Wahl des
Ortes zu dieſer Anſtalt beurkundete ſich von
Neuem das menſchenfreundliche Gemürh des
unvergeßlichen Fuͤrſten, indem er dazu eın
ſchoͤne? Gebaͤude in der Nähe ſeines Lieb-
lingsaufenthaltes, des Kurortes Baden,
wählte, und zwar in dem freundlichen Be-
zirle des Frauenkloſters Lichtenthal, in deſ-
ſen Kirche ſo viele Ahnherrn des Haufes
Baden ihre letzte Ruheſtätte gefunden, deſ-
ſen fromme Inwohnerinnen, den jungen
Waiſen die freundlichſte Nachbarſchaft bil-
den, und dabei in einer Gegend. ſo hexrlich,
ſo anmuthig, ſo der Gelundheit zuträglich,
wie nur eine gefunden werden Mag in dem
ſchönen Lande! das wir mit Stolz unſere
Heimath nennen! Und nachdem die in's
Leben getretene Anſtalt ſich noch reicher,
großmüthiger Spenden von dem Gründer
ſelbſt und der ganzen Großherzoglichen
Familie zu erfreuẽn hatte, ſo bewahrte er
ihr beſtändig ſeine innigſte Aufmexkfamkeit,
ſeine regſte Theilnahme! er erhielt ſie uns
ter ſeinem beſondern Schutz, unter ſeiner
Obhut, unter ſeiner Höchſteigenen Aufſicht,
ſie ſtand ſo zu ſagen unter ſeiner perſoͤn—
lichen Leitung. Und ſo konnte es natuͤrlich
nicht anders kommen, alg daß die Stulz'ſche
Waiſenanſtalt die ſegensreichſten Früchte
trug/ daß in der Zeit ihres Lijährigen Be-
ſtehens eine große Zahl achtbarer Mitglie-
der für die menſchliche Geſellſchaft gewon-
nen wurden, die ohne dieſelbe in Unglück
und Elend verkommen wären. Aber dieſelbe
Theilnahme, dieſelbe ſorglichẽ Liebe, die
Großherzog Leopold dieſer Anſtalt während
ſeiner gefunden Tage ſtets bewieſen, Des
wahrte er ihr, als ſchon ſchwere Krankheit
ihn ans Siechenlager feſſelte, als endloſe
Schmerzen ihn mit unnennbaren Qualen
folterten, als er ſchon die rauſchenden Fit-
tiche des Todesengels über ſeinem Tetdens-
müden Haupte vernahbm, alg die letzte
Stunde nahte, welcher ein ganzes treues
Bolk mit Angſt und Schmerzen entgehen-
fab, aud) Da noch gedachte er dieſer feiner
Schöpfung mit der alten ſorglichen Liebe,
und vermachte derſelben in feinem legten
Willen, der ſo viele Züge des reinften,
edelſten Menſchengemüthes in der höchſten
Bedeutung des Wortes enthält, die bedeu-
tende Summe von 10,000 fl., damit ſie
auch noch nach ſeinem Tode blühen und
gedeihen möge der Menſchheit zum Nutz
und Frommen, Ihm ſelbſt aber und dem
erlen Stulz zum bleibenden Gedächtnißmal.
Dieſer Tage nun wurde dieſes Legat der
Anſtalt übermacht unter großer Theilnahme
und Rührung aller theilnehmenden Freunde,
denen dieſer Act alle die ſchönen Züge ins
Gedächtniß rief, die das Leben des heimge-
gangenen Fürſten in ſo reichem Maße aus-⸗
zeichnen, und die ihn als Sternendiadem
unfirablen mit dem herrlichſten, unvergaͤng-
lichſten Fürſtenruhme. Wenn wir dieſes
neue Zeugniß einer ſeltenen fürſtlichen Her-
zensgute in weitern Kreiſen bekannt zu ma-
chen ſuchen, fo glauben wir nur eine heilige
Pflicht gegen einen hochgeliebten Todten zu
erfüllen, müſſen es aber eine freundliche
Fügung des Zufalls nennen, daß dies ge-
rade mit der Geburtsfeier unſeres neuen
Regenten zuſammentrifft, den uns ein -güz
tiges Geſchick gab zum Troſte in dem bit-
tern Schmerz über den Verluſt ſeines hohen
Vaters, der die ſchwere Regentenpflicht aus-
übt mit einer Selbſtverläugnung Ausdauer
und Aufopferung, welche die Bewunderung
Aller erwecken, die davon Zeuge findz mit
einer Gexechtigkeit, wie ſie ſonſt nur bet
reiferem Alter zu finden iſt; mit einer Milde
und Herzensgüte, die ihn alg den würdigen
Sohn ſeines Vaters beurkunden und täglich
zeigen, daß er kein anderes Ziel vor Augen
hat, als das Geſchick ſeines Volkes wie es
ſchon fein Vater wollte, deſſen Vorbild ihm
voranleuchtet auf ſeiner mühevollen Herr-
ſcherbahn. Preifen wir den, der ihn uns
zẽſendet in trüber Zeit, hoffen wir, daß ihm
ſchönere Tage, ſchönerer Lohn beſchieden
ſein möge, ais dem geworden, der ihm vor-
angegangen, den alle ſeine hohen Tugenden.
alte feine ſchönen Herrſchergaben nicht vor
den ſchwerſten Prüfungen zu bewahren vers
mochten, Das daͤdifche Land aber iſt glück-
iich ‚3zu preifen unter einem Fuͤrſtenſtamm,